Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, der allgegenwärtige Aiman Mazyek, der 300 Moschee-Gemeinden mit 20.000 Mitgliedern, d.h. 0,5 Prozent der Muslime in Deutschland vertritt, sagte dem Tagesspiegel schon Ende August letzten Jahres, dass mindestens 80 Prozent der 2015 erwarteten 800.000 Flüchtlinge Muslime sein würden. Mazyek fügte hinzu: „Schon jetzt haben wir Moschee-Gemeinden, die sich wegen der Flüchtlinge innerhalb eines Monats verdoppelt haben.“
Gehört der Islam zu Deutschland? Antwort eines Islamkritikers
Nun soll aber ja nach Ansagen von höchster Stelle der Islam zu Deutschland gehören. Die Kanzlerin hatte das Anfang des Jahres noch einmal bekräftigt. Der bekannte Politologe Hamed Abdel-Samad hat dazu eine deutliche Meinung, die er in einem offenen Brief vom 13.1.2015 formulierte. Hier ein Auszug:
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
Sie sind die Bundeskanzlerin aller Menschen, die in Deutschland leben, und somit selbstverständlich auch die Kanzlerin der Muslime. Das ermächtigt Sie aber nicht dazu zu behaupten, der Islam gehöre zu Deutschland. Es ist nicht die Aufgabe eines Politikers, eine Religion zu rehabilitieren oder zu bewerten. Politiker sind für die Menschen da, nicht für die Ideologien dieser Menschen. Bevor Sie diese Behauptung in die Welt setzen, sind Sie verpflichtet, den Bürgern dieses Landes zu erklären, was der Islam ist!
Gehört die Aufteilung der Welt in Gläubige und Ungläubige auch zu Deutschland? Was ist mit Dschihad? Was ist mit Polygamie? Was ist mit der Todesstrafe für Apostaten? Was ist mit Körperstrafen für Diebe und Ehebrecher und Alkoholtrinker? Was ist mit Frauenrechten, die im Islam kaum vorhanden sind? Was ist mit Sklaverei, die im Islam nicht verboten ist? Was ist mit dem Recht der Kinder, angstfrei erzogen zu werden und nicht mit der Drohung mit Höllenqual aufzuwachsen?
Entweder wissen Sie nicht, dass all das auch zum Islam gehört, dann sind Sie nicht qualifiziert, dieses Urteil zu fällen. Oder Sie wissen Bescheid und täuschen die Bürger dieses Landes, um weiterhin Saudi Arabien Panzer zu verkaufen und den türkischen Handelspartner nicht zu verärgern!
Relativieren – eine weit verbreitete Taktik der Apologeten
Alle wissen das, haben es immer wieder gehört, aber sie scheinen es zu überhören, sehen nicht die Zeichen an der Wand. Politiker und Talkshow-Teilnehmer gefallen sich eher darin, in Diskussionen mit Muslimen besser über deren Sozialisation Bescheid zu wissen als diese selbst. Relativierungen sind dabei eine sich wie das Amen in der Kirche wiederholende Taktik. Hier nur einige Beispiele:
„Der IS – das sind Fehlgeleitete. Das hat mit der Religion nichts zu tun. Das steht im Widerspruch zum Geist des Islam. Es gibt nicht den einen Islam. Der Islam ist so vielfältig. Radikalisierung geschieht nicht nur im Islam. Das gibt es auch in anderen Religionen. Muslime sind in unserer Gesellschaft Opfer von Ausgrenzung und Diskriminierung. In Russland gibt es auch Menschen, die gegen Schwule sind. Das Christentum hat auch Gewalttaten begangen. Denken Sie an die Kreuzzüge! Das ist mir alles zu heikel.“ Und als Krönung: „Das ist rassistisch.“ Solche Relativierungen sind Totschlagargumente, die die Debatte dann oft sofort beenden, oder sie artet in ein endloses und sinnloses Hick-Hack aus. Ein Diskurs ist dann jedenfalls nicht mehr denkbar.
Die Rolle der Islamverbände in Deutschland
Der unter Polizeischutz stehende Islamkritiker Hamed Abdel-Samad ist allergisch gegen solche Relativierungen, und er und seine zahlreichen Mitstreiter, z.B. der Psychologe Ahmad Mansour, verwahren sich aufs Heftigste dagegen, in eine Opferrolle gedrängt zu werden, wie es unter dem Stichwort „Ausgrenzung“ immer wieder geschieht. Wer Opfer ist, ist nicht gleichberechtigt und sieht sich nicht aufgefordert, etwas zu ändern, sagen sie. Sie bestehen auf Eigenverantwortung; sie wollen nicht beschützt werden, sondern sich auseinandersetzen und Kritik aushalten.
„Der Staat propagiert zwar Emanzipation, Gleichberechtigung und Freiheitssinn, wenn es um die Integrationsdebatte geht, handelt aber oft gegen diese Werte, wenn er ausgerechnet die konservativsten Kräfte innerhalb des Islam als Gesprächspartner sucht. Die Islamverbände, die jahrzehntelang durch ihre rückwärtsgewandte Theologie Parallelgesellschaften etabliert oder zumindest gefestigt haben, sollen nun bei der Integration von Neuzugewanderten an vorderster Front mitwirken. Einmal mehr wird die Integrationsdebatte islamisiert. Die Verbände sollen dabei sogar mit staatlichen Geldern massiv unterstützt werden. Also, die konservativen Kräfte, die eher für Tradition, Bevormundung und Geschlechter-Apartheid stehen, sollen plötzlich den Flüchtlingen erklären, wie Gleichberechtigung und Emanzipation funktionieren? Ist das nicht verrückt?“ (Ein Araber und ein Deutscher müssen reden. Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2016)
Die stockkonservativen Verbände vertreten nur 20 Prozent der Gläubigen, ergänzt Abdel-Samad. Der Staat solle sich lieber auf junge liberale Muslime verlassen, die den Prozess der schmerzhaften Ablösung schon durchgemacht hätten und hier „angekommen“ seien; die sich in die Lage und in die Gefühlswelten der Neuankömmlinge versetzen und sie begleiten könnten. Ahmad Mansour ist so ein Berater. Er ist seit 2007 Gruppenleiter bei HEROES, einem Projekt „gegen Unterdrückung im Namen der Ehre und für Gleichberechtigung“.
