Die Einlassung von muslimischer Seite, auch von Seiten der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, die Vorkommnisse von Köln und anderswo hätten nichts mit dem Islam zu tun, weil Muslime keinen Alkohol tränken und es streng verboten sei, Frauen zu belästigen, trägt nicht weit. Dahinter steht ein sehr enges normatives Konzept, das die Religion bei Fehlverhalten ihrer Mitglieder exkulpieren soll: Dies seien dann keine Muslime. Durch ihr Verhalten hätten sie sich als Muslime disqualifiziert. Der Islam bleibe unberührt.
Diese Sichtweise unterschlägt, dass ein strenges moralisches Regime nicht deshalb eingeführt wird, damit alle sich daran halten können, sondern damit sich ganz im Gegenteil gerade kaum jemand daran halten kann. Es ist von vornherein nahezu unerfüllbar, und eine mehr oder weniger große Anzahl der Mitglieder dieser moralischen Gemeinschaft versagt regelmäßig. Es ist ähnlich wie bei hohen Leistungsanforderungen in anderen Lebensbereichen: Sie sind nicht für alle zugänglich und auch nicht für alle gemacht. Nur gibt es hier etliche Alternativen, die erfolgversprechender sind. Der Islam bietet keine. Wer ihm den Rücken kehrt, lebt gefährlich.
Versagen und die Versagensängste sind gewollt
Das Wissen um Gut und Böse ist im Menschen bereits von der Natur angelegt. Es geht dabei um Empathie, die Anerkennung des Anderen als fühlendes Wesen, um die Sorge um sein Wohlergehen, die Vermeidung des Leidens. Dies alles geht ohne Religion. Keine Religion muss einem Menschen sagen, was gut oder schlecht ist. Häufig verwirrt sie im Gegenteil sein natürliches Empfinden, im Extremfall kann eine Religion einen Menschen verrückt machen, weil er lernt, seinen natürlichen Empfindungen nicht zu trauen, sie sogar abzutöten zu Ehren Gottes. Er wird von Religion nicht rechtgeleitet, sondern auf einen Weg geführt, von dem er immer wieder abkommen muss, weil es menschlich unmöglich ist, ihn zu gehen. Dieses Versagen und die Versagensängste sind gewollt, sie gehören zum Konzept Religion. Religion produziert absichtsvoll Versager, wie die Schule Dropouts produziert.
Zum Beispiel die Frauen. Für sie wird ein anspruchsvoller Tugendkatalog entworfen, den sie gar nicht erfüllen können. Sie sollen es auch gar nicht! Sie sollen scheitern! Dann kann man sie Schlampe nennen und sich moralisch überlegen fühlen. Man erfindet das Kopftuch für sie. Wenn sie es nicht tragen will: Schlampe! Frauen, die sich vor der Ehe mit Männern treffen, sind Schlampen und diejenigen, die sich nachts auf öffentlichen Plätzen aufhalten, sowieso. Die Frauen auf der Kölner Domplatte waren für die marodierenden Männer die Erfüllung ihrer Vorstellung vom Westen als Bordell, die umgekehrte Haremsphantasie. Der schwüle Traum des Westens vom sinnlichen Orient ist schon längst perdu.
Die Täter von Köln gelten nun auch als Versager und dürfen von ihren Glaubensgenossen getadelt werden, weil in der Tat der Islam auch von Männern die Einhaltung einiger Regeln verlangt. Diese werden in der muslimischen Realität sonst kaum sanktioniert und geraten jetzt nur deshalb in den Fokus, weil sich die Angelegenheit in aller Öffentlichkeit zugetragen hat und in einem Land, das solche Art gemeinschaftlicher Gewalt bisher nicht kannte, nicht mehr vertuscht werden konnte.
