Dürre in Deutschland: Besucherrekorde in Schwimmbädern und tropische Partynächte mit allen Köstlichkeiten aus den Premiumsegmenten der Discounter zu paradiesisch günstigen Preisen. Die Luft! – Wie auf Mallorca! Herrlich!
Dürre in Deutschland: Vertrocknete Felder, braune Steppen statt saftiger Wiesen. Die Futterpreise explodieren. Ganze Rinderherden gehen zur Schlachtung. Die Erzeugerfleischpreise kollabieren und Aldi senkt den Butterpreis! Der trockene Boden! Wie auf Mallorca! – Verdörrt und unfruchtbar, bis es wieder regnet, irgendwann!
Für die Bauern in den betroffenen Regionen gibt es keinen Urlaub, keinen Schwimmbadbesuch und auch keine Tropennächte. Die Abende nutzen sie zum Arbeiten, dann ist es kühler.
Ich bin wütend. Wütend auf den Bauernpräsidenten, der pauschal eine Milliarde aus der Steuerkasse gefordert haben soll aber eine Begründung schuldig blieb. Wer bei zuviel Regen jammert, verliert bei zuviel Sonne seine Glaubwürdigkeit. Obwohl, hier überwiegt schon fast das Mitleid auf seine nicht zum ersten Mal gezeigte mediale Inkompetenz und die Wut auf all die Trittbrettfahrer, die seinen holprigen Vortrag als Steilvorlage für ihre eigenen egoistischen Zwecke missbrauchen.
Die besserwisserischen Statements kommen aus allen politischen Himmelsrichtungen und von Medienvertretern, die bisher noch nie durch fundierte Kenntnisse der Landwirtschaft aufgefallen sind. Anscheinend besteht Konsens zwischen Marktliberalen und Sozialisten mit Klima- und Umweltschützern: Unterstützung für die Bauern darf es nicht geben!
Für die einen ist die Dürre die gerechte Strafe für die angeblich klima- und umweltfrevelnden Versündigungen der Bauern, für die Anderen ist es die Quittung für die Annahme des Subventionsapfels als erneuten Sündenfall und für die Sozialisten ist alleine schon die Tatsache, dass die Landwirte über Eigentum verfügen, verfügen müssen um wirtschaften zu können, schon strukturelle Gewalt genug, um sie der gerechten Sache Willen abzustrafen.
Aber Landwirtschaft ist anders, ganz anders. Die inzwischen ungeheure Wut, die den Verfassern tumber Stellungnahmen von den Landwirten entgegenschlägt, dokumentiert dies eindringlich. Die meisten Bauern wollen keine Subventionen. Sie wollen faire Hilfe für diejenigen, die in ihrer Existenz bedroht sind und sie wollen Respekt und Freiheit für ihren Beruf, der in der Regel eine Berufung ist.
Es sollte uns alle beunruhigen, wenn nicht nur Kleinbauern in der dritten Welt, sondern jahrhunderte alte Familienbetriebe in Deutschland nach „Fairtrade“ rufen.
Die landwirtschaftliche Urproduktion in Deutschland ist heute ein Meisterwerk an Präzision und Leistungskraft. Sie ist nur möglich geworden mit dem Wissen, das Friedrich August von Hayek die „Kenntnis um Ort und Zeit“ genannt hat, eine Kenntnis die nur der Bauer vor Ort haben kann, aber niemals die vollklimatisierten Bürokraten in Brüssel und erst recht nicht die weltoffenen aber provinzblinden Ideologen in Parteien und NGO. Um so gewaltiger ist die marktwirtschaftliche Leistung der noch verbliebenen Bauern, die sie trotz aller Gängelungen und Zumutungen immer noch auf dem Weltmarkt bestehen lässt.
Aber jetzt ist sie halt da, die Dürre
Was hätte wohl Helmut Schmidt in dieser Krise getan? Hätte er, genau wie 1962 in Hamburg, angepackt um Menschen, Tiere und Eigentum zu retten oder würde er, genau wie heute seine Nachfolger, abwarten bis die Krise vorüber ist, die Schäden bewertet sind, die Schuld am Wetter dem politischen Gegner oder den Opfern zugewiesen wurde, um dann unsinnige Kredite an die Überlebenden zu verteilen?
Dazu ein Beispiel: Das dringendste Problem in dieser Dürre ist fehlendes Raufutter wie Gras oder Maissilage. Es ist nur bedingt transportwürdig. Es kann also nur regional gehandelt werden. Die Dürre ist ebenfalls regional. Würde der Staat aus diesen regionalen Märkten vorübergehend überregionale Märkte machen, so wäre ein Schlüsselproblem mit Hilfe der Überschüsse aus anderen Regionen gelöst.
