Tichys Einblick
Gasumlage zur Rettung von Uniper & Co

Das Milliardengeschenk für Uniper oder planlos in die Planwirtschaft

Warum wurde Uniper nicht gleich aus Steuermitteln gerettet, statt den umständlichen Weg über die Gasumlage mit anschließender Steuersenkung zu gehen? Der Vorgang ist typisch: Statt die Probleme bei den Ursachen zu packen, versucht man, die Folgen zu kaschieren – mit immer rigideren Vorschriften. Von Ulrich van Suntum

Über die Gasumlage soll der Energieversorger Uniper gerettet werden.

IMAGO / Panama Pictures

Vor der Erhebung der Gasumlage dürften die meisten Menschen in Deutschland den Namen Uniper noch nie gehört haben. Er setzt sich aus „unique“ (einzigartig) und „performance“ (Leistung) zusammen und gehört einem Unternehmen, das diesem Namen in gewisser Weise durchaus Ehre gemacht hat. Die 2016 von E.ON abgespaltene Firma hat es nämlich geschafft, als einziger großer Energieversorger riesige Verluste zu machen in einem Markt, in dem die Preise für seine Produkte geradezu explodieren. Uniper handelt hauptsächlich mit Gas, dessen Preis sich seit Beginn des Ukraine-Krieges mehr als verzehnfacht hat.

Leider hat man sich dabei aber einseitig auf Gaslieferungen aus Russland verlassen, die inzwischen weitgehend ausbleiben. Die eigenen Lieferverpflichtungen müssen aber trotzdem erfüllt werden, was nur mit teuren Zukäufen am freien Markt geht. Das verursacht derzeit einen Verlust von 60 Millionen Euro – pro Tag. So rutschte das Unternehmen in eine existenzgefährdende Schieflage, während Konkurrenten wie RWE und Shell in der Krise satte Gewinne einfahren.

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Zu allem Überfluss war Uniper auch noch an der Pipeline Nord Stream 2 beteiligt, die nun voraussichtlich niemals ans Netz gehen wird. Alle Eier wurden also in den russischen Korb gelegt und sind nun krachend zu Bruch gegangen. War das Dummheit oder Schicksal? Vermutlich beides, auf jeden Fall gefährdet es aber nach Auffassung der Bundesregierung die Gasversorgung hunderttausender Bürger und vieler Unternehmen. Uniper wird deshalb als systemrelevant betrachtet und soll nun mit einer „Gasumlage“ gerettet werden, auch so ein neues Wort. Zunächst 2,4 Cent pro Kilowattstunde kostet das die Gaskunden, insgesamt rund 34 Milliarden Euro will man so einsammeln. Etwa zwei Drittel dieser Unsumme geht allein an Uniper, ein knappes Viertel an die frühere Gazprom Germania (die inzwischen vorsichtshalber als SEFE firmiert). Um den Rest können sich weitere zehn Energieversorger schlagen, die entsprechenden Bedarf angemeldet haben.

Für eine vierköpfige Familie kann allein die Gasumlage schnell zu einer hohen dreistelligen Mehrbelastung pro Jahr werden – zusätzlich zu den ohnehin rasant steigenden Gaspreisen. Das war der Ampelkoalition dann wohl doch zu heikel. Zum Ausgleich senkt sie nun die Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent, und zwar nicht nur auf die Umlage, sondern gleich auf den gesamten Gaspreis. Laut Bundeskanzler Scholz soll das die Verbraucher unter dem Strich sogar ent- statt belasten. Selbst wenn das stimmen würde (es gibt gegenteilige Berechnungen), kann man sich nur verwundert die Augen reiben. Denn wieso wurden dann Uniper & Co nicht gleich aus Steuermitteln gerettet, statt den umständlichen Weg über die Gasumlage mit anschließender Steuersenkung zu gehen? Es wird wohl das Geheimnis der Zauberlehrlinge aus Berlin bleiben.

Der ganze Vorgang ist typisch für das dortige Herumgehampel. Statt die Probleme bei den Ursachen zu packen, versucht man nur, die Folgen zu kaschieren. So ändern ja die diversen „Entlastungspakete“ nicht das Mindeste an den gestiegenen Energiepreisen, und erst recht nicht an der Geldflut der EZB, der letztlich wichtigsten Inflationsquelle. Stattdessen wird den Wählern ständige Aktivität vorgespielt, um sich selbst als Retter aus der – selbstverschuldeten – Misere zu profilieren.

Lähmende Entscheidungslosigkeit herrscht dagegen da, wo es wirklich drauf ankäme. So kann wohl niemandem in der restlichen Welt mehr vermittelt werden, wieso Deutschland mitten in der schlimmsten Energiekrise seit Jahrzehnten immer noch am Ausstieg aus der Kernkraft und dem Fracking-Verbot festhält. Stattdessen wiederholen sich die endlos gleichen Argumente, so als wäre nichts geschehen. Genauso gut hätte man auf der sinkenden Titanic darüber diskutieren können, ob die Rettungsboote denn auch aus nachhaltigem Holzanbau gefertigt wurden.

