Weiser, um nicht zu sagen geiziger Umgang mit Ressourcen aller Art sollte nicht nur heute das Gebot der Menschengenerationen sein. Die Geschichte lehrt das Gegenteil. Waren die Naturvölker noch eingebettet in das pendelnde Gleichgewicht ihrer beschränkten Welt, so begannen die ersten Hochkulturen mit der Ausbeutung der Natur und der Bodenschätze, die exponentiell steigend bis heute andauert und ihren Höhepunkt längst nicht erreicht hat.
Die in den Medien gebetsmühlenartig vorgetragene drohende Klimakatastrophe treibt vor allem deutsche Politiker in einen wahnhaften Aktionismus, beherrscht von Stimmungen und Empfindungen jenseits kühler Logik. Das E-Auto ist ein Beispiel solcher Aktionismusfrüchte. Grund genug, mit kühlem Verstand unter Anwendung der Grundrechenarten – wenigstens die Berater der Bundesregierung sollten diese beherrschen – das Szenario „Was wäre wenn“ zu betrachten.
Die Ausgangslage: bis zum Jahr 2050 hat sich die Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel, promovierte Physikerin, verpflichtet, die CO2- Emissionen Deutschlands um 90% bezogen auf 1990 zu senken. In der Praxis würde dies den fast vollständigen Umstieg auf Strom als Energieträger bedeuten. Strom kommt bekanntlich aus der Steckdose, das wussten die Grünen schon vor Jahrzehnten. Doch der bisher farblose Strom soll grün sein, was nur über Photovoltaik, Wind und Wasser ohne fossile Brennstoffe möglich ist. Wobei die Anlagen dafür eben auch wieder fossile Energie und Rohstoffe brauchen.
Für 2 Gramm Wasserstoff, das sind bei Normaldruck 22,4 Liter, immerhin theoretisch 0,079 Kilowattstunden. Somit für ein Kilogramm 39,5 kWh. Weil aber die Elektrolyse im besten Fall einen Wirkungsgrad von 80% hat, braucht man in der Praxis wenigstens 49,4 kWh. Wenn man dann den Wasserstoff mit Luft in einer Brennstoffzelle zu Wasser reagieren lässt, dann erzeugt man wieder Strom, mit dem der Elektromotor das Auto antreibt. Verpassen wir allen Autofahrern ein E-Auto vom Typ Toyota Mirai, dann braucht dieses Wägelchen 1 Kilo Wasserstoff pro 100 km, zumindest nach Herstellerangaben. Also wären deutschlandweit 5,64 Milliarden Kilo Wasserstoff erforderlich, was mit dem Energieaufwand für die Herstellung von 1 kg einen Gesamtenergiebedarf von rund 279 Milliarden kWh bedeutete. Das sind 279 mit neun Nullen. Die Energie für die Kompression zum Füllen der Druckbehälter in den Autos lassen wir einmal beiseite.
Wollten wir diesen fast unglaublichen Energiebedarf mit Photovoltaik decken, dann sind wir an die Sonneneinstrahlung in Deutschland gebunden, denn andere Staaten brauchen ihre Flächen selbst. 2017 wurden in Deutschland aus 373 km2 Solarflächen 38,4 Milliarden kWh Stromenergie erzeugt, das sind im Deutschlandmittel 103 kWh/m2. Für die 279 Milliarden kWh bräuchten wir also in Quadratkilometer umgerechnet rund 2.719 km2 Photovoltaikflächen. Das wäre machbar, wobei wir aber berücksichtigen müssen, dass diese Fläche lediglich den Wasserstoffbedarf von PKWs abdecken würde. Alle anderen Verkehrsmittel bleiben dabei außer Betracht. Und natürlich alle andern Energieverbraucher auch. Deckte man 90% des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland (2,33 Billionen kWh, Quelle Umweltbundesamt) über die Wasserstofftechnologie, dann bräuchte man etwa 22.700 km2 PV-Fläche. Angesichts des Flächenverbrauchs bei Biogasanlagen locker machbar. Natürlich ist damit noch nicht die Frage des Energiespeichers gelöst.
Offshore-WKAs benötigen 1,4 km2/Anlage, die Distanzen sind gesetzlich vorgeschrieben. Unterstellt man, dass von Deutschlands Gesamtküstenlänge von 530 km rund 250 km für WKAs zugelassen wären, dann brächte man einen Korridor von 112 km Tiefe. Wohlbemerkt lediglich für den Energiebedarf von Wasserstoff- PKWs. Der Konflikt mit angrenzenden Ländern wäre vorprogrammiert.
