Tichys Einblick
Was macht die FDP noch mit?

Der ernüchternde Start der FDP in die Ampel. Ein Zwischenruf

Die FDP hat schon in den ersten Tagen an der Regierung durch ihre Corona-Kehrtwende und Haushaltstrickserei ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Wenn sie die Ampel überleben will, muss die FDP ihre grundlegenden Positionen unbedingt verteidigen. Von Gerhard Papke

FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner in der Regierungsbank im Deutschen Bundestag

IMAGO / Future Image

Es war von vornherein klar, dass die FDP in einer Koalition mit SPD und Grünen, zumal als kleinster Partner, keine wirkliche Gestaltungsmacht hat. Sie kann allenfalls bremsen und versuchen, den schlimmsten Unsinn zu verhindern. Dafür braucht es aber vor allem eins: Glaubwürdigkeit. Umso gefährlicher ist, dass die FDP ihre Glaubwürdigkeit bereits in den ersten Tagen schwer beschädigt hat.

Da war zunächst ihre Kehrtwende bei der Corona-Pandemie. Wie immer man in der Sache zu den staatlichen Maßnahmen steht, eins ist jedenfalls fatal: Wenn eine Partei wenige Wochen vor der Wahl das baldige Ende aller Corona-Restriktionen fordert, eine Impfpflicht kategorisch ausschließt und dann in der Regierung das vollständige Gegenteil von beidem betreibt.

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Die Interviews des FDP-Vorsitzenden, bei denen er mit den gleichen Textbausteinen einmal für und einmal gegen die Impfpflicht auftritt, müssen den Bürgern wie eine Volksverdummung vorkommen. Die Behauptung, die allgemeine Impfpflicht sei ja gar kein Regierungsprojekt der Ampel, sondern käme „als Gruppenantrag aus der Mitte des Bundestages“, setzt dem ganzen noch die Krone auf.

Nicht weniger gravierend ist der Sündenfall der FDP in der Haushaltspolitik. Der neue Finanzminister legt sofort nach Amtsantritt einen Nachtragshaushalt vor, mit dem 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt, die als Notreserve für Corona-Hilfen gedacht waren, für die „Klimapolitik“ umgewidmet werden sollen. Es handelt sich wohlgemerkt um 60 Milliarden Euro neue Schulden. Ob das Bundesverfassungsgericht dabei mitspielt oder nicht: Das ist nichts anderes als eine üble Haushaltstrickserei, um die Schuldenbremse des Grundgesetzes zu umgehen.

Was macht die FDP noch mit?
Noch vor wenigen Wochen hätte Christian Lindner das auch genau so bezeichnet. Jetzt macht er es selbst. Wie soll das erst werden, wenn Olaf Scholz Deutschland immer weiter in die europäische Schuldenunion treibt? Das wird er versuchen. Macht die FDP dann auch mit?

Eine solide Haushalts- und Finanzpolitik, die Position der wirtschaftlichen Vernunft, gehört zum Markenkern der FDP. Wenn sie die Ampel überleben will, muss sie diesen Markenkern eisern verteidigen. In den ersten Tagen der neuen Regierung hat sie stattdessen ihre Segel gestrichen. Ein hoffnungsvoller Start sieht anders aus.


Dr. Gerhard Papke (FDP) ist Landtagsvizepräsident NRW a.D. und Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland e.V.

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