Tichys Einblick
Ein Diskussionsbeitrag von Paul Cullen

Impfung als einziger Weg aus dem Corona-Dilemma?

Gesundheitsminister Jens Spahn prophezeite, dass am Ende dieses Winters jeder wahrscheinlich „geimpft, genesen oder gestorben“ sein wird. Eine Kategorie hat er vergessen: „geimpft – und trotzdem genesen oder gestorben“. Es folgt ein Beitrag mit Alternativvorschlägen zur Impfung.

MAGO / Sven Simon

Vor fast einem Jahr habe ich an dieser Stelle einen Artikel über die möglichen Probleme, die ich bei einer Massenimpfung gegen Corona aufkommen sah, veröffentlicht. Dieser Beitrag hat mir nicht nur Lob eingebracht. Sein Inhalt wurde als „streitbar bis schlicht falsch“ beschrieben. Vielfach wurde ich als „Coronaverharmloser“ oder „Impfskeptiker“ bezeichnet. Auch bei vielen Kollegen und Freunden traf der Artikel auf Unverständnis. Vermintes Gelände also.

Heute sind 77 Prozent der deutschen Bevölkerung ab zwölf Jahren vollständig geimpft. Das sind 56,6 Millionen Menschen. Dazu kommen geschätzt 4,6 Millionen Genesene. Auch wenn es eine gewisse Überlappung zwischen diesen beiden Gruppen gibt, leben etwa 61 Millionen Menschen in Deutschland, von denen man bis vor wenigen Wochen als „geschützt“ gesprochen hätte. Das sind ca. 83 Prozent der Bevölkerung über zwölf Jahren.

Corona-Impfstoff
Probleme der Massenimpfung gegen SARS-CoV-2
Dennoch befinden wir uns mitten in der „vierten Welle“, die alle bisherigen Zahlen in den Schatten stellt. Am 24. November 2021 betrug die 7-Tage-Inzidenz etwa 54.000 Neuinfektionen pro Tag, ziemlich genau das Doppelte des bisherigen Spitzenwerts in Höhe von 26.000 pro Tag am 23. Dezember 2020 und damals mitten in der „zweiten Welle“. Bundesweit geht der Anteil der positiven an der Gesamtzahl der PCR-Tests in den Laboratorien auf die 20 Prozent zu. In manchen Regionen beträgt er inzwischen sogar mehr als 50 Prozent. Sowohl Inzidenz als auch Positivrate steigen weiterhin.

Einen Lichtblick gibt es: Die Todesrate ist gemessen an der Anzahl der Infektionen „nur“ etwa ein Fünftel so hoch wie in der bisher größten „zweiten Welle“. Zu welchem Anteil diese Senkung der Mortalität auf die Impfung und zu welchem Anteil auf die verminderte Virulenz der Delta-Variante zurückzuführen ist, lässt sich nicht sagen. Selbst beim wohlwollendsten Beobachter dürfte die Frage aufkommen, ob die bisherige Schutzstrategie als Erfolg bezeichnet werden kann, wenn bei einer Geschützten-Quote von mehr als 80 Prozent die Inzidenz einer Infektion mehr als doppelt so hoch liegt als zu einer Zeit, in der nur wenige geschützt waren und niemand geimpft war. Dass die Inzidenz weiter steil steigt, dass sie aufgrund der derzeitigen Teststrategie, bei der die Nicht-Geimpften regelmäßig, die Geimpften in aller Regel nur beim Auftreten von Symptomen getestet werden, deutlich höher liegen dürfte, als sie erfasst wird, macht diese Frage noch dringender.