Statt Krediten sollten die Transportkosten für solche Frachten, wenn sie über eine bestimmte Entfernung hinausgehen, weitgehend bezuschusst werden. Dies wäre unbürokratisch, das Futter könnte dahin gelangen, wo es benötigt wird, Preissprünge würden vermieden, wertvolle Tierbestände würden vor dem Schlachter gerettet und vor allem würde den Betrieben geholfen, die kurz vor dem Ruin stehen. Mehr Win-Win kann es nicht geben und mehr Subventionen will auch Niemand haben.
Viele Bauern wollen inzwischen gar kein Geld mehr aus Brüssel, Berlin oder anderswo. Das Geld verfehlt sein Ziel, regelmäßig. Wie schon gesagt, Politik und Bürokratie fehlt es an Wissen über Ort und Zeit um wirksam zu unterstützen. 40% des EU-Haushalts gehen an die europäischen Bauern. 6, 5 Milliarden Euro werden alleine aus Brüssel an die deutsche Landwirtschaft gezahlt, hinzu kommen enorme Gelder aus deutschen Kassen. Nutznießer sind vor allem Großbetriebe, allen voran Betriebe in staatlicher Hand und zunehmend Natur- und Umweltschutzverbände. Nur bei denjenigen, die auf die Unterstützung angewiesen sind und die zur Begründung der Gelder herhalten müssen, den Familienbetrieben, kommt davon so gut wie gar nichts an und wenn doch, so wird das Geld nur durchgereicht, u. a. an die Verpächter.
Ca. 70 % aller Äcker und Wiesen sind gepachtet. Land ist knapp und dementsprechend umkämpft. Wer den Zuschlag erhalten will, muss mehr bieten als seine Konkurrenten. Die 300 € pro ha und Jahr aus Brüssel sind Teil der Kalkulation, entsprechend wird die Pacht um diese 300 € erhöht. Aus einer vormals sinnvollen Marktunterstützung ist so eine lukrative Kapitalprämie geworden. Solange das Eigentum an Grund und Boden noch breit gestreut ist, u. a. ehemaligen Landwirten gehört, dient dieses Geld deren Alterssicherung und unterstützt die ländlichen Räume. Das aber ändert sich rasant.
Immer mehr gutbetuchte Investoren tauschen ihre bedrohten Euros gegen Ackerland. Naturschutzverbände und staatliche Stiftungen erhöhen durch willkürliche Ausübung gesetzlicher Vorkaufsrechte ihre Machtbasis. Die Prämien aus Brüssel fließen jetzt nicht nur an den Landwirten sondern auch an den Dörfern vorbei, hin zu den neuen professionellen Grundeigentümern aller Couleur. Die Folgen sind bereits in vielen Regionen deutlich sichtbar. Kaum ein Landwirt, der durch diese deutsche Variante des Landgrabbings nicht direkt oder indirekt geschädigt wird.
Dabei ist es der unglaubliche Erfolg der Landwirtschaft selber, der sie in diese schlimme Lage gebracht hat. Noch 1915 hat im damaligen deutlich größeren Deutschen Reich mit ebenfalls 80 Millionen Einwohnern eine unselige Fehlentscheidung der Reichsverwaltung, der sogenannte „Schweinemord“, zum anschließendem Hungerwinter mit mehr als 100.000 Toten geführt.
In der EU gibt es heute regelmäßig derartige Fehlentscheidungen. Die Landwirtschaft kompensiert sie alle. Nichts kann die wie selbstverständlich vorausgesetzte Vollversorgung der Bürger zu dauerhaft günstigen Preisen beeinträchtigen.
Unser täglich Brot
Wissen Sie, warum Sie Ihr täglich Brot heute zu fast jeder Tages- und Nachtzeit aus einem riesigen Sortiment ohne Anzustehen und zu spottbilligen Preisen erwerben können? Etwa weil Deutschland reich ist und den Ärmsten dieser Welt ihr Eigentum raubt? Unsinn! Das ist nur eines der vielen Märchen aus tausendundeiner grünen Nacht, die mit dem schlechten Gewissen der Bürger Kasse machen will.
Die Wahrheit ist: Die Landwirtschaft hat eine Kaskade von für den Verbraucher unsichtbaren Dämmen aufgebaut, die verhindert, dass Hunger und Mangel überhaupt im Premiumsegment der Discounter ankommen können. Der durch die Dürre verursachte Bruch eines dieser Dämme schädigt nur die Bauern, nicht die Bürger.
