Die kalte, dunkle und nasse Jahreszeit ist die Zeit des Karl Lauterbach. Diesen Sommer musste er extra nach Italien fahren, um sich vor der dortigen Hitze medienwirksam schützend in eine Kirche zu begeben. In Deutschland wurde es einfach nicht dramatisch heiß genug. Nun kann der amtierende Bundesgesundheitsminister seine paranoid-anmutenden Ängste in der kalten Jahreszeit wieder ausleben.
Ein bisschen Pharmawerbung geht immer
Herbst und Winter bedeuten Erkältungszeit. Zeit für Lauterbach, endlich wieder die Alarmglocken schrillen zu lassen. Gewohnt aufmerksamkeitsheischend und wenig im Einklang mit dem Amt eines neutralen Bundesgesundheitsministers, X-te Lauterbach auf der gleichnamigen Plattform, dass die Impfungen gegen Corona und Grippe „tausende Menschenleben“ retten könnten. Seine Aussage kann er nicht belegen, denn diese entspringt lediglich seiner persönlichen Meinung. Diese Meinung wirkt jedoch, als entspräche sie dem „Stand der Wissenschaft“. An diesem Image arbeitet Lauterbach stetig. Das Lauterbach’sche „Ich habe in Harvard studiert“-Siegel wirkt bei der Bevölkerung Wunder. Ein bisschen Werbung für die Pharmaindustrie steckt vermutlich auch dahinter.
Da Lauterbach in seinem Job arg gefordert und ständig in Zeitnot ist, verquickte er seinen Werbespot gleich mit einer anderen Narretei. Der Spiegel berichtete, dass erste Kliniken wieder das Tragen von Masken verlangen und Besuche einschränken würden. Nach Lauterbach ist es zu respektieren, wenn die Kliniken sich dafür entscheiden, dass wieder Masken zu tragen sind. Da hat er recht. Das Hausrecht entspringt dem Privatrecht. Der Inhaber des Hausrechts kann – unter Beachtung höherrangigen Rechts – die Anforderungen an den Zutritt festlegen. Der Respekt, den Lauterbach einfordert, darf jedoch keine Einbahnstraße sein. Entschließt sich ein Hausrechtsinhaber, dass Masken für Besucher nicht notwendig sind, so ist auch dies zu respektieren. Vermutlich ist diese Sichtweise dem Gesundheitsminister nicht vollständig klar.
Bei menschlichen Bedürfnissen fremdelt Lauterbach
Der Artikel, den Lauterbach verlinkt, geht auch auf die eingeschränkten Besuchsregeln ein. Hierzu äußerte er sich nicht. Dies lässt tief blicken. Menschliche Zuwendung – wie Besuche bei Kranken und Sterbenden – dürften Lauterbach fremd sein. Insofern hegt er weder an einer Einschränkung noch an einer Ausdehnung sozialer Kontakte großes Interesse. Menschliche Bedürfnisse scheinen ihm fremd zu sein. Anders verhält es sich mit seinem Lieblingsaccessoire – der Maske. Diesem Textil-Teil, dass gekonnt Falten, unrasierte Gesichter, schlecht gepflegte Zähne, aber auch Verachtung, Ekel, Freude und andere Emotionen verstecken kann, huldigt der Gesundheitsminister in fast kindlicher Manier.
Sein Glaube an die Schutzwirkung von Masken ohne professionelle Anwendung und außerhalb bestimmter Umgebungen und Situationen nähert sich stark dem magischen Denken an. Dass das Tragen von Masken durch die Allgemeinbevölkerung ohne Evidenz ist, davon möchte Lauterbach nichts wissen. Eine allgemeine Maskenpflicht für alle Mitarbeiter und Besucher eines Krankenhauses ist grober fachlicher Unfug und eine Belastung für die Träger. Lediglich in bestimmten Bereichen kann eine passend sitzende und professionell angelegte Maske sinnvoll sein.