Dennoch dreht sich die öffentliche Diskussion kaum um eine Forschung nach der Ursache für die offensichtliche Diskrepanz zwischen hoher Schutzrate und explodierender Fallzahl. Vielmehr wird sie fast ausschließlich von der Frage einer Impfpflicht beherrscht. Dass diese benötigt wird, scheint Konsens zu sein, obwohl noch im Mai 2021 das ZDF eine Impfpflicht als „Geraune aus Verschwörungskreisen“ bezeichnet hat. Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat eine Kehrtwende vollzogen, bezeichnete er doch eine Impfpflicht im Mai 2020 als „nie sinnvoll“. Dennoch wird nur noch überlegt, ob die Pflicht für alle oder (vorerst) lediglich für bestimmte Gruppen wie die Gesundheitsberufe gelten sollte. Diese Diskussion wird leider von einer eklatanten Diffamierung der Nicht-Geimpften begleitet, die als „Tyrannen“ oder „Mitverantwortliche für Tausende Todesopfer“ bezeichnet werden.

Auch werden Nicht-Geimpfte durch die inzwischen fast flächendeckende (2G)-Regel „geimpft oder genesen“ weitestgehend vom sozialen Leben ausgeschlossen. Wie konnte es so weit kommen? Wichtiger noch: Wie geht es weiter? Um diese Fragen zu beantworten, will ich eine Analyse meiner Veröffentlichung vom Dezember 2020 im Lichte der zwischenzeitlichen Erfahrung vornehmen. Auch will ich Vorschläge wagen, wie wir als Einzelne und als Gesellschaft aus diesem Dilemma herauskommen könnten.

Da jede noch so wohlmeinende Kritik in dieser aufgeheizten Zeit missverstanden werden kann und von einigen falsch verstanden werden will, möchte ich einiges klarstellen: Weder bin ich ein grundsätzlicher Impfgegner noch habe ich prinzipiell etwas gegen die Entscheidung für eine Corona-Impfung, solange diese freiwillig und umfassend informiert erfolgt, und sofern der Nutzen für die geimpfte Person das Risiko klar überwiegt. Deshalb weise ich an dieser Stelle für weitere Informationen zur Corona-Impfung auf die Seiten des Robert-Koch-Instituts hin.

Wirksamkeit der Impfstoffe

Zunächst will ich einen Fehler im Artikel von Dezember korrigieren: Hier nahm ich irrtümlicherweise an, die Vektorenimpfstoffe von Johnson und Johnson sowie von AstraZeneca würden aus Adenoviren bestehen, die auf ihrer Oberfläche das Stachelprotein vom SARS-CoV-2 Coronavirus tragen. Dies ist nicht der Fall. Vielmehr dienen sie lediglich als Vektoren für die DNA-Sequenz für dieses Protein, die durch sie in die Zellkerne des Geimpften hineingetragen wird, um dort zur mRNA für das Stachelprotein umgeschrieben zu werden. Insofern gibt es eine größere Ähnlichkeit zwischen den mRNA- und den Vektorenimpfstoffen, als ich zunächst angenommen habe.

Aktuelle Daten
RKI-Zahlen: Mehrheit der Corona-Toten der letzten Wochen doppelt geimpft
Bei meinem Artikel habe ich auf die verschiedenen Kriterien hingewiesen, die eine Impfung aufweisen sollte: Für jede geimpfte Person muss der Nutzen die Risiken mit großer Sicherheit und mit großem Abstand überwiegen. Der Erreger, gegen den geimpft wird, sollte sich nicht durch Mutation verändern und nur bei Menschen vorkommen. Die Impfung sollte einen langfristigen und umfassenden Schutz gegen die Zielerkrankung gewährleisten.

Seit vielen Jahren ist bekannt, dass Coronaviren in der Tierwelt ubiquitär sind, gewissermaßen sogar als Zoonose (eine von Tier zu Mensch übertragene Erkrankung) angesehen werden können. Allein aus diesem Grund konnte eine Ausrottung von SARS-CoV-2 durch Impfung von vorneherein ausgeschlossen werden.