Deutschland ist Gunstregion für Getreide. Nirgendwo auf der Welt wächst auf einem Quadratmeter soviel Brotweizen wie an Nordsee, Ostsee, in den Börden und auf Auenböden. Es wird viel mehr Brotgetreide angebaut als benötigt wird. Hätten sich die Grünen mit ihren Forderungen auf Anbaubegrenzungen mit Im- und Exportverboten durchgesetzt, wäre das anders und wir hätten dürrebedingt 25% Brotgetreide zu wenig.
25 % zu wenig sind die 85 Tage vor der nächsten Ernte im Juli/August 2019, an denen es Nichts zu Essen geben würde. Die Bürger würden bereits heute statt auf einer Afterworkparty in der Schlange bei Lidl stehen um eines der letzten total überteuerten Brote zu ergattern. Aber keine Sorge, wir haben noch genug.
25 % zu wenig würde bedeuten, dass ein Großteil des Getreides gar nicht mehr handelbar wäre und sich längst in den Händen von skrupellosen Spekulanten, dem hässlichen Gesicht des Kapitalismus, befinden würde. Das wäre dann die Stunde des Robert Habeck, dessen Traum, mit einer Fahne wie Weiland 1918 den Matrosen in Kiel vorweg geradewegs in die sozialistische Republik zu marschieren, wahr werden würde.
Einen Teil unseres Überschusses exportieren wir u. a. nach Ägypten, das seine eigene Bevölkerung nicht ernähren kann und verhindern so permanent einen zweiten arabischen Frühling. Friedensnobelpreis? Fehlanzeige! Auch Brasilien erhält riesige Mengen Brotgetreide aus Deutschland. Das macht Sinn. Bei uns wachsen pro ha mehr als 8 t Brotweizen, in Brasilien sind es gerade mal 2 t. Würden wir die Exporte einstellen, müsste Brasilien zum Ausgleich für jeden ha verlorenen deutschen Ackerbodens 4 ha Regenwald abholzen. Wo bleiben die Preise der Umweltverbände für die deutschen Bauern?
Im Gegenzug erhalten wir Soja. Auch das macht Sinn. Brasilien ist Gunstregion für Soja, Deutschland nicht. Trotzdem wollen Baerbock und Habeck unsere „Eiweißlücke“ mit deutschem Soja schließen. Das macht keinen Sinn: 8 t deutsches Getreide mit 12% Rohprotein ergeben 0,96 t Eiweiß pro ha. 3 t Soja mit 35 % Rohprotein und einer Wertigkeit von 75 % nach dem toasten (nur so ist Sojaeiweiß verdaulich) ergeben einen ha-Ertrag von 0,83 t Eiweiß. Eine Partei, die die dadurch bedingte Vergrößerung unseres Eiweißmangels als „Schließen der Eiweißlücke“ verkaufen kann, muss schon mächtige Verbündete in den Medien haben.
Es gibt einen weiteren Damm, der noch viel wichtiger ist, denn auch er schützt Ägypten vor dem Hunger und den Regenwald in Brasilien vor dem Abholzen, ebenfalls unentgeltlich zur Verfügung gestellt von der deutschen Landwirtschaft.
Alle Überschüsse, die u. a. Ägypten und Brasilien nicht benötigen, werden zu Futtergetreide. Das stabilisiert die Preise und garantiert den Anbau von Brotgetreide im nächsten Jahr. Das Futtergetreide wandert zusammen mit dem Soja in die Veredelungsregionen. Dadurch können dort mehr Tiere gehalten werden, als die Fläche ernähren kann, was ebenfalls von den Grünen vehement bekämpft wird, denn den tieferen Sinn dahinter haben sie nicht verstanden. Es handelt sich um Nährstofftransfer.
Überschüssige Nährstoffe werden so von unseren besten Böden zu den bedürftigen, schwachen Böden in die Veredelungsregionen transportiert. Dort werden die Nährstoffe dringend benötigt, damit daraus über den Umweg der Tierhaltung organischer Dünger wird, der aus vormals kargen Heideflächen ertragreiche Äcker macht, was dazu führt, dass mehr Brotgetreide für Ägypten und Brasilien zur Verfügung steht …
Ach ja, günstige Milch und günstiges Fleisch bekommt der Verbraucher noch obendrauf. Gegen die Beleidigung „Billigfleisch und Billigmilch“ verwahre ich mich. Unsere Produkte sind weltweit begehrte Spitzenqualität. Günstig ist sie nur wegen der marktwirtschaftlichen Höchstleistungen unserer Landwirte.