Ursache für diesen unglaublich hohen Energie- bzw. Anlagenbedarf ist der relativ hohe Energieaufwand für die Wasserelektrolyse. Sage nun keiner, bereits heute sei Wasserstoff ausreichend und billig verfügbar. 98% der heutigen Wasserstoffproduktion erfolgt aus der sogenannten Dampfreformierung, bei der aus Kohlenwasserstoffen wie etwa Methan und Wasser unter CO2-Bildung Wasserstoff erzeugt wird. Dann könnte man gleich Flüssiggas bei den Autos verwenden, die CO2-Bilanz bliebe unverändert.
Und der Ausweg Batterie? Für ein batteriebetriebenes E-Auto einer Reichweite von 200 km, etwa der Renault Zoe R90, sind 41 kWh erforderlich aus einer Lithiumbatterie mit 6,15 kg Lithiumgehalt. Für 47 Millionen KFZ in Deutschland wären also rund 289.000 Tonnen Lithium erforderlich. Die globale jährliche Förderung betrug 2018 etwa 150.000 Tonnen, die Schätzungen für die Weltvorräte bewegen sich zwischen 7 und 35 Millionen Tonnen. Nimmt man nur eine Milliarde PKWs unter den 1,3 Milliarden Autos weltweit an, dann sind das für Deutschland 4,7%. Hochgerechnet auf den Weltbestand bestünde ein Bedarf von über 6 Millionen Tonnen Lithium.
Tun wir so als sei die Rohstoffbeschaffung machbar, die Ladestationen dicht an dicht und treiben wir die Elektrifizierung in Deutschland voran. Wieder eine durchschnittliche Jahresfahrstrecke von 12.000 km zugrunde gelegt, verbrauchte jeder PKW in Deutschland 2.460 kWh im Jahr, das sind für die gesamte Flotte unter Berücksichtigung der Wirkungsgrade für Laden und Elektromotor (0,90×0,90=0,81) 142,74 Milliarden kWh. Mit Photovoltaik wären dafür unter den Voraussetzungen wie oben 1.386 km2 PV-Fläche nötig. Das wäre machbar, wäre da nicht das Problem mit der Lithiumversorgung inklusive der Abhängigkeit von den großen Erzeugerländern China, Chile und Bolivien. Wenn China per Dekret selbst auf E-Autos setzt, dann wird es kaum bereit sein, den begehrten Rohstoff ohne enorme Preiserhöhung in den Weltmarkt zu geben. Die gewaltigen Umweltschäden in den Fördergebieten ganz außer Betracht gelassen.
Nun mag mancher einwenden, Lithiumbatterien seien durch andere Batterien ersetzbar. Das ist richtig, denn alle Kombinationen von Stoffen mit unterschiedlichem elektrochemischem Spannungspotential sind denkbar, etwa die Natrium-Schwefel- Batterie. Das bedeutete einen beträchtlichen Gewichtszuwachs bei den Autos. Und abgesehen davon steht die großtechnische Realisierung in weiter Ferne, derzeit fokussieren sich alle Bestrebungen auf Lithium.
Fazit zum hochgejubelten und fast schon verordneten E-Auto: Das ist ein Holzweg, sowohl unter dem Aspekt der Energiebeschaffung als auch von der Rohstoffseite her. Denn erstens wäre von der Rohstoffsituation her nur das Wasserstoff-Auto sinnvoll. Und zweitens muss der Gesamtenergiebedarf Deutschlands betrachtet werden. Ein Mix aus Photovoltaik, Onshore-WKA und Offshore-WKA mit deutlichem Schwerpunkt auf Photovoltaik könnte den Bedarf decken. Voraussetzung sind Wasserstoff-Energiespeicher für Zeiten von Flaute und wolkenverhangenem Himmel. Aber da ist es wie bei einem miserablen Feldherrn: Der Klimakampf wird begonnen, bevor alle Waffen dafür zur Verfügung stehen. Insofern befindet sich das E-Auto auf dem Holzweg, wenn auch gut gemeint.
Dazu passt die Sentenz aus einer Fabel des griechischen Dichters Äsop vor 2.600 Jahren: Was immer du tust, tue es klug und bedenke das Ende. Sinnvoller wäre dieser Fabel nach der konsequente Ausbau des öffentlichen Fern-, Regional- und Kommunalverkehrs auf der Basis konsequenter Elektrifizierung. Denn Mobilität als Voraussetzung für Broterwerb und Lebensunterhalt ist ein sozialer Auftrag, der im Interesse der Staatsführung sein müsste. Es ist kein privates Vergnügen. Hier haben Bund, Länder und Kommunen versagt und es bleibt wohl bei der Fabel. Und wir werden in vielen Bereichen unseres Lebens umdenken müssen. Sind die übrigen 99% der Weltbevölkerung dazu auch bereit?