Lauterbach verschließt sich nicht nur jeder Einsicht bei der Maskenthematik. Auch dass in diesem Spiegel-Artikel Professor Hendrik Streeck, ein bekanntermaßen exzellenter Wissenschaftler und Experte auf dem Gebiet der Virologie, verunglimpft wird, interessiert ihn nicht. Er verlinkt diesen Artikel und verbreitet diese Verunglimpfung an über eine Million potenzielle Leser. Hendrik Streeck ist alles andere als „umstritten“ – ganz im Gegenteil. Es ist unstrittig, dass Streeck ein weitaus bedeutenderer Wissenschaftler als Lauterbach ist. Nun ja, der Vergleich hinkt. Denn Lauterbach ist genau genommen gar kein Wissenschaftler. Er ist Politiker. Selbst wenn das bereits überstrapazierte Wort des „Experten“ herangezogen wird, würde Lauterbach im Vergleich mit Streeck bei den Themen Pandemie, Viren und Infektionsschutz den Kürzeren ziehen.
Streeck – der Gegenpart zu Lauterbach
Weiterhin schreibt der Spiegel Hendrik Streecks Einschätzungen in der Pandemie als „umstrittene Mindermeinung“ nieder. Streeck wird als „Gegenpart“ zu Lauterbach beschrieben, was direkt als Lob und Auszeichnung verstanden werden muss. Insofern ist der Artikel des Spiegel verwirrend. Soll Streeck nun diskreditiert oder geadelt werden?
Allerdings verkürzt der Spiegel Ticker (@SPIEGEL_alles) seine Headline derart reißerisch, dass dort zu sehen ist :„Um Risikopersonen zu schützen, verhängen einige Kliniken wieder Corona-Maßnahmen. Der Virologe Hendrik Streeck sieht das als Angriff auf die Menschenwürde.“
Natürlich ist dieser Zusammenschnitt des Spiegel so nicht korrekt. Dies kommentierte Streeck umgehend ebenfalls auf X, ehemals Twitter. Streeck sprach nicht pauschal über die Corona-Maßnahmen, sondern ganz gezielt über Besuchsregeln. Er kritisierte zurecht die Besuchsregelung von einer Person pro Tag, denn bei Schwerkranken oder Sterbenden stünde die Menschenwürde an erster Stelle und nicht die Vermeidung von Infektionen.
Dass Karl Lauterbach diese zutiefst menschliche Aussage weder kommentiert noch Hendrick Streeck unterstützend zur Seite steht und als Bundesgesundheitsminister hier beipflichtend die Menschenwürde unterstreicht, liegt auf der Hand. Lauterbach kann diese Menschlichkeit nicht nachvollziehen. Er kann einer solch humanitären Sichtweise schlicht nicht folgen.
Bangt Lauterbach schon um sein Amt als Bundesgesundheitsminister?
Vielleicht mag es auch daran liegen, dass Hendrick Streeck erst kürzlich seinen Sprung in die Politik bekannt gab – so er denn in den Bundestag 2025 gewählt würde. Angeblich sei er schon länger Mitglied in der CDU und möchte sich nun mehr engagieren. Das lässt einen Machtmenschen wie Lauterbach zusammenzucken. Sicher wird Streeck nicht das Ressort des Innen- oder Wirtschaftsministers im Auge haben. Er dürfte das Bundesgesundheitsministerium anvisieren. Streeck wäre tatsächlich ein Gegenpart zu Lauterbach. Weshalb gerade jetzt Streeck sein politisches Engagement für 2025 verlautbart, gibt ein wenig Anlass zu Spekulationen.
Durch die Milliardenpleite und das verfassungswidrige Handeln im Bundeshaushalt ist die Bundesregierung erneut unter Druck. Bereitet man sich hinter den Kulissen schon auf einen Ausstieg aus der Ampel-Regierung und eine Koalition der SPD mit CDU/CSU vor? Ist das die Chance für Hendrik Streeck als neuer Gesundheitsminister? Man darf gespannt sein.
Dr. med. Friedrich Pürner, MPH
Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen, Epidemiologe