Der Medikamentenmangel – im Bürokratendeutsch „Arzneimittellieferengpass“ genannt – ist derzeit in aller Munde. Auch deswegen, weil die Zahl der davon betroffenen Bürgerinnen und Bürger massiv zugenommen hat. Inzwischen hat das zuständige Bundesinstitut BfArM seine Homepage den Besorgnissen der Bürger angepasst.
Allerdings kann der Blick auf die dortigen Handreichungen nicht zur Beruhigung besorgter Bürger beitragen. Sie muten eher an wie Anleitungen zur Mangelverwaltung. Die ganz Alten dürften sich an die Zeiten der Reichskleiderkarte erinnert fühlen.
Mehr als 50 Prozent der betroffenen Mangel-Arzneimittel entfallen auf Krebsmedikamente, Antibiotika sowie Mittel gegen Epilepsie und Parkinson. Aber auch Mittel gegen Asthma und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Schmerzmittel und Antidepressiva sind gut vertreten. Also allesamt keine Exoten, sondern im Bedarfsfall lebenswichtige Arzneimittel, deren Verfügbarkeit zu den Grundbedürfnissen der Daseinsvorsorge zählt.
Bürgerferne auf deutscher und europäischer Ebene
Ja, auch andere Länder klagen über Lieferengpässe. Denn viele Weichen sind bereits auf EU-Ebene falsch gestellt worden. Schon 2020 gab es daher dringende Appelle an die EU-Kommission, sich des gravierenden Medikamentenmangels anzunehmen. Aber seinerzeit hatte Ursula von der Leyen Wichtigeres zu tun: Der European Green Deal sollte mit viel Geld die Welt retten. Da musste die Rettung von Menschenleben durch Arzneimittel einfach mal ein bisschen zurückstehen.
Das Wortungetüm dürfte sich jedoch als zahnloser Tiger erweisen. Denn das Gesetz gilt im Wesentlichen nur für Antibiotika und Kinderarzneimittel. Außerdem sind die Preiszusagen schwammig und auch noch befristet. Das wird keinen Hersteller bewegen, das Risko einzugehen, die Produktion zurück nach Deutschland zu holen. Es ist wie immer bei links-grüner Symbolpolitik zur Beschwichtigung aufgebrachter Bürger: too little, too late.
Gesundheitspolitisch verlorene Legislaturperiode
Auch wenn vielen Bürgern der Medikamentenmangel derzeit am meisten auf den Nägeln brennt: Die bedeutendsten Herausforderungen für die Zukunft der Gesundheitsversorgung liegen auf zwei anderen Feldern, nämlich der Versorgungssteuerung und der Digitalisierung.
Die Digitalisierung wird die Medizin, die ärztliche Arbeit und die Patientenversorgung in einem bis vor Kurzem unvorstellbaren Maße revolutionieren, und zwar ganz überwiegend zum Nutzen von Patienten und Ärzten. Aber dafür braucht es klare gesetzliche Vorgaben auf dem Boden einer stringenten Digitalstrategie. Andere Länder sind uns auf diesem Feld schon viele Jahre voraus.
Das gleiche Schicksal droht den notwendigen Reformen bei der Versorgungssteuerung. Hier geht es vor allem darum, die Patientenversorgung stärker auf die ambulanten Schienen zu verlagern. Angesichts des demographischen Wandels und des damit dramatisch zunehmenden Mangels an Ärzten und Pflegekräften müssen diese künftig so effizient wie möglich eingesetzt werden. Und dies geht nur über einen massiven Ausbau der ambulanten Versorgungsstrukturen, insbesondere an den Krankenhaus-Standorten. Für diesen komplexen, aber gleichwohl dringend erforderlichen Strukturwandel braucht es klare gesetzliche Vorgaben, die für diese Legislatur vorgesehen waren, aber jetzt ebenfalls an links-grüner Inkompetenz scheitern werden.
SPD und Grüne sind gesundheitspolitische Nullnummern
Die Katastrophe scheiternder zentraler Reformvorhaben hat sich bereits zu Beginn der Legislatur beim Blick auf die gesundheitspolitische Kompetenz der Ampel-Parteien angedeutet. Diese Kompetenz liegt nämlich bei Null. Vorbei sind bei der SPD die Zeiten eines Rudolf Dressler oder einer Ulla Schmidt, die – bei aller Kritik an manchen Entscheidungen – ihre Vorstellungen zur Verbesserung der Versorgung noch mit Kraft und Geschick durchsetzen konnten. Doch in einer vom grünen Klimawahn infizierten Ampel-SPD wird der Gesundheit als dem zentralen Anliegen der Daseinsvorsorge ein Stellenwert auf dem Niveau des Nahverkehrstickets zugewiesen.
Und die FDP? Die hat ohnehin beschlossen, sich den links-grünen Totengräbern auf allen Politikfeldern bedingungslos zu ergeben.
