Vor fast vierzig Jahren ging im Kaiser-Wilhelm-Koog im südlichen Dithmarschen an der Nordsee der erste deutsche Wind-„park“ in Betrieb. „Ständigen Wind von vorn“, wünschte sich der damalige schleswig-holsteinische Ministerpräsident Uwe Barschel (CDU) am 24. August 1987 bei der Inbetriebnahme, der später selbst mächtig „Wind von vorn“ bekam und im Zuge der „Waterkantgate“-Affäre zuerst seine Ämter, dann sein Leben verlor.
Unterdessen verschandeln mehr als 30.000 Windkraftwerke die deutschen Landschaften, gefährden mit ihrem wetterabhängigen Zappelstrom die Energieversorgung eines großen Industrielandes, schreddern Millionen von Vögeln und Fledermäusen, bringen Menschen um ihre Gesundheit und für „das Klima“ wenig bis nichts, selbst wenn man davon ausgeht, dass es den „ausschließlich Menschen gemachten“ Klimawandel nicht nur ein Hirngespinst grüner Untergangspropheten ist. Und nach dem Willen der verflossenen Ampelregierung und wohl auch der nächsten, von der Union geführten Regierungskoalition soll sich die Zahl der weißen Spargel mit der roten Bauchbinde weiter kräftig vermehren und auch den Rest des Landes in „Energielandschaften“ verwandeln.
Die gesamte Energiewende wurde bisher gemäß alter Sponti-Manier durchgezogen nach dem Motto „Wir fangen erst einmal an, das wird sich dann schon alles zurechtrütteln“. Statt auf seriöser Planung basiert die Energiewende wie die andere „Wenden“ auch auf dem aleatorischen Prinzip von Trial and Error. Und das fällt dem selbst ernannten „Klimaschutz-Weltmeister“ gerade mächtig auf die Füße, wenn winterliche Dunkelflauten zu exorbitanten Strompreisen führen, die immer mehr Unternehmen in den Konkurs oder außer Landes treiben und das Risiko eines regionalen oder gar landesweiten Blackouts immer mehr erhöhen.
Oder es führt dazu, dass jüngst die Polizei bei einem Entsorgungsbetrieb in Weiden in der Oberpfalz vorstellig wurde, den Firmensitz durchsuchte und Computer, Mobiltelefone und Dokumente wie Frachtpapiere beschlagnahmte. „Es bestehe der Anfangsverdacht auf die illegale Verbringung nicht gefährlicher Abfälle ins Ausland“, erklärte ein Sprecher der Weidener Staatsanwaltschaft, wie eine Regionalzeitung berichtete. Die Aktion habe mehrere Stunden gedauert. Das Unternehmen ist unter anderem auf das Recycling von Glasfaserabfällen aus der Windkraft- und Flugzeugindustrie spezialisiert.
Die Lieferung aus Weiden sei als Kunststoffabfall deklariert und für das tschechische Unternehmen Piroplastik bestimmt gewesen, das angab, diese Abfälle verarbeiten zu wollen. Bei einer Inspektion habe sich laut Euractiv Czechia aber herausgestellt, dass es sich um bislang schwer bis überhaupt nicht wiederverwertbare Glasfaserabfälle gehandelt habe. Die Bürgermeisterin zeigte sich empört darüber, dass wohlhabendere Länder solchen Müll in ärmere Länder exportierten. Der tschechische Umweltminister Petr Hladík kündigte an, das Problem illegaler grenzüberschreitender Mülltransporte auf EU-Ebene anzugehen.
Laut der in Weiden erscheinenden Zeitung „Neuer Tag“ ist die tschechische Seite überzeugt davon, dass besagte Weidener Firma für die Verklappungsaktion verantwortlich ist. Ein Firmensprecher indes gab sich ahnungslos. „Wir sind ein innovatives Unternehmen, das sich mit dem Sekundärrohstoffmarkt befasst“. Als „zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb“ entsorge man keine Abfälle illegal. „Alles andere haben wir nicht zu verantworten.“ Nicht ausgeschlossen, dass das Unternehmen selbst betrogen wurde. Doch die genauen Zusammenhänge müssen die polizeilichen Ermittlungen zutage fördern.
Dass das Recycling ausgedienter Windradflügeln noch in den Kinderschuhen steckt, müssen selbst überzeugte Energiewender zugeben. Diese seien bislang nur schwer stofflich wiederzuverwerten, schreibt der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestag 2023 in einem Sachstandsbericht. Wobei „nur schwer“ eigentlich eine Untertreibung darstellt.