Die massive sexuelle Grenzüberschreitung unter Alkoholeinfluss ist ein Exzess von muslimischen Männern, die die Last ihrer religiösen Moral nicht mehr schultern können. Hier wird die Kehrseite einer repressiven Religion, einer autoritären Erziehung in deren Sinne und die mangelnde Ausbildung einer inneren mäßigenden, zivilisierenden Selbststeuerung augenfällig. Islamische Erziehung setzt auf äußere Zwänge und auf die Drohung von und mit Autoritäten. Für die Männer, die sich ohne Familie in einem fremden Land befinden, ist dieses Setting entfallen, und sie verlieren sogleich den Halt. Der Islam erweist sich aus sich heraus als unzulänglicher Zivilisationsfaktor, sein Verhaltenskodex ist ohne äußeren Druck nicht durchzuhalten. Von seiner rigiden Moral ist das Über-die-Stränge-schlagen programmiert, für Männer letztlich auch gewollt und einkalkuliert. Die islamische Moral ist immer noch selbstverständlich eine doppelte.
Der Verhaltenskodex des Islam versagt ohne Druck
Das Verhalten der muslimischen Männer in der Silvesternacht hat also sehr viel mit dem Islam und den Menschen, die er produziert, zu tun. Islam ist nicht nur eine Religion, sondern ein Sozialisationsfaktor und eine soziologische Tatsache. Dies ist er in weit größerem Ausmaß als das Christentum in Europa, das mit einer philosophischen, weltlichen Ethik konkurrieren muss und von dieser in die Schranken gewiesen wird. Der Islam dagegen umgreift die gesamten ethischen Vorstellungen des Muslims. Außerhalb von Islam und Scharia gibt es keine Ethik. Für den Muslim sind Islam und Scharia Synonyme für Gerechtigkeit und Freiheit, auch wenn sie schwer auf dem Einzelnen lasten.
Das Selbstbild, die Einstellung zu Frauen und Andersgläubigen, das Verhältnis von Fremdzwang und Selbstzwang, das Norbert Elias in seinem Opus magnum „Über den Prozess der Zivilisation“ für Europa erörtert, ist in muslimischen Gesellschaften durch den Islam geprägt. Aus dem Verhältnis von Fremdzwang und Selbstzwang ergibt sich auch das Verhältnis zur Gewalt. Je wirksamer der Selbstzwang, desto geringer ist die Bereitschaft zur Gewaltanwendung, vor allem gegen Schwächere.
Je größer das Machtgefälle, desto weniger nötig haben es die Überlegenen, sich selbst Zwang anzutun. In der europäischen feudalen Vergangenheit war es gang und gebe, dass der Herr seinen Knecht verprügelte. Die Dienerschaft bei Hofe war Requisite und wurde kaum wahrgenommen. Man hatte vor ihnen so wenig Scham wie heute vor einem Hund im Haus.
Die zunehmende Arbeitsteilung im Wirtschaftsprozess und die im Laufe der Zeit enger werdenden Verflechtungen und gegenseitigen Abhängigkeiten verringerten das Machtgefälle und erzwangen die Beachtung auch gegenläufiger Interessen. Im persönlichen Umgang wurde immer mehr Rücksichtnahme erforderlich. Auch der Mächtige musste sich mäßigen.
Gewalt verschwand zwar nicht, das wird sie wohl nie, aber sie wurde immer stärker sanktioniert, zuletzt auch Gewalt gegen Kinder, die lange Gewohnheitsrecht war. Gewalt gegen Frauen ist ständiges Thema westlicher Gesellschaften, was einerseits zeigt, dass sie immer noch virulent ist, aber auch, dass sie aufmerksam beobachtet und keinesfalls als unumgänglich hingenommen wird.
In muslimischen Gesellschaften ist Gewalt gegen Frauen weitgehend tabuisiert und privat, das Züchtigungsrecht des Ehemannes ist religiös legitimiert. In islamistischen Regimes ist Gewalt gegen Frauen Staatsziel. Frauen können in der Öffentlichkeit von der Sittenpolizei oder vom gewöhnlichen Mann auf der Straße angegangen werden, wenn sie gegen die Bekleidungsvorschriften verstoßen. Nach verbreiteter Auffassung kann sie vergewaltigt werden, wenn sie kein Kopftuch trägt. Wer sich nicht auf diese Weise „schützt“, ist Freiwild. Nicht der Vergewaltiger ist schuldig, sondern die Frau, die sich nicht dagegen „schützt“.