So kommt es also, wie es kommen musste: steigende Beiträge bei sinkender Versorgungsqualität. Und die Wähler wissen einmal mehr: Linke und Grünen liefern auch bei der Gesundheit genau das, was sie versprechen: Der als neue Heilslehre verkündete „Wohlstand des Weniger“, also die Vernichtung des über Generationen aufgebauten deutschen Wohlstands, macht nicht bei Wohneigentum und Heizungsanlagen Halt, sondern erreicht jetzt auch die Gesundheitsversorgung.
Grüne Guerilla-Taktik statt intelligenter Strukturpolitik
Ein fast unscheinbares, jedoch hochaktuelles Detail wirft ein Schlaglicht auf die verheerende gesundheitspolitische Inkompetenz der Ampel-Regierung. So wurde von der grünen Abgeordneten Maria Klein-Schmeink Anfang Mai eine Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags zum Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) für eine völlig sachfremde Frage zur Notfallversorgung in Krankenhäusern missbraucht (im Ausschussprotokoll auf den Seiten 20/21)
Schließlich wurde aufgrund dieser fingierten „Sachverständigenbefragung“ in letzter Minute und ohne weitere parlamentarische Diskussion eine weitreichende notfallmedizinische Gesetzesänderung in ein Pflegegesetz geschleust, welches im Ergebnis dazu führt, dass die Notfallambulanzen der Krankenhäuser von Patienten unter Umgehung des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes überrannt werden und die Krankenhäuser ihre seit Corona zunehmend leerstehenden Betten mit solchen Patienten nach Belieben auffüllen können. Mit anderen Worten: eine schlechtere Patientenversorgung zu deutlich höheren Kosten.
Letztlich handelt es sich um ein grünes Bubenstück im Stil stalinistischer Kader, welches die antidemokratischen Grundüberzeugungen grüner Machtausübung offenlegt. Das hat dann sogar der Bundesrat erkannt, der das Gesetz in seiner Sitzung am 16. Juni zwar passieren ließ, aber in seltener Klarheit die verheerenden Effekte links-grüner Gesetzesstümperei anprangerte (letzte Seite hier).
Man kann es nur immer wiederholen: Diese Stümper sind dieselben Grünen, welche die ganze Welt vor dem Hitzetod retten wollen und bereit sind, für ihre verquere Heilslehre ganz Deutschland mitsamt seinen Bürgern in den Abgrund zu stoßen.
Was macht Lauterbach eigentlich beruflich?
In praktisch allen Aspekten der Gesundheitspolitik ist ein größeres Chaos als das derzeitige also kaum denkbar. Und im Zentrum dieses Chaos steht das Bundesgesundheitsministerium: ein Bürokraten-Monstrum mit mehr als 1.000 Mitarbeitern.
Und über allem – und auch abgekoppelt von allem und von allen – schwebt ein Bundesgesundheitsminister Lauterbach, der zwar medial überall präsent zu sein scheint, der aber niemals dort präsent ist, wo er es als Minister sein müsste: weder im Ministerium noch bei der Koordinierung der Gesetzgebungsvorhaben. Denn auch angesichts des widerstandslos gelungenen grünen Bubenstücks zur Verschlechterung der Notfallversorgung fragt man sich unwillkürlich: Was macht Karl Lauterbach eigentlich beruflich?
Nach eigener Aussage ist er jetzt im Bereich der Standup Comedy unterwegs. Bei Netflix und auf YouTube kann man über entsprechende Versuche den Kopf schütteln und wundert sich nicht mehr um die Verwahrlosung des Gesundheitsministeriums.
Brandmauer gegen grüne Heilslehre
Natürlich fragt man sich, wie ein Minister, der seine Unfähigkeit zur Amtsführung seit seinem Antritt nahezu täglich unter Beweis gestellt hat, auch nach 18 Monaten immer noch im Amt sein kann. Die Antwort ist ebenso einfach wie erschreckend: Denn erstens hat die SPD im Gesundheitsbereich tatsächlich nur noch ausgewiesene Inkompetenz zu bieten und zweitens fällt der Totalausfall Lauterbach in Olaf Scholz‘ Gruselkabinett neben Habeck, Baerbock, Faeser oder Özdemir noch nicht einmal besonders auf.
In letzter Zeit war immer wieder von politischen Brandmauern die Rede. Deutschland braucht derzeit nur eine einzige Brandmauer, nämlich diejenige ringsherum um die komplett gescheiterte Ampel-Politik, die Deutschland der grünen Heilslehre ausgeliefert hat und dadurch erkennbar Schritt für Schritt ins Verderben führt. Vorgezogene Neuwahlen sind aus heutiger Sicht nur noch eine Frage weniger Monate. Und danach sollte den grünen Fanatikern auf absehbare Zeit keine Gelegenheit mehr zur Übernahme von Regierungsverantwortung gegeben werden.
Dr. med. Lothar Krimmel, Facharzt für Allgemeinmedizin, war von 1992 bis 2000 Geschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und ist damit ein genauer Kenner des Medizinsektors.