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Von Marktwirtschaft ist ohnehin schon lange keine Rede mehr. Es mag ja richtig sein, dass der Staat bei Uniper im Juli als Miteigentümer eingestiegen ist, um einen Zusammenbruch der Versorgung zu verhindern. Das hätte dann aber aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden müssen und nicht durch eine nur die Gasverbraucher treffende Sonderbelastung. Und wieso wurden nur 30 Prozent des Uniper-Kapitals erworben, statt das Pleiteunternehmen in die Insolvenz gehen zu lassen und dann gleich ganz zu verstaatlichen? Sollten hier die Aktionäre geschont werden, deren größter übrigens der finnische Staat ist?

In einer Marktwirtschaft müssen Unternehmen, die schlecht gewirtschaftet haben, vom Markt verschwinden. Das heißt ja nicht, dass damit auch die physischen Produktionsanlagen und die Lieferbeziehungen vernichtet würden. Sie würden auch im Fall von Uniper sicher bald einen neuen privaten Eigentümer finden. Dieser könnte dann auch neue, marktgerechtere Preise mit den Abnehmern aushandeln und so die Quelle der Verluste schließen. Uniper ist ein internationales Unternehmen mit 11.000 Mitarbeitern in 40 Ländern, von denen ein Drittel in Deutschland arbeitet. Da würde sich sicher mehr als ein Interessent auf dem internationalen Energiemarkt finden, der diese weiterbeschäftigen und die Geschäfte übernehmen könnte. Der Kurs der Aktie und damit das Vermögen der Alteigentümer sollte bei einem Pleiteunternehmen aber in der Nähe von Null liegen und nicht bei 6,13 Euro wie derzeit – mit Potenzial zur Vervierfachung nach der Finanzspritze des Staates, wie Börsenanalysten erwarten.

Vielleicht will Klima- und Wirtschaftsminister Habeck es sich aber auch nicht durch übertriebene Marktwirtschaftlichkeit mit der Energiewirtschaft verderben. Er braucht sie ja noch für die Umsetzung der „Energiewende“, also den staatlich erzwungenen Weg allein in die „erneuerbaren“ Flatterenergien Sonne und Wind. Dabei ist auch das pure Planwirtschaft, deren fatale Folgen gerade in der Krise überdeutlich werden. Denn wer aus Kohle, Kernkraft und heimischer Gasproduktion gleichzeitig aussteigt, dem bleibt letztlich nur importiertes Gas, um die Grundlast des Energiebedarfs auch in der Dunkelflaute sicherzustellen. Dass die Gasimporte etwa aus Kanada aus dem in Deutschland verteufelten Fracking und die Stromimporte vielfach aus Kohle- und Kernenergie stammen, zeigt die ganze Absurdität der dahinterstehenden Umweltargumente.

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Damit gehen in dem ganzen Dirigismus nicht nur Marktwirtschaft, Versorgungssicherheit und Effizienz baden, der ganze Unfug ist nicht einmal in sich konsistent. Planwirtschaft ohne Plan sozusagen, dafür aber mit immer rigideren Vorschriften, Verboten und Verhaltensanleitungen bis in das Privatleben der Bürger hinein. Waschlappen statt Dusche empfiehlt etwa Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Kretschmann, wohl in Erinnerung an seine maoistische Vergangenheit. Habeck hat gleich einen ganzen Katalog neuer Energiesparvorschriften verfasst, bis hin zu geschlossenen Außentüren in den Geschäften. Am besten lassen wir sie gleich ganz zu, dann wird noch weniger Gas verbraucht.

Aber im Ernst: Als wenn die horrenden Preise die Leute nicht ganz von selbst auf die Idee bringen würden, unnötige Energieverbräuche zu vermeiden. Das ist eben der Unterschied zwischen Markt- und Planwirtschaft: In ersterer bestimmen die Menschen in Mangelsituationen selbst, was sie als weniger wichtig empfinden. In der grünen Planwirtschaft wird es ihnen dagegen von den Politikern vorgeschrieben, auch wenn es sich aus Sicht der Betroffenen oft gar nicht rechnet. Zahllose Hauseigentümer und Unternehmen, die seit Jahren immer rigidere und oft völlig unwirtschaftliche Auflagen zu erfüllen haben, können ein trauriges Lied davon singen.

Aber vielleicht ist das ja der eigentliche Zweck des ständigen Umwelt-Alarmismus, die Marktwirtschaft zu beseitigen und eine staatliche Kommandowirtschaft an ihre Stelle zu setzen. Wenn dem so wäre, dann könnte man den Grünen zu ihren bisherigen Erfolgen in dieser Hinsicht nur gratulieren.

Ulrich van Suntum ist Prof. em. für Volkswirtschaftslehre.

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