Tichys Einblick
Politische Machtkämpfe wären jetzt fehl am Platz

Einigkeit, Recht und Freiheit waren noch nie so wertvoll wie heute

Wir dürfen vor Terror nicht kapitulieren und uns von Verbrechern und Menschenfeinden nicht einschüchtern lassen.

© Sean Gallup/Getty Images

Der Terror hat Deutschland erreicht. Auch wir wurden verwundet. Es ist ein Schmerz, der uns tief im Herzen trifft. Eine feige, barbarische Tat in Berlin. Gerade bei vorweihnachtlicher Stimmung sind wieder unschuldige Menschen Opfer des Terrors geworden. Ich verurteile diesen verbrecherischen Anschlag, frage aber ganz deutlich: War das eine Überraschung, wurden wir vom Terror überrascht? So ohne Ankündigung? Nein! Wenn es trotzdem Menschen in diesem Land gibt, die daran glauben, dann sind sie nicht ehrlich oder haben gesundheitliche Probleme. Es war nur eine Frage der Zeit. Jetzt ist das kalte und dreckige Gesicht des Terrors auch bei uns sichtbar geworden. Ich trauere um die Anschlagsopfer. Meine Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer. Ich bin nicht nur empört, sondern auch sehr verärgert. Verärgert, weil diese Gefahr und Bedrohung bei uns sehr lange ignoriert wurde. Verärgert darüber, dass nach Stunden der Tat immer noch von einem „mutmaßlichen Anschlag“ oder von „mutmaßlichem Terror“ gesprochen wurde. Verdammt nochmal, es war ein Terroranschlag. Es war ein organisierter Angriff auf unsere Rechtsstaat, unsere Demokratie und Wertegesellschaft. Nennt das Problem doch endlich mal beim Namen!

Vergangene Nacht raste ein Lkw mit hoher Geschwindigkeit in einen Weihnachtsmarkt in Berlin. Dabei gab es bislang 12 Tote und 48 zum Teil Schwerverletzte. Ich bin schockiert über diese schlimme und feige Tat, aber nicht überrascht. Dieser feige Anschlag sollte spätestens jetzt jeden wachrütteln. Auch wir stehen im Fokus der Terroristen. Jetzt müssen wir als Gesellschaft und Politik Hand in Hand Einheit zeigen und gegen den Extremismus und Terror jeglicher Art vorgehen. Es darf gegenüber diesen Menschenfeinden keinen kulturellen oder religiösen Rabatt geben. Wir dürfen nicht so tun, als ob das die Tat eines Einzelgängers oder eines einzigen Wolfes war. Es war wie in anderen Fällen weltweit ein Terroranschlag gegen die Menschlichkeit und westliche Werte. So soll es gesagt und so soll es geschrieben werden. Warum kneifen wir davor, über die Wahrheit zu sprechen und den Terror beim Namen zu nennen und scheuen uns Hintermänner, geistige Brandstifter zu benennen.

Ich bin mir sicher, dass der polnische Lkw-Fahrer selbst Opfer dieser Verbrecher war. Ob der Verdächtige der Täter ist, ist noch nicht klar. Sollte es der falsche sein, dann ist die Lage noch schlimmer und gefährlicher als gedacht. Das würde bedeuten, dass der wahre Täter noch immer frei und vor allem bewaffnet herumläuft. Dann sind jetzt vor allem die Polizei und Sicherheitsbehörden gefordert, den Täter schnellstmöglich zu finden und zu verhaften, bevor er noch mehr Unheil anrichten kann.

Der Flüchtling, der momentan verhört wird, sei den Behörden nur wegen kleinerer Delikte bekannt gewesen, als Islamist sei er nach Polizeiangaben bisher nicht aufgefallen. Und genau hier liegt das eigentliche Problem. Es ist typisch, dass der IS gerade Menschen, die bisher unauffällig waren, für seine Schandtaten missbraucht. Der IS versucht auf allen Ebenen Jugendliche und Flüchtlinge für ihren Dschihad zu gewinnen und zu begeistern. Anschläge werden meistens von Menschen begangen, die in der Regel polizeilich nicht bekannt sind oder waren. Besonders die Schläfer unter uns sind die gefährlichsten, die sich selbst im Internet radikalisieren und sich für die Ziele des IS instrumentalisieren.

Dieses Attentat zeigt leider deutlich, dass auch Deutschland im Fokus des Terrors steht. Jetzt gilt es wach zu werden. Es muss uns klar sein: Nicht nur die Weihnachtsmärkte, jeder Platz, Bahnhof, Flughafen, auch jede Fußgängerzone kann Ziel der Terroristen sein. Die Täter können jederzeit und überall zuschlagen, auch ohne Waffen oder Sprengstoff. Deshalb müssen wir unsere Terror- und Sicherheitskonzepte überdenken und wenn notwendig neu definieren. Wir brauchen neue Strategien, um dieser Bedrohung wirksam entgegen treten zu können. Spätestens jetzt müssen wir die Bedrohung und Gefahr aus verschiedenen Richtungen wahrnehmen. Unter falsch verstandener Toleranz und falsch verstandenen Religionsfreiheit dürfen wir im Namen der Menschlichkeit und Sicherheit der Bürger keine Toleranz gegenüber den Intoleranten zeigen. Wir müssen entschieden handeln und gegen Terror und Extremismus vorgehen, sonst werden wir in Zukunft noch mehr und noch schmerzhafter verwundbar sein. Wenn wir nicht entschieden handeln, dann werden wir behandelt. Berlin ist der Meilenstein bei der Bekämpfung des Extremismus, Islamismus und Terrorismus. Wenn wir jetzt nicht die Gefahr wahrnehmen, diese Bedrohung ernstnehmen, dann behüte uns Gott.

Ich fordere alle dazu auf, jetzt keine politischen Kämpfe auszufechten. Jetzt müssen wir zusammenhalten. Es ist Zeit für Einheit, dafür dass wir gemeinsam für unser Vaterland, unsere gemeinsamen Werte und Demokratie einstehen. Politische Machtkämpfe wären jetzt fehl am Platz. Wir müssen überparteilich mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen den Terror und Extremismus jeglicher Art vorgehen. Gleichzeitig dürfen wir uns jetzt nicht einschüchtern lassen. Wir dürfen nicht klein bei geben und uns verstecken, denn dann würden wir genau das tun, was die Terroristen von uns erwarten. Wir müssen wachsam sein und Präsenz zeigen. Die Sicherheitsvorkehrungen müssen angepasst und verschärft werden. Es muss uns allen klar sein, dass es keine absolute Sicherheit geben wird. Weihnachtsmärkte oder Großveranstaltungen abzusagen wäre aber die falsche Entscheidung. Sie gehören zu uns, zu unserer Kultur und sind für uns ein fester Bestandteil.
Jetzt erst recht. Wir dürfen vor Terror nicht einknicken, kapitulieren und uns von Verbrechern und Menschenfeinden einschüchtern lassen. Einigkeit, Recht und Freiheit waren noch nie so wertvoll wie heute.

 

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