Aufgeklärte Muslime sind Feindbild des Islams
Ebenfalls religiös legitimiert ist eine verächtliche Haltung gegenüber Andersgläubigen. Aus religiöser Sicht hält man es ausdrücklich nicht für nötig, Andersgläubigen von gleich zu gleich zu begegnen, dafür ist die Überlegenheit des Muslims zu groß. Dass viele Muslime dies trotzdem tun, spricht dafür, dass sie zivilisierter sind als ihre Tradition. Die meisten Muslime sind einfach von Natur aus gütig. Es steht zu hoffen, dass ihnen deshalb nicht ihr Muslim-Sein von anderen Muslimen abgesprochen wird! (Dies ist aber gerade die Vorgehensweise der Islamisten.)
Der Islam hat ganz offiziell und unverbrämt eine Innen- und eine Außenmoral (Max Weber, Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, S. 81) Diese doppelte islamische Ethik ist in Sure 48:29 ausgeführt: „Mohammed ist der Gesandte Gottes. Und diejenigen, die mit ihm (gläubig) sind, sind den Ungläubigen gegenüber heftig, unter sich aber mitfühlend.“ Die fragwürdige Übersetzung (von Rudi Paret) des ersten Satzes dieses Verses ist hier nicht Thema. Es geht um die Kernaussage: Islam ist Gruppen-Denken und -Handeln. Indem der Islam nur Muslime als religiös und politisch vollwertig anerkennt, teilt er die Menschheit ein in die Eigengruppe und die Anderen, die minderwertig sind. Nichtmuslime gehen den Muslim prinzipiell nichts an. Zur Entwicklung einer universellen, mitfühlenden Ethik trägt der Koran so nichts bei. Der Islam fällt damit noch hinter antike universalistische Konzepte der Menschenwürde zurück.
Das Herz des Islams ist Macht. Diese Macht kann und muss sogar mit Gewalt erobert und gefestigt werden. Islam begründet auch Gewaltherrschaft, Sklaverei und grausame Bestrafung. Er tradiert ethische Standards einer vergangenen, überwundenen Epoche. Diese Dinge haben zivilisierte Gesellschaften abgeschafft. Neu islamisierte Staaten führen sie wieder ein. Damit führen sie den Islam auf seinen Kern zurück.
In im Verhältnis zu den kriegerischen und terroristischen Akten der Dschihadisten sehr kleinem Maßstab haben die Angreifer von Köln ihre ganze Verachtung und Hass auf den Westen, aber auch ihren Neid und ihre Verführbarkeit durch dessen Reize, die sie genauso fürchten wie ersehnen, offenbart. Sie haben sich als stark, überlegen und rücksichtslos gezeigt, wenn auch nur gegen Schwächere und auch nur im Schutz der Gruppe und auch nur beflügelt vom Alkohol.
Die Kultur, der sie entstammen, konnte und brauchte ihnen offensichtlich nicht die nötige Selbstbeherrschung im Umgang mit Frauen (und mit Alkohol) zu vermitteln. Wenn weiterhin in großer Zahl Menschen nach Deutschland kommen, die Zivilität für Schwäche halten, die auszunutzen ist, und die massiven äußeren Sanktionsdruck benötigen, um die einfachsten westlichen zivilisatorischen Standards einzuhalten, wird sich dies auf das Alltagsleben aller sehr ungünstig auswirken. Deutschland ist dann auf dem Weg von einer Vertrauenskultur zu einer Misstrauenskultur.
Gastautorin Barbara Köster hat Soziologie und Politikwissenschaften studiert.