Kaum sind die Politiker aus der Sommerpause zurück, geht der Streit um die Rente wieder los. Zuerst war es Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) mit der Forderung, die Höhe der Renten bis zum Jahr 2040 statt wie bisher zum Jahr 2025 zu garantieren. Stimmt die Union nicht zu, droht er mit einem Rentenwahlkampf. Scholz sieht die Rentengarantie als Waffe gegen Populismus. „Stabile Renten verhindern einen deutschen Trump“, zitiert ihn die „Bild am Sonntag“.
Dass die Union umgehend konterte, gehört zum politischen Handwerk. Was aber ist von dem Argument zu halten, mit stabilen Renten gegen Populismus anzugehen?
Niemand wird bezweifeln, dass die finanzielle Bildung der Bürger auch hierzulande verbessert werden muss. Doch gerade bei der Rente ist die Politik hier leider wenig hilfreich. Zum einen ist das dort benutzte Fachvokabular wie „doppelte Haltelinien“, „Demografiereserven“ und auch der berühmte „Eckrentner“ kaum greifbar und schwer verständlich. Zum anderen aber haben es Politiker aller Parteien bislang versäumt, den Bürgern und Bürgerinnen Informationen über alle Renteneinkünfte leicht verständlich, datensicher und auf Knopfdruck zu ermöglichen.
Wer den Bürgern deshalb Sicherheit bei der Rente verschaffen will, sollte für Durchblick sorgen. Obwohl im derzeitigen (und vorherigen) Koalitionsvertrag vorgesehen und in Ländern wie Dänemark und Schweden längst eingeführt, gibt es in Deutschland noch kein Instrument, mit dem Bürger auf einen Blick ihre gesamten Alterseinkünfte sehen können.
Wir brauchen deshalb in Deutschland dringend ein datensicheres und einfach zu handhabendes Rentencockpit, mit dem jeder und jede alle Alterseinkünfte auf einen Click abrufen kann. Die so in Euro und Cent ermittelte Summe verschafft den Bürgern mehr Sicherheit als jede Diskussion um ein abstraktes Rentenniveau.
Dies ist nicht nur die Erkenntnis aus meiner langjährigen Beschäftigung mit der Vermittlung von Finanzwissen, sondern auch das Ergebnis der ersten groß angelegten wissenschaftlichen Studie zur Wirkung derartiger Rentencockpits. Mit Hilfe zweier großer Finanzinstitute haben die Goethe Universität Frankfurt am Main in Kooperation mit dem Max-Planck Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik und der Deutschen Renten Information e.V. (DRI) über 20.000 Bürgern die Möglichkeit geboten, sich Durchblick über ihre gesamten Alterseinkünfte zu verschaffen.
Sagten uns vorher mit 66 Prozent zwei von drei Befragten, sie könnten ihr Alterseinkommen nicht einschätzen, fühlten sich nun 61 Prozent gut über die Altersvorsorge informiert. 64 Prozent empfinden das Rentencockpit als klar hilfreich.
Diese Werte machen deutlich, wie nützlich ein derartiges Rentencockpit für Durchblick bei der Altersvorsorge wäre. Die Deutsche Renten Information e.V. (DRI) hat deshalb im Mai 2018 mit zehn leistungsstarken Partnern aus Finanzindustrie und Wissenschaft die Arbeit an einem Prototyp für ein derartiges Rentencockpit begonnen. Wir wollen bis spätestens Ende 2019 eine offene Plattform für alle privaten und öffentlichen Rententräger schaffen, auf der Nutzer und Nutzerinnen einfach, datensicher und auf Knopfdruck ihre gesamten Alterseinkünfte einsehen können.
Wer als Politiker verhindern will, dass politverdrossene Bürger vermeintliche Sicherheit bei Populisten suchen, sollte deshalb schnellstens die im Koalitionsvertrag vorgesehenen gesetzlichen Voraussetzungen für ein solches Rentencockpit schaffen. Das ist Durchblick statt Versprechungen – und solide Sozialpolitik gegen Populismus.
Andreas Hackethal ist Finanzprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt und Vorstandsvorsitzender der Deutsche Renten Information e.V. (DRI). Die DRI ist eine neutrale Plattform, die Bürger und Bürgerinnen alle wichtigen Daten ihrer Altersvorsorge einfach, sicher und auf Knopfdruck zur Verfügung stellt. Die Datenhoheit liegt beim Einzelnen, so dass alle Sicherheitsinteressen ausgewogen gewahrt werden.