Moderne Rotorblätter bestehen aus zwei Halbschalen in Sandwichbauweise, die im Wesentlichen aus Glas- und Carbonfasern oder aus einer der beiden Fasern bestehen. Diese Fasern sind in einem Epoxidharz oder einem anderen Kunststoff eingebettet. In neueren und größeren Windkraftanlagen kommen vermehrt Carbonfasern zum Einsatz. Als Abfallbestandteile fallen damit Faserverbundstoffe aus Glas- und Carbonfasern, Epoxidharzen, Vinylharzen und weiteren Materialien an. Daneben befinden sich in den Rotorblättern in geringem Umfang Metalle wie Eisen, Kupfer, Aluminium und Blei sowie weitere Materialien für elektrische und elektronische Komponenten. Zusätzlich enthalten die Anlagenteile Schäume, Balsaholz, Beschichtungen und weitere chemische Ausrüstungen. Den größten Anteil am Gewicht der Rotoren haben die Faserverbundstoffe mit mindestens 70 Prozent.
Genaue Zahlen zur Menge ausrangierter Rotorblätter in Deutschland sind laut dem Sachstandsbericht nicht bekannt. Jedoch liegen wissenschaftliche Abschätzungen vor, die im Auftrag des Umweltbundesamtes vorgenommen wurden: In diesem Jahrzehnt sei demnach mit einem Abfallaufkommen von jährlich bis zu 20.000 Tonnen Rotorblattmaterial zu rechnen. Für die 2030er-Jahre würden bis zu 50.000 Tonnen pro Jahr vorhergesagt; bis 2040 sollen dann in Deutschland zwischen 326.000 und 430.000 Tonnen glasfaserhaltige (GFK) Abfälle aus reinen GFK-haltigen Rotorblättern in anfallen. Im gleichen Zeitraum ergibt sich zudem eine zu erwartende Abfallmenge für faserverstärkte Kunststoffe aus Rotorblättern mit GFK- sowie CFK (carbonfaserverstärkten Kunststoff)-Anteilen von 77.000 bis 212.000 Tonnen.
Schon die bloße Zerkleinerung der gigantischen Flügel ist technisch höchst anspruchsvoll. Ein Bremer Unternehmen gibt an, die Rotorblätter zu winzigen Teilchen schreddern zu können, die dann etwa in der Zementindustrie als energiereicher, siliziumhaltiger Zuschlag landen. Dies sei bislang, so der Sachstandsbericht, der einzige „etablierte Recyclingweg“, allerdings nur für glasfaserhaltige Abfälle, nicht solche mit Carbonfasern, die nicht energetisch oder thermisch verwertet werden können, weil sie die Abgasfilter von Verbrennungsanlagen verstopfen.
Nach derzeitigem Stand der Technik können CFK-Abfälle nur mittels energieintensiver Pyrolyse behandelt werden mit dem Ziel einer Rückgewinnung recycelter Carbonfasern. In Deutschland gibt es aktuell jedoch nur eine einzige Pyrolyseanlage mit einer Kapazität von etwa 1.500 Tonnen pro Jahr. Das stoffliche Recycling von Carbonfasern habe sich bisher nicht am Markt etablieren können, was wirtschaftliche und organisatorische Gründe habe, urteilt der Sachstandsbericht. So gibt es derzeit keinen Markt für recycelte Carbonfasern, da diese chemisch nicht mit der Qualität neuer Fasern vergleichbar sind.
Die bloße Deponierung solcher Abfälle und ausgedienter Rotorblättern ist seit 2005 gemäß Technischer Anleitung für Siedlungsabfälle (TASi) verboten. Insofern ist eine stoffliche oder energetische/thermische Verwertung Pflicht, es sei denn, die Anlage wird zum weiteren Betrieb ins Ausland veräußert, wie gegenwärtig oft üblich. Dann können sich die Käufer der Methusalem-Windräder mit dem Abfallproblem herumschlagen. „Altrotorblätter gelten als Herausforderung für das Recycling und ihr Verbleib ist oft ungeklärt“, schreibt das Umweltbundesamt. Abermals sehr zurückhaltend formuliert. Man könnte auch sagen, dass hier gerade ein Eldorado für die internationale Abfall-Mafia im Entstehen ist.