Der Bevölkerungsaustausch findet also doch statt – zumindest, wenn es nach Behzad K. Khani geht, einem Autor, der von den Medien in Stellung gebracht wurde, um jene Migrantengeneration zu repräsentieren, die durch ihren ganz eigenen Blick auf ihr Ankunftsland auffällt. Behzad K. Khani, „nominiert zum renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis“ und „erfolgreicher Barbetreiber“, tritt auf, als hätte er es auf den Chefsessel bei den „Neuen Deutschen Medienmachern“ abgesehen.
Was seine Meriten angeht: Richtig ist: a) Khani war einer von 14 Teilnehmern beim Bachmann-Wettbewerb und ging leer aus. Und b) sein „Gastro-Abenteuer“ musste im Oktober 2022 schließen. Seinen Roman „Hund, Wolf, Schakal“ lobte beispielsweise Uwe Tellkamp als gelungenes Stück Literatur.
In seinem Text, um den es hier geht, betätigt sich Khani allerdings nicht als Romancier. Sondern als Forderungssteller. Khani darf die Deutschen medial mit der Nazi-Keule vermöbeln. Die Deutschen halten sowieso immer still, so wie sie bei ähnlichen Ausfällen von Ferda Ataman und Sawsan Chebli stillgehalten haben. Diese Deutschen, meint unser Autor, haben die Silvesterkrawalle nicht anders verdient. Wer zwei Weltkriege vermasselt, der muss damit leben, dass er von nun an Einwanderungsland ist, und eben auch, dass die Einwanderer den indigenen Deutschen aus guten Gründen misstrauen, ein „Misstrauen, das schon die alliierten Siegermächte geteilt“ hätten.
Was sich in Berlin und anderen Städten letzten Silvester abregnete, war also gar kein Dominanzritual und Demonstration von „Undienlichkeit“ gegenüber dem Staat, sondern der ehrenhafte Versuch, ein IV. Reich zu verhindern: YO! WIR SIND HIER DAMIT DER ARISCHE ALPTRAUM NICHT DOCH NOCH WIRKLICHKEIT WIRD! Die importierte Gewalt wird von ihm zum Kontroll- und Auflehnungspotential umgedeutet, wobei sich Khani nicht wie andere Migrations-Lobbyisten auf die angebliche Diskriminierung seinesgleichen beruft, sondern auf Niederlage von Nazi-Deutschland 1945. Seine Peer group wäre dann so etwas wie eine paramilitärische Kaste, die die Deutschen als Strafe für – naja, Sie wissen schon – hinzunehmen hat.
Bhezad Khani hat als Aufklärer mit seinem Text einen denkwürdigen Anstoß gegeben, der in jeder normal funktionierenden Gesellschaft eigentlich eine größere Debatte auslösen müsste.
Im Klartext besagt sein Text nämlich Folgendes: Das ist Deutschland, das Land, das wir erobern müssen. Seine Bewohner sind Schwächlinge – Abhängige ihrer hedonistischen Leidenschaften und inneren Unsicherheit. Sie sind moralisch verwundbar, da stoßen wir rein. De facto sind wir hier, damit der Deutsche für immer verschwindet. Und wenn er nicht will, helfen wir eben nach. Das, nichts anderes, ist die Konsequenz.
Khani hat das Wort „Umvolkung“ nicht gebraucht. Doch sein Text belegt, dass er in der gegenwärtigen Einwanderungspolitik die Fortsetzung einer ursprünglich von den Alliierten eingeleiteten Maßnahme erkennt. Denn integriert oder nicht, glaubt der Autor eines zu wissen: „Wir Migranten werden dieses Land erben.“ Das funktioniert nur, wenn die „Bio-Deutschen“ wie auch immer verschwinden. Wie soll das gehen? Ist es wirklich anzunehmen, dass die Deutschen dem Treiben ihrer Elite für immer tatenlos zusehen werden? Sind Szenarien, die Michelle Houllebecq kürzlich in einem Interview, „umgekehrte Bataclans“ nannte, wirklich in Deutschland nicht denkbar?
Khani rudert später nicht ungeschickt hinter demoskopische Prognosen zurück, wahrscheinlich weil er selbst merkt, welches Narrativ er bedient. Da die Deutschen sowieso aussterben, brauche „ihr Land für die kommenden 15 Jahre circa. 400 000 neue Arbeitskräfte, das heißt ungefähr eine Million Einwanderer pro Jahr“. Auch hier hieße die Konsequenz, ein – wenn auch ganz natürlicher – Austausch der Bevölkerung werde stattfinden. Die sichtbaren Beispiele geben ihm Recht. Nicht nur Khani, auch Sawsan Chebli und unbekannte Plakatkünstler aus Konz, die die aufflammenden Ängste ironisieren, wiederholen seine Parole: Deutsche verlieren den Boden unter ihren Füssen.
Zunächst muss man sagen: Angesichts solcher Zahlen, die jeder realwirtschaftlichen Grundlage entbehren, sollte sich Khani besser gleich als Faktenchecker bei den Öffentlich-Rechtlichen bewerben. Belegt – durch Zahlen – ist dagegen die Tatsache, dass sich die wenigsten Einwanderer für den deutschen Arbeitsmarkt eignen. Sie kommen gar nicht erst an. Fast zwei Drittel aller erwerbsfähigen Syrer in Deutschland lebt momentan von Hartz IV. Bei den Afghanen sind es „nur“ 43,7 Prozent.
Demnach würde also gut die Hälfte der von Khani geforderten „1 Million Einwanderer pro Jahr“ direkt in die Sozialhilfe einwandern. Welches Land könnte sich einen derartigen Zustrom von Sozialhilfeempfängern leisten? Noch möchte man sagen, wie jede Familie, so kann auch der Staat über einen gewissen Zeitraum mehr ausgeben, als er verdient. Ändert sich das nicht, droht der Staatsbankrott. Und sollten die Deutschen wirklich aussterben, würde das auch das Ende des deutschen Steuerzahlers bedeuten. Was folgen würde, wäre ein Exodus all derjenigen, die Deutschland momentan für eine Mischung aus Goldgrube und Kotboden halten. Da möchte man sich fast inbrünstig wünschen, Khani hätte Recht.