In meinem Artikel habe ich das Coronavirus als „äußerst mutationsfreudig“ beschrieben. Am Anfang der Impfkampagne wurde dies noch von vielen Experten verneint, die zunächst behauptet haben, SARS-CoV-2 würde entweder nicht oder nur sehr langsam mutieren. Als neue Varianten dann doch in rascher Folge auftraten, wurde lange Zeit behauptet, auch diese würden von den Impfstoffen, die gegen die ursprüngliche Variante aus Wuhan in China entwickelt wurden, erkannt werden. Mittlerweile wissen wir, dass meine Sorgen berechtigt waren. Mit dem Aufkommen von „Delta“ ist eine Variante entstanden, die zwar weniger virulent als die ursprüngliche Version zu sein scheint, dafür aber ansteckender und mit der Fähigkeit ausgestattet, den durch die Impfstoffe erzeugten Schutz zu umgehen.

Ferner habe ich auf mögliche „rasch abfallende Antikörpertiter“ nach einer Impfung hingewiesen und gewarnt, dass „eine Immunogenität des Impfstoffs schwer zu erreichen sein könnte“. Beides ist eingetreten. Dieser Tatsache wird in den Medien meist unzureichend Rechnung getragen. Exemplarisch hierfür kann die ZDF-Sendung WISO vom 22. November 2021 stehen, die folgende Grafik zu der mit der Zeit abnehmenden Wirksamkeit der Impfstoffe zeigte:

Hier ist erkennbar, dass nach etwa fünf Monaten die Wirksamkeit des AstraZeneca-Impfstoffes, den zwölf Prozent der Geimpften in Deutschland erhalten haben, den Nullpunkt erreicht hat und danach sogar weiter sinkt. Laut Grafik ist das Risiko einer Covid-Infektion sechs Monate nach einer AstraZeneca-Impfung sogar 20 Prozent höher, als wenn man nicht geimpft wäre.

Dies ist kein Druckfehler: Solche Effekte sind von der Grippeimpfung bekannt, die in manchen Jahren und bei manchen Altersgruppen zu einem erhöhten Risiko für eine Grippeinfektion führt. Der Johnson und Johnson-Impfstoff, den immerhin vier Prozent der Geimpften hierzulande bekommen haben, wird gar nicht aufgeführt. Eine neue Studie bei Veteranen der US-amerikanischen Streitkräfte zeigte jedoch, dass die Wirksamkeit dieses Impfstoffes sechs Monate nach Impfung nur noch 13 Prozent beträgt. Der Impfstoff von Pfizer/Biontech, den 77 Prozent der in Deutschland Geimpften erhalten haben, schnitt kaum besser ab. Sechs Monate nach Impfung betrug seine Wirksamkeit nur noch knapp 20 Prozent. Somit haben 92 Prozent der Geimpften in Deutschland Impfstoffe erhalten, die nach sechs Monaten keinen klinisch relevanten Schutz mehr bieten und in manchen Fällen das Infektionsrisiko möglicherweise sogar erhöhen. Diese frappierende und zwingende Schlussfolgerung aus seinen eigenen Daten hat WISO-Moderator Markus Niehaves mit keiner Silbe kommentiert.

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Virologe Alexander Kekulé: Geimpften "falsche Sicherheit" eingeredet
Nur der Impfstoff von Moderna, den lediglich acht Prozent der Geimpften in Deutschland erhalten haben, zeigte nach sechs Monaten einen relevanten Schutz. Laut der US-Studie beträgt dieser allerdings nur noch 58 Prozent, und fällt danach fünf bis acht Prozentpunkte pro Monat weiter ab. Diese Reduktion dürfte durch das Aufkommen neuer Varianten noch beschleunigt werden.