Ist der Islam reformierbar?
Aber ist der Islam überhaupt reformierbar? Das ist die große Frage. Ist er reformierbar, wenn Allah und seine Worte zeitlos sind und nicht relativierbar? Allah ist der Schöpfer. Die Scharia enthält seine Gebote. Unterwerfung unter die Gebote des Allmächtigen ist das größte Glück. Und – Schluss! Patriarchalische Strukturen, Angst als Mittel der Machtausübung. Abweichung bedeutet Abfall vom Glauben. Bedeutet Strafe, bedeutet die Hölle. Das lernen sie von Geburt an. In diesem Glauben mit seinen allgegenwärtigen Regeln und Ritualen leben und lieben sie. Zorn ist ein legitimes Mittel zur Verteidigung der Ehre. Ungläubige werden ausgegrenzt. Hass auf Juden sei Teil seiner Kindheit und Jugend gewesen, sagt Ahmad Mansour. Die Menschen muslimischen Glaubens sind die Auserwählten, die Männer, die alles richtig machen, die Gottes Weltordnung verwirklichen.
Der Ex-Salafist Dominik Schmitz erzählt, dass er an die Inhalte des Koran – Hölle und Paradies mit den 72 Jungfrauen – wortwörtlich geglaubt hat. Das gilt für die Salafisten, für die männerdominierten Islamverbände, für alle orthodoxen Muslime. Und die Mehrheit der ins Land kommenden Muslime sind Männer, die den Koran im Gepäck führen. Keine so guten Aussichten für die Rechte der Frauen. Keine so guten Aussichten zu erwarten, dass sie sich in eine Kultur integrieren, deren Werte so ganz anders sind. Deren Wege, Konflikte durch Kommunikation und Kompromisse zu lösen, sie als Schwäche verstehen. Wir würden das – umgekehrt – auch nicht wollen.
Wege für eine Verständigung zwischen den unterschiedlichen Wertevorstellungen
Die Mehrheit der Deutschen – so scheint es – wollen die Risiken einer Einwanderung einer so andersartigen Werteordnung nicht wahr haben, haben keine Lust, sich damit zu beschäftigen, können sich das nicht vorstellen oder begnügen sich mit der verbreiteten Meinung, dass der Islam eine Bereicherung für unsere Kultur sei. Dabei wäre es so wichtig, mehr über die Sozialisation der zu uns Kommenden zu wissen. Hamed Abdel-Samad ist immer wieder in Talkshows aufgetreten, hat Bücher veröffentlicht, Interviews gegeben und Artikel geschrieben. Hat er mit seinen Ideen Gehör gefunden, eine Veränderung erreicht? Hat man ihn als Berater hinzugezogen? Helmut Schmidt hat ihn zu sich nach Hause eingeladen. Das war einmal. Die deutsche Besserwisserei greift vermehrt um sich. Warum nicht zur Abwechslung mal auf die hören, die sich auskennen! Die unsere traditionellen Werte, die sie hier so schätzen gelernt haben, weiter tragen möchten?
Glauben wir selber nicht mehr genug an diese einst so hart erkämpften Werte der Aufklärung, der Religionsfreiheit, des säkularen Staates, der Frauenrechte, der Solidargemeinschaft, der Eigenverantwortung, um sie zu verteidigen? Haben wir uns schon so sehr an sie gewöhnt, dass wir nicht bemerken, dass nicht alle sie teilen? Sind sie uns im letzten Jahrhundert der Kriege, der Massenmörder, der Herrschaft der Ideologien, der Zerstörung von Kulturgütern, die heute nur noch in den Händen des Kapitals liegen, abhanden gekommen? Sind wir dabei, keine eigene Meinung mehr zu haben und uns zu unterwerfen, wie es Michel Houellebecq in seinem letzten Buch beschreibt? (Michel Houellebecq, Unterwerfung, Dumont-Verlag, 2015)
Die Regierung setzt weiter unbeirrt auf die Islamverbände als „Integrationslotsen“. „Die Verbände werden Tendenzen zu einer antisäkularen, letztlich antidemokratisch-islamisch-fundamentalistischen Orientierung unter Teilen der Neueinwanderer nicht aktiv entgegentreten, sondern sie im Gegenteil unterstützen“, warnt Ali Ertan Toprak, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland.
Doch Einwände interessieren nicht. Als Vera Lengsfeld der Kanzlerin am 3. Oktober 2015 in Frankfurt bei der zentralen Einheitsfeier das Buch „Scharia in Deutschland“ von Sabatina James überreichte, „lächelte sie gequält und sagte nach einem kurzen Blick auf den Titel: „Das wollen wir in Deutschland nicht.“ Für die Durchführung ihrer obskuren Pläne – die verbissene Durchsetzung der Einheit Europas zur Lösung der Flüchtlingsfrage mit Hilfe der Türkei – oder was auch immer sie plant – ist ihr jedes Mittel Recht.
Ingrid Ansari, war Dozentin am Goethe-Institut