Tichys Einblick
Schon wieder Recht gehabt?

Nord-Stream-2-Enthüllungen: Noch zwei Prozentpunkte mehr für die Rechte?

Wie bei der Veröffentlichung der RKI-Files befinden sich die Politiker in Berlin, Paris und Brüssel in einer gewissen Schockstarre. Wie reagieren auf die Mitwisserschaft Selenskyjs? Die rechten Parteien haben Recht behalten - und Weidel wie Kickl sind die einzigen, die sich klar äußern. Von Richard Schmitt

picture alliance / EVA MANHART / APA / picturedesk.com | EVA MANHART

Der Verbündete, der Präsident der mit Milliarden Steuergeldern subventionierten Ukraine, soll Mitwisser eines Terrorakts gegen die deutsche Energieversorgung sein? Sein von Kiew nach London abgeschobener Ex-Armeechef stecke noch mehr im kriminellen Sumpf, schrieb das Wall Street Journal unter Berufung auf vier Kronzeugen aus der Staatssicherheit und Armee in Kiew. Wie reagieren nun die Bundesregierungen in Berlin und Wien? Bisher keine Statements. In Zukunft soll die Ukraine nur keine neuen Gelder mehr aus Deutschland erhalten, aber die Gründe sollen am Haushalt liegen, nicht am Anschlag.

Nur AfD und FPÖ sagen auch jetzt das, was viele Europäer denken: Ihre Forderung nach Schadenersatzleistungen der Ukraine für alle betroffenen Bürger in Deutschland und Österreich ist natürlich populistisch – aber bringt vermutlich weitere zwei Prozentpunkte in den nächsten Umfragen.

Das Schweigen von Olaf Scholz (SPD) und auch von seinem österreichischen Amtskollegen Karl Nehammer (ÖVP) zur Hammer-Reportage des bekannten US-Mediums Wall Street Journal zur Nord-Stream-2-Causa wird den rechten Fraktionen ziemlich sicher noch mehr Zustimmung bringen: Die „Putin war’s“-Version, die von den meisten Medien verbreitet wurde, ist nicht mehr haltbar. Und alle als „Putin-Knechte“ beschimpften Realisten, die dies schon vor Monaten meist aufgrund einer seriösen Gesamteinschätzung der wirtschaftlichen Situation Russlands vor September 2022 festgestellt haben, hatten wieder einmal recht – die aktuelle Entwicklung im Pipeline-Krimi fühlt sich ein wenig an wie der Moment der Veröffentlichung der RKI-Files.

Österreichs FPÖ-Chef Herbert Kickl machte daraus sogar schon einen Wahlkampfslogan: „Wir sind keine Rechtsextremen, sondern wir haben eben extrem oft recht.“

Wieder wurden wir alle also angelogen, oder zumindest wurde uns eingetrommelt, was wir im politisch hochbrisanten Nord-Stream-2-Fall zu denken hätten. Von Regierungsinseraten gefütterte Mainstream-Medien lieferten dazu brav eine verrückte Märchenstunde: Putin hätte schon „beim Bau der Pipeline“, also vor dem 10. September 2021, die riesigen Gas-Rohre „verminen lassen“. Fünf Monate später, im Februar 2022, hat dann der Kreml-Chef die Invasion der Ukraine befohlen, am 26. September explodierten die Sprengsätze …

Wie bei der Veröffentlichung der RKI-Files herrscht jetzt auch bei dieser Enthüllung im Wirtschafts- und Politikthriller für die aus Berlin, Paris oder Brüssel nach Kiew reisenden Bussi-Bussi-Freunde Selenskyjs eine gewisse Schockstarre. Was ja auch irgendwie verständlich ist: Noch vor wenigen Monaten gab’s Selfie-Orgien und Standing Ovations in den europäischen Parlamenten für einen, der nun in dringendem Tatverdacht steht, von einer Sabotage-Operation gegen Europas Energieversorgung zumindest gewusst zu haben. Da können einem schon momentan die Worte fehlen.

Die AfD oder die FPÖ, von denen die Politiker der CDU, SPD, Grünen und anderen Konsorten immer sagen, dass man überhaupt nicht wisse, warum „diese Rechten“ so gut in den Umfragen (und auch bei Wahlen) abschneiden, erkannten offenbar sofort, was der reingelegte Bürger erwartet: Aufklärung. Transparenz. Entschädigung. Ermittlungen. Strafvollzug. Einfach Gerechtigkeit.

Alice Weidel schrieb dazu auf X: „Der wirtschaftliche Schaden für unser Land, der durch die mutmaßlich von Selenskyj – und nicht etwa von Putin, wie man uns weismachen wollte – angeordnete Sprengung von Nord Stream 2 entstanden ist, sollte der Ukraine in Rechnung gestellt werden. Jegliche den deutschen Steuerzahler belastende Hilfszahlungen sind einzustellen.“

Und Österreichs FPÖ fordert in einer Presseaussendung: „Jeglicher Schaden aus den Nord-Stream-Anschlägen für die österreichischen Steuerzahler ist zu verhindern. Der Mineralölkonzern OMV, der sich zu einem Drittel im Besitz der Republik befindet, hat fast eine Milliarde Euro in den Bau der Nord-Stream-2-Pipeline investiert. Da diesen Schaden jemand bezahlen muss, hat die Bundesregierung sich an jenem Staat, der für diese Anschläge verantwortlich ist, schadlos zu halten – denn sie ist den Steuerzahlern verpflichtet, nicht irgendwelchen Interessen Dritter. Bis diese Verantwortung endgültig geklärt ist, sollte man darüber nachdenken, die Schadenssumme von unseren EU-Beiträgen abzuziehen und einzubehalten.“

Richard Schmitt, Journalist, Wien


Zum Thema:

Der wohl größte Sabotage-Akt an kritischer Infrastruktur enthält viel politischen Sprengstoff: Wem nutzt es? Warum wird diese Geschichte gerade jetzt veröffentlicht? Darüber unterhält sich Holger Douglas mit dem Wiener Journalisten Richard Schmitt. Was ist glaubhaft und welche politischen Folgen hat die Veröffentlichung?

Anzeige
Die mobile Version verlassen