Die Interpretation, dass der Souverän die GroKo, mit Blick auf das Ergebnis der letzten Bundestagswahl, abgewählt hat, erzeugt sicherlich wenig Widerspruch. Eine nach der Wahl sich neu bildende, weitaus größere Opposition als zuvor ließ Hoffnung aufkeimen. Der Versuch der Quadratur des Kreises in Form einer Jamaika-Koalition versprach nach vier Jahren gefühlter Einheitspartei endlich wieder die Existenz einer echten Opposition. Mit SPD, AfD und der Linkspartei formierte sich ein illustrer bunter Kreis, durchaus mit den Qualitäten politischer Wadenbeisser versehen.
Doch dann widersetzte sich der Kreis seiner Quadratur und Jamaika scheiterte schon in den sogenannten Sondierungsgesprächen. Von den drei restlichen, als realistisch zu betrachtenden Optionen schloss man leider viel zu schnell die maximale Demokratie verheißende Minderheitsregierung aus. Neuwahlen nur im äußersten Notfall, der Souverän könnte sich ja erdreisten, wieder so ein unerwünschtes Durcheinander zu erzeugen. Innerhalb kürzester Zeit noch einmal um die Sicherung des Lebensunterhalts zittern zu müssen, macht auch den hartgesottenen Parlamentarier mürbe.
Mit letzter Kraft und ein wenig Trotz will Martin Schulz aber auf jeden Fall die Mitglieder der SPD darüber befinden lassen, ob die „wir-nennen-es-nicht-groko“-GroKo, eben diesen genehm sei. Bedeutet: Weniger als 500.000 Mitglieder der SPD werden dann aufgefordert sein, für mehr als 82 Millionen Bürger Schicksal zu spielen. Weniger als 1% der Bevölkerung können dann das Wahlergebnis umkehren und den Willen des Souveräns wie eine Seifenblase platzen lassen.
Es kommt nicht allzu oft vor, dass ich mit unseren Jusos einer Meinung bin, aber für die ablehnende Haltung gegenüber einer Neuauflage der GroKo habe ich vollstes Verständnis.
B90/Die Grünen haben sich auf ihrem Parteitag schon mit der Rolle als kleinste Gruppe der Opposition abgefunden. Vielleicht wird dadurch die neue alte GroKo zur self fulfilling prophecy?
Opposition ist zwar Mist, wie Franz Müntefering wusste, aber sie kann auch eine Partei zu neuer Stärke verhelfen. Opposition ist von den Fesseln der Macht befreit. Sie kann ohne störendes Regieren viel leichter Utopien zu Konzepten entwickeln und einen neuen Plan für die Zukunft des Landes entwerfen und zur nächsten Wahl eine ernst zu nehmende Alternative anbieten. Nach sechzehn Jahren Kohl haben wir eine starke SPD erlebt. Warum nicht jetzt in die Opposition gehen, um als Phönix aus der Asche aufzuerstehen, um die Regierungsverantwortung federführend zu übernehmen? Weitere vier Jahre als Juniorpartner können auch den Abstieg in die Liga der U20 Parteien bedeuten. Die nächsten Schritte wollen also wohl überlegt sein. Harren wir der Dinge, die da über uns kommen.