Tichys Einblick
Gobaler Kontrollstaat gegen Opposition

DSA: Cancel Culture in Reinkultur

Der neue Digital Services Act der EU bedroht die Meinungs- und Pressefreiheit. Wer sich gegen die Transformation stemmt, könnte seine publizistische Heimat verlieren. Von Kai Rogusch

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Mitte Februar ist der Digital Services Act (DSA) vollständig wirksam geworden. Diese Verordnung der Europäischen Union verpflichtet als EU-weites Gesetz die großen digitalen Plattformen, die dortigen Darbietungen und Debatten ihrer Nutzer zu überwachen. Youtube, Facebook, Instagram und Co. sollen jedoch mit Hilfe einer ausgeklügelten Melde-Infrastruktur nicht nur Inhalte entfernen, die als rechtswidrig zu beanstanden sind. Das ‚Schöne‘ an der EU-Norm: Auch sonstige Äußerungen, die in irgendeiner Weise ein „systemisches“ Risiko für die Gemeinschaft darstellen, sollen beobachtet und bei Bedarf unschädlich gemacht werden. Darauf weist der ehemalige Richter Manfred Kölsch in einer lesenswerten Analyse hin.

Der Digital Services Act stattet auf diese Weise unsere – mittlerweile durchaus ins kritische Blickfeld geratene – Cancel Culture mit obrigkeitsstaatlichen Zwangsmitteln aus. Nicht zuletzt jene als „rechts“ gebrandmarkten Kritiker, die sich allzu störrisch gegen unsere von oben verordnete „Transformation“ richten, müssen sich warm anziehen. Sie rücken nun auch unter der Ägide des DSA als Gefahrenquelle angeblicher „Desinformation“ in den Fokus.

Wer beispielsweise in den sozialen Medien gegen den anstehenden, äußerst brisanten, auf eine globale Gesundheitsdiktatur zielenden WHO-Pandemievertrag und die radikale Reform der Internationalen Gesundheitsvorschriften mobilisiert – die in den etablierten Medien totgeschwiegen oder bestenfalls völlig unkritisch behandelt werden –, könnte aus dem DSA-Blickwinkel „voraussichtlich nachteilige Auswirkungen“ auf die „öffentliche Gesundheit“ verursachen. Laut Kölsch legt der DSA den sozialen Plattformen „präventiv angelegte Überwachungsverpflichtungen“ auf. Auf der Grundlage dieser Verpflichtungen würden dann Posts gelöscht und man selbst in seiner Reichweite gedrosselt, wenn nicht gar ganz gesperrt werden.

Es geht immer um „voraussichtlich kritische“, „voraussehbar nachteilige“ oder „absehbar nachteilige Auswirkungen“ auf die „gesellschaftliche Debatte“, die „öffentliche Sicherheit“ oder andere wolkig formulierte Gemeinschaftsgüter. Auf diesem Wege werden Informationen bereits vor ihrer Verbreitung eingeschränkt. Eine öffentliche Debatte über brisante Themen wird so bereits im Keim erstickt, moniert Kölsch.

Die Opposition zum globalen Kontrollstaat droht politisch, publizistisch und kulturell heimatlos zu werden.


Dieser Beitrag ist zuerst bei Novo erschienen.

Kai Rogusch ist Herausgeber des Buchs: „Bürger oder Untertan? Über den Abbau unserer Freiheitsrechte“

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