Endlich eine gute Nachricht, so oder so. Denn auch, wenn die Mehrheit der Koalitionsparteien den Untersuchungsausschuss, der Olaf Scholz’ Gebaren als Bürgermeister der Stadt Hamburg aufklären soll, ins Leere laufen lässt, werden wir um eine Erfahrung reicher sein. Wir werden wissen, was wir bisher nur geahnt haben: dass die Unfähigkeit, sich zu erinnern, von der Bekleidung hoher und höchster Ämter nicht ausschließt, dass sie im Gegenteil Bedingung dafür ist, im Amt zu bleiben.
Der Blackout, auf den sich Helmut Kohl seinerzeit berufen hatte, um die Herkunft seiner Mittel zu verschleiern, kann nicht viel länger als ein paar Minuten gedauert haben; bei Scholz hält er ganze Jahre an. Er erinnert sich ans Datum, sogar ans Thema, aber nicht an das, was da besprochen worden ist, zu welchem Zweck und mit was für Folgen. Ein Kanzler, der darauf besteht, von nichts zu wissen, den hatten wir noch nie.
Bei Frau Faeser fällt die Antwort leichter. Sie ist Innenminister:in, also zuständig für die Sicherheit im Lande. Als solche nimmt sie sich ein Beispiel an Otto Schily, einem ihrer Amtsvorgänger, der sich gern mit Polizeihelm und schlagbereit erhobenem Knüppel fotografieren ließ. Härte will sie zeigen, Härte gegen Rechts. Wie alle Parteileute unterteilt sie das Volk in Linke und Rechte, in Opfer und Täter, und lädt die einen dazu ein, unter ihrer Führung Jagd auf die anderen zu machen.
Opfer zu finden, ist nicht schwer, seitdem der Opfer-Status Aufmerksamkeit, Anerkennung und Entschädigungsansprüche mit sich bringt, sind sie im Überfluss vorhanden. Frauen sind Opfer, Fremde sind Opfer, Rentner sind Opfer, und seit die LGBTQ-Gemeinde das Bundesfamilien-Ministerium erobert hat, kommen fast täglich neue Opfergruppen hinzu. Mit den Klimaflüchtlingen steht schon das nächste Opfer-Kollektiv bereit. Wenn es erst da ist und die Hand aufhält, wird die Ampel-Koalition über eine Mehrheit von Opfern gebieten, die ihr die Macht auf Dauer garantiert.
Der Truppe fehlt der Regisseur, der das Stück kennt und weiß, was er draus machen will. Weil es den nicht gibt, liegt die Regie bei einem Kollektiv, dem Koalitionsausschuss. Der sucht nach Kompromissen, die es gelegentlich auch gibt, doch immer nur auf Zeit. Das letzte Mal tagte er an die fünfzig Stunden, unterbrochen von einem Kurzausflug nach Holland, von wo er eilends nach Berlin zurückkehrte, um dort weiter zu tagen. Zustande brachte er dann aber nicht viel mehr als eine Presseerklärung, die von den Hauptdarstellern unterschiedlich interpretiert worden ist.
Die wahren Feinde des Volkes sitzen in der Regierung, hatte der Kölner Ordinarius Günter Schmölders, zuständig für Volks- und Finanzwirtschaft, zu einer Zeit behauptet, als die Regierung noch in Bonn saß und mit Millionen, nicht schon mit Milliarden um sich warf wie heute üblich. Damals gab es noch eine Opposition, die als Regierung von morgen jederzeit zur Ablösung bereitstand; inzwischen gibt es sie nur noch dem Namen nach. Die CDU will es nicht anders, also auch nicht besser machen als die Ampel, obwohl das doch so leicht wäre. Frau Merkel hat ihr die Zähne gezogen, und die sind nicht mehr nachgewachsen. Deswegen steht die deutsche Politik immer noch so da, wie sie Frau Merkel hinterlassen hatte, ohne Alternative.