Bis vor wenigen Wochen lautete ein Hauptargument der Impfkampagne, damit nicht nur sich selbst, sondern auch andere zu schützen. „Ein kleiner Pieks für Dich, ein großer Schritt für die Menschheit“, stand auf einem Poster der Bodelschwingschen Stiftung Bethel. Dieser Impuls mag in den ersten Monaten nach Impfung einen gewissen Sinn gehabt haben, danach aber nicht mehr. Inzwischen wissen wir, dass infizierte Geimpfte genauso ansteckend sind, als wenn sie nicht geimpft wären. Zwar wird vielfach behauptet, die Phase der Ansteckbarkeit sei kürzer, doch dieser Befund ist nicht sicher. Vielmehr hat diese Situation den bekannten Virologen Alexander Kekulé zu der Aussage bewegt, von Geimpften als „Tarnkappenbomber“ zu sprechen, die eine „unsichtbare [Corona-]Welle“ auslösen können. Vor dem Hintergrund, dass Nicht-Geimpfte sich inzwischen oft beinahe täglich testen müssen, Geimpfte aber dies meist nur bei klaren Symptomen tun, gewinnt diese Aussage von Kekulé eine besondere Brisanz.

Bleibt also als Restargument für die Impfpflicht der „Schutz vor einem schweren Verlauf“. Diesen scheint es tatsächlich zu geben, und zwar je nach Studie und Impfstoff zwischen 50 und 70 Prozent sechs Monate nach der Impfung, wobei auch dieser Schutz alle zwei Monate um fünf bis acht Prozent abnimmt. Allerdings ist der Schutz vor einem schweren Verlauf nicht über alle Altersgruppen gleich verteilt. So zeigt der neueste Bericht des Robert-Koch-Instituts vom 11. November 2021, dass fast die Hälfte der über 60-jährigen Covid-Patienten mit einem so schweren Verlauf, dass sie ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, vollständig geimpft waren. Dieser Befund ist besonders wichtig, da 95 Prozent aller Covid-Todesfälle in dieser Altersgruppe stattfinden. Somit bieten die Impfstoffe nach einigen Monaten gerade der Gruppe, die sich eine Infektion am wenigsten leisten kann, nur einen mangelhaften Schutz.

Viele wird es überraschen zu erfahren, dass es trotz der derzeit sehr hohen Corona-Inzidenz nicht zu einem signifikanten Anstieg der Intensivpatienten (inklusive aller Corona-Intensivpatienten) gekommen ist. Laut dem Register der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) lagen in der Zeit vom ersten April bis Ende Oktober 2021 durchweg etwa 20 Tausend Patienten auf deutschen Intensivstationen. In dieser Zeit ist jedoch die Anzahl der Intensivbetten von etwa 30 Tausend auf etwa 24 Tausend reduziert worden. Die drohende Überbelegung hat also nichts mit einem Ansturm von Patienten, sondern ausschließlich mit einem Bettenabbau zu tun.

Für die „Booster“-Strategie gibt es weder historische Beispiele, noch existieren Daten aus prospektiven klinischen Studien. Am frühesten damit angefangen hat das Land Israel am 30. Juli 2021. Inzwischen hat etwa die Hälfte der dortigen Bevölkerung ihren „Booster“ erhalten. Neue Daten aus dem Land zeigen aber, dass der Schutzeffekt der „Booster“ nach nur drei Monaten um etwa die Hälfte abfällt und danach im selben Tempo weiter sinkt.

Hersteller hätten neue Impfstoffe verfügbar
Virologe Alexander Kekulé: Geimpften "falsche Sicherheit" eingeredet
Wie ich im Dezember 2020 schrieb, wurde unsere Impfkampagne anfangs von einer „Jubelstimmung“ begleitet. „Hammer-Studie zu Moderna und Pfizer: Jahrelanger Schutz nach Impfung!“ proklamierte die Bild-Zeitung noch am 29. Juni 2021, zu einem Zeitpunkt, bei dem in Israel der nachlassende Schutz der Impfung für intelligente und unvoreingenommene Beobachter bereits klar sichtbar war. Als die „vierte Welle“ ausbrach, war die Ernüchterung und Enttäuschung groß. Ein ähnlicher Effekt nach „Boosterimpfung“ ist nicht auszuschließen.
Wie sicher sind die Impfstoffe?