Die Kehrseite der Medaille
Wenn sich der US-Präsident zu Thanksgiving bei den amerikanischen Farmern für ihre Arbeit bedankt, kann er sich der Zustimmung seiner Nation sicher sein. Würde ein führender deutscher Politiker dasselbe wagen, wäre es das Ende seiner Karriere. Ein unendlicher Shitstorm von Umwelt-, Klima- und Tierschützern wäre die Folge.
Kaum jemand in Deutschland scheint noch zu wissen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Landwirtschaft und den Lebensmitteln im Supermarkt gibt. Stattdessen werden Kampfbegriffe wie Nitrat, multiresistente Keime, Eutrophierung oder Insektensterben zur Verunglimpfung der Landwirtschaft eingesetzt.
Politische Parteien sowie Natur- und Umweltschutzorganisationen profitieren direkt von der Stimmungsmache gegen die Landwirtschaft. Die Bauern können sich nicht wehren. Sie haben keine Zeit, sie sind im Stall, auf dem Acker und immer häufiger auch im Büro. Es würde ihnen auch nichts nützen. Gegen die perfekte mediale Unterstützung für die angeblich gute Sache sind sie machtlos. Gegen einfache Lügen helfen keine komplexen Wahrheiten.
Auch die staatlichen Institutionen, die es besser wissen müssten, schweigen, fürchten sie doch zu Recht selber in die Schusslinie zu geraten oder wie im Falle der Universitäten, Folgeaufträge zu verlieren.
Krankenhäuser könnten z. B. darüber aufklären, dass sie es waren, die 20 Jahre lang, im Gegensatz zu den Niederlanden, gepennt haben und deshalb Menschen an multiresistenten Keimen sterben, die aus den Krankenhäusern selber, aus dem Ausland, aus der Human- und Haustiermedizin, aber eben nur zu 2 % aus der Landwirtschaft stammen.
Wasserversorger könnten darüber aufklären, dass zuviel Nitrat häufig auf Grund von Änderungen der natürlichen Fließrichtung des Wassers aufgrund der Wasserentnahme selber in das Grundwasser gelangt, einer Art Kurzschluss, was im Übrigen noch weitere, schwerwiegendere Konsequenzen hat, deren Erläuterung hier den Rahmen sprengen würde.
Kommunen könnten darüber aufklären, dass die Eutrophierung der Küstengewässer durch Phosphate und Nitrate durch die kommunalen, gewerblichen und privaten Kläranlagen verursacht wird, während der Anteil aus der Landwirtschaft nicht signifikant ist.
Insektenschützer könnten darüber aufklären, dass die ehemalige Vielfalt vor allem an Pionierpflanzen und den von ihnen abhängigen Insektenarten in Deutschland eine Folge des jahrhunderte langen Raubbaus an unseren Böden vor Einführung der modernen Landwirtschaft gewesen ist. Der natürliche Bewuchs in Deutschland ist Wald. Die natürliche Tendenz der Natur ist es Boden aufzubauen. Seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts hat die Landwirtschaft endlich die Mittel um die Schäden von über 2.000 Jahren Siedlungsgeschichte zu beheben und wird dafür medial abgestraft, denn mit der Rückkehr des Waldes und der mächtigen Humusschichten verschwinden die auf Mangel spezialisierten Insektenarten.
Post scriptum Düngeverordnung:
Seit diesem Jahr gilt die neue Düngeverordnung. Dort ist u. a. geregelt, dass sich die Düngung am letztjährigen Ertrag orientieren muss. 2018 gibt es viele Totalausfälle, also auch keinen Ertrag, somit darf der Bauer 2019 auch nicht düngen. Die nächste Katastrophe steht also vor der Tür. Was macht der Bauer mit der Gülle seiner 50 Kühe, wenn er aufgrund der diesjährigen Dürre nächstes Jahr nur noch die Gülle von 20 Kühen ausbringen darf?
Er zahlt ein weiteres Vermögen für die Verbringung der Gülle in andere Gebiete. Dieses Jahr hat er schon für Saat- und Bestellkosten sowie für Pachten, für die es keine Ernte gab, gezahlt. Im Moment zahlt er für den Zukauf von Futter aus anderen Regionen.
Ach ja: Wenn er 2019 nicht düngen darf, hat er 2019 natürlich auch keine Ernte, weswegen er wieder Futter zukaufen muss und auch 2020 nicht düngen darf, was dazu führt dass er auch in 2020 … usw. usw.
Die DüngeVO wurde von Politikern und Verwaltungsleuten gemacht, nicht von Landwirten.
Wilhelm Gebken führt den Biobetrieb mit Dauergrünlandbewirtschaftung zusammen mit seiner jüngsten Tochter. Seine Ehefrau Cornelia bewirtschaftet den konventionellen Betrieb mit Ackerbau und Schweinemast.