Mit schlappen 3.498 Euro sind Sie dabei und bekommen das neuste Modell von VanMoof, das S5. Hierbei handelt es sich nicht etwa über ein überteuertes Smartphone oder Tablet. Nein, VanMoof produziert und verkauft E-Bikes. Besser gesagt verkaufte. Denn seit vergangener Woche ist klar: Der einstige Shooting Star aus den Niederlanden ist pleite und muss die Insolvenz antreten.
Am Mittwoch, den 19. Juli, kam es vor einem Laden von VanMoof in Amsterdam zu tumultartigen Szenen. Viele hatten ihr Fahrrad entweder zur Reparatur gebracht oder sie wollten ihr vor Monaten bestelltes und teilweise bezahltes Rad abholen. Eine Kundin gab sich besonders wütend: “Ich bin hier, um mein Fahrrad abzuholen, aber sie lassen mich nicht rein. Das ist eine Schande!”
Im Lockdown investierte VanMoof kräftig
Doch wie konnte es zu dieser Pleite kommen? Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen profitieren Unternehmen wie VanMoof von der Corona-Pandemie. Im Zuge der Lockdowns und Schließungen von Fitnessstudios wichen viele auf das Fahrrad aus. Das bietet sich hierbei für ältere Menschen, aber auch für Personen, die in bergigen Regionen leben, besonders an. Auch die Tatsache, dass aufgrund der Angst vor dem Virus viele Menschen den öffentlichen Nahverkehr scheuten, halfen Firmen wie VanMoof. Schon früh in den ersten Lockdowns investierte das niederländischen Unternehmen kräftig.
Lieferengpässe und technische Probleme
Das Problem lag jedoch woanders: Die Nachfrage gestaltete sich nicht so hoch, wie die Erwartungen der Konzernspitze waren. Einerseits kämpfte VanMoof mit technischen Problemen, andererseits wurde die Produktion immer wieder von massiven Lieferengpässen und langen Lieferzeiten gestört. Bereits im Jahr 2021 musste die Firma einen Verlust von 80 Millionen Euro verbuchen, ähnlich wie im Jahr 2022.
Zwar genießen E-Bikes einen guten Ruf; im Volksmund gelten sie als besonders umweltfreundlich, obwohl die Ökobilanz auch an der Tatsache hängt, woher der Strom tatsächlich kommt, der den elektrischen Drahtesel antreibt. Abgesehen davon und von der Herstellung und dem Recycling der Batterie wurden die Vehikel in den letzten Jahren zu einer echten Gefahr im Straßenverkehr.
Unfälle mit Personenschäden steigen rasant an
So sind die Unfälle mit den sogenannten Pedelecs seit dem Jahr 2014 stark gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt berichtet, registrierte die Polizei in Deutschland vor acht Jahren 2.245 Unfälle mit E-Bikes, im Jahr 2021 lag die Zahl mit mehr als 17.000 fast siebenmal so hoch. Gezählt wurden nur Unfälle mit Personenschaden. Die Zahlen für das Jahr 2022 liegen noch nicht vor.
Grund für den rasanten Anstieg sei insbesondere das nach wie vor höhere Alter der Verunglückten, sagte Bernhard Veldhues, Leiter der Gruppe Wirtschaftsstruktur und Verkehr beim Statistischen Bundesamt gegenüber der Zeit. Denn bei Stürzen nimmt mit zunehmendem Alter die Wahrscheinlichkeit schwerer Verletzungen zu. Da heißt die Diagnose schnell: Schenkelhalsbruch, oder schlimmeres. Auch die Tatsache, dass im Alter Seh- und Hörkraft sowie Reaktionsgeschwindigkeit abnimmt, trägt zu dem starken Anstieg bei.
131 Menschen kamen 2021 ums Leben
Aber auch bei jüngeren E-Bike Fahrer sind vor Unfällen mit leichten und schweren Verletzungen nicht gefeit: Waren im Jahr 2014 noch knapp mehr als die Hälfte der verunglückten Pedelec Fahrer mindestens 65 Jahre alt, lag ihr Anteil im Jahr 2021 nur noch bei einem Drittel. Im Jahr 2014 war jeder neunte Mensch, der mit einem Pedelec verunglückte, unter 45 Jahren alt, 2021 bereits jeder vierte.
Inwieweit der Trend der teuren E-Bikes aufgrund der Pleite von VanMoof ein Ende hat, bleibt abzuwarten. Sicher ist aber schon heute: Pedelecs können eine Gefahr für den Straßenverkehr darstellen. Neben älteren Menschen, die aufgrund schwindender kognitiven Fähigkeiten zu Fehlern neigen, überschätzen gerade junge Menschen die Gefahr des elektrisierten Fahrrades. Oftmals endet die Fahrt tödlich.
Im Jahr 2021 kamen 131 Menschen auf einem E-Bike ums Leben, darunter 34 Alleinunfälle. Dies sind Unfälle, bei denen nur der verursachende Verkehrsteilnehmer beteiligt ist und keine Fremdeinwirkung vorliegt. E-Biker, die in Unfälle mit Personenschaden verwickelt waren, fuhren oft auf dem Gehweg, was sie gar nicht durften, oder auf einer Einbahnstraße in die falsche Richtung. Weitere Gründe war Alkohol- und Drogeneinfluss sowie zu schnelles Fahren.