Bei allen Maßnahmen zur Bekämpfung von Corona gilt es, den Gesamteffekt einer Intervention im Blick zu behalten, also nicht nur den Effekt auf den Zielparameter, etwa die Inzidenzzahl oder die Hospitalisierung, sondern auch ihre Auswirkung auf andere Bereiche, sozusagen auf den „Preis“, den man bezahlt. Bei den Impfungen sind hierbei die Nebenwirkungen gemeint.

Einen Zusammenhang zwischen einer Nebenwirkung und einem Medikament ist nicht einfach zu beweisen und dauert oft lange. Im Contergan-Skandal beispielsweise vergingen nach der ersten Verdachtsmeldung im Jahr 1958 durch den Kinderarzt Karl Beck in Bayreuth vier weitere Jahre, ehe das Medikament 1962 vom Markt genommen wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren in West-Deutschland bereits 2.500 Kinder mit schweren Missbildungen zur Welt gekommen. Bei der Erfassung von Nebenwirkungen geht es deshalb darum, das Netz möglichst breit zu spannen, um auch seltene Effekte erkennen zu können. Besonders Impf-Nebenwirkungen sind oft tückisch und kaum vorhersehbar. Erst mit einem niedrigen Verdachtsindex und einer möglichst lückenlosen Erfassung kann das wahre Nebenwirkungsprofil identifiziert werden, und dies nur im Nachhinein, oft nach einer erheblichen Verzögerung.

Um die Diskussion abzukürzen, werde ich mich hier allein auf Deutschland und nur auf die gleichsam schwerste Nebenwirkung, den Tod, beschränken. Die bereits zitierte WISO-Sendung vom 22. November 2021 berichtet über 76 Fälle, bei denen das Paul-Ehrlich-Institut einen Zusammenhang zwischen Impfung und Tod als wahrscheinlich akzeptiert. Diese Meldung ist aber stark verkürzt. Tatsächlich schreibt das Paul-Ehrlich-Institut in seiner neuesten Auswertung vom 26. Oktober 2021, dass im Zeitraum vom 27. Dezember 2020 bis zum 30. September 2021 „1.802 Verdachtsfallmeldungen … über einen tödlichen Ausgang in unterschiedlichem zeitlichem Abstand zur Impfung berichtet“ wurden.

Wie ist diese Zahl zu bewerten? Jährlich werden zwischen 40 und 50 Millionen Impfdosen in Deutschland verpasst. Pro Jahr werden zwischen vier und 16 Verdachts-Todesfälle in Zusammenhang mit Impfung gemeldet, mit leicht steigender Tendenz. Einzige Ausnahme waren die Jahre 2009 mit 41 und 2010 mit 20 Todesverdachtsmeldungen in Zusammenhang mit der Pandemrix-Grippeimpfung, die später wegen neurologischen Nebenwirkungen vom Markt genommen wurde.

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In den 20 Jahren seit 2000 wurden also insgesamt 208 Todesverdachtsmeldungen an das Paul-Ehrlich-Institut bei etwa 800 Millionen Impfdosen gemeldet, was etwa einer einzigen Meldung auf vier Millionen Impfdosen entspricht. Im Jahr 2021 kamen zu den sonstigen Impfungen bis Ende September etwa 110 Millionen Corona-Impfdosen hinzu. Zieht man von den 1.802 Todesverdachtsmeldungen 20 für die übrigen Impfungen ab, so entfallen auf diese Anzahl an Corona-Impfdosen 1.782 Todesverdachtsmeldungen. Dies entspricht einer Todesverdachtsmeldung auf 60 Tausend Corona-Impfstoffdosen, etwa das 70-fache der üblichen Rate bei allen anderen Impfstoffen. Auch wenn diese Meldungen zunächst nur Verdachtsfalle sind und nicht in jedem Fall auf einen kausalen Bezug zwischen Impfung und Tod hinweisen, so kann diese Signal-Verstärkung um den Faktor 70 nicht einfach ignoriert werden und deutet auf eine wesentlich erhöhte Toxizität der Corona-Impfstoffe hin.

Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, Nebenwirkungen in Zusammenhang mit Impfungen an das Paul-Ehrlich-Institut zu melden. Doch müssen sie erst einmal einen solchen Zusammenhang vermuten. Auch wird nicht mal stichprobenartig systematisch erfasst, welche Kriterien zur Beurteilung eines möglichen Zusammenhangs zwischen Impfung und Nebenwirkung angewendet werden, noch ob diese Meldungen lückenlos erfolgen. Im September 2018 hat das Paul-Ehrlich-Institut für alle Bürger die Möglichkeit geschaffen, Verdachtsfälle über ein Internet-Formular „barrierefrei“ zu melden. In den Folgejahren unterschied sich jedoch die Anzahl der Todesverdachtsmeldungen mit 15 im Jahr 2019 und 16 im Jahr 2020 kaum von den Jahren zuvor (2017: 11 Meldungen, 2018: 12 Meldungen). So kann man schlussfolgern, dass die überwiegende Mehrzahl der Todesverdachtsmeldungen nach Impfung nach wie vor von Ärzten stammt.

Aus diesen Gründen geht man davon aus, dass die Dunkelziffer bei der Meldung von schweren Impfnebenwirkungen inklusiver Todesfallmeldungen mindestens beim Fünffachen liegen dürfte. Hierfür spricht auch die erhebliche Diskrepanz zwischen der Melderate für Impfnebenwirkungen in den Niederlanden und Dänemark, die gemessen an der Anzahl der Impfdosen etwa viermal mehr Verdachtsfälle aufweisen als hierzulande.

Impfung als einziger Weg aus dem Corona-Dilemma?

Die Politik, das wissenschaftliche und gesellschaftliche Establishment und die Medien haben sich auf einen bestimmten „Weg aus der Pandemie“ eingeschossen: die Impfung. „Der einzige realistische Weg raus der Pandemie ist das Impfen. Das ist der Wissensstand von heute. Das Risiko einer Impfung ist viel, viel geringer als das Risiko einer Coronainfektion. Auch das ist keine Meinung: Das ist die aktuelle wissenschaftliche Erkenntnis“, so die Einleitung von Markus Niehaves in seiner WISO-Sendung am 22. November 2021.

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Um zu sehen, was uns selbst bei einer Impfquote nahe an die 100 Prozent erwartet, genügt ein Blick nach Gibraltar (Impfquote 115 Prozent, einige spanische Pendler werden dazugezählt) oder auf die irische Stadt Waterford (Impfquote 99 Prozent), die derzeit mit Inzidenzen von über 1.000 zu tun haben. Diese hohen Inzidenzen sind keine statistischen Anomalien von kleinen Territorien: Ganz Irland mit seinen fünf Millionen Einwohnern und einer Impfquote von etwa 94 Prozent zeigt derzeit eine Inzidenz von etwa 850 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Tag. Der „einzige“ Weg kann also die Impfung kaum sein. Ein neuer Vergleich zwischen Impfquote und Coronainzidenz in 68 Ländern zeigt sogar eine leicht positive Korrelation: Je mehr geimpft wurde, desto mehr Covid-Fälle. Neulich prophezeite Gesundheitsminister Jens Spahn, dass am Ende dieses Winters jeder wahrscheinlich „geimpft, genesen oder gestorben“ sein wird. Die wichtigste und größte Kategorie hat er wohl vergessen: „geimpft – und trotzdem genesen oder gestorben“.

Auch die Frage nach dem „viel, viel geringeren Risiko“ der Impfung verglichen mit dem Risiko einer Coronainfektion lässt sich nicht pauschal beantworten, hängt dies doch vom Alter und Gesundheitszustand des Impfkandidaten ab. Von den etwa 42 Millionen Menschen in Deutschland unter 35 Jahren sind bis jetzt 281 Todesfälle „an oder mit“ Corona gemeldet worden. Dies entspricht einem Todesfall auf 150.000 Personen. Bei den 29 Millionen Menschen über 60 Jahre wurden 95.000 Todesfälle „an oder mit“ Corona gemeldet, sprich ein Todesfall pro 305 Personen. Somit ist das Risiko der über 60-Jährigen, an oder mit Corona zu sterben, fast 500-mal größer als bei einer Person unter 35 Jahren. Dass diese enorme Spanne an Risiko in die Impfentscheidung einfließen sollte, galt bisher als medizinische Selbstverständlichkeit. Dass sie von den öffentlich-rechtlichen Medien systematisch ausgeblendet wird, ist kaum zu verstehen.

Andere Strategien

Die derzeitige Situation in Deutschland und die Erfahrung aus dem Ausland zeigen, dass die Impfung nicht der alleinige Weg aus dem Dilemma sein kann, selbst bei Erreichung einer Impfquote von annähernd 100 Prozent. Vielmehr sehen wir uns trotz Impfung mit explodierenden Zahlen konfrontiert. Die Übersterblichkeit bzw. beunruhigende Erhöhung der Gesamtmortalität um etwa 10 Prozent in den letzten Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, und die nicht durch die Corona-Sterblichkeit erklärt werden kann, ist auch kein gutes Signal.

Therapie statt Impfung
Pandemie-Bekämpfung für Fortgeschrittene
Es fällt auf, dass die Intensität, mit der die Impfung behandelt wird, von einem gleich starken Desinteresse an therapeutischen Konzepten zur Behandlung der Corona-Infektion besonders in der frühen Phase, bevor Komplikationen auftreten, begleitet wird. Dabei existieren vielversprechende Ansätze. Hier sind insbesondere die neuen antiviralen Medikamente sowie vor allem monoklonale Antikörper zu erwähnen. Auch andere medikamentöse Ansätze, die dem Vernehmen nach im Ausland mit gutem Erfolg angewendet wurden, verdienen es, in ausreichend großen, stringent durchgeführten Doppelblind-Studien in Deutschland und Europa vorurteilsfrei untersucht zu werden. Hier gilt es, möglichst viele Patienten schnell und intensiv zu Hause zu behandeln, um eine Hospitalisierung möglichst zu vermeiden. Denn auch nach zwei Jahren ist der Erfolg bei der Behandlung von schwerkranken Corona-Patienten bestenfalls mäßig: Weiterhin versterben etwa vier von zehn beatmeten Covid-Patienten.

Zudem sollten wir unsere begrenzten finanziellen und vor allem personellen Ressourcen auf den Schutz der vulnerablen Gruppen in unserer Gesellschaft, vor allem älteren Menschen in Wohneinrichtungen, konzentrieren, anstatt sie in einer aktionistischen Breitbandstrategie zu vergeuden. Schließlich müssen wir unseren Fokus nicht nur auf die engen, in vielen Fällen willkürlichen Indikatoren richten, sondern vielmehr versuchen, alle Auswirkungen unserer Handlungen in Betracht zu ziehen. Ein auf Gottfried Benn zurückzuführender Spruch besagt, dass „gut gemeint das Gegenteil von gut“ ist. In diesen Tagen gilt es, diese Weisheit erneut zu verinnerlichen.


Prof. Dr. med. Paul Cullen wurde 1960 in Dublin geboren und studierte Humanmedizin am University College Dublin. Es folgten Stationen in Dublin, Hannover, Münster und London, wo er am King‘s College ein Studium der Biochemie absolvierte. Cullen ist Internist, Labormediziner und Molekularbiologe. Derzeit leitet er ein großes medizinisches Labor in Münster in Westfalen und ist außerplanmäßiger Professor für Laboratoriumsmedizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität. Am 4. November 2021 veröffentlichte er zusammen mit anderen Ärzten und Wissenschaftlern „Zehn Thesen zum rationalen und humanen Umgang mit Corona“ in der Wochenzeitung „Die Tagespost“.

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