Seit Ausbruch der noch immer unbewältigten Finanzkrise vor 10 Jahren scheinen die Rollen klar verteilt. Die Heroen in den Finanzministerien und Zentralbanken geben den Supermann und Weltenretter, wahlweise den Super-Mario. Die Bankaufsicht spielt den Knecht Ruprecht zur Züchtigung aller großen und kleinen Kinder, die nicht brav genug waren, den Dreck unter ihren Fingernägeln rechtzeitig abzuputzen oder es dann wenigstens in einem 700-Seiten Report zu melden. Und die Banken dürfen im Büßergewand Demut üben und in vorauseilendem Gehorsam Ergebenheitsadressen an die ersten beiden schicken.
Eine besondere Rolle spielt dabei die von der EU und der Eurozone ins Leben gerufene Bankenunion, deren Institutionen SSM (Single Supervisory Mechanism, die der EZB angegliederte Aufsicht über die 126 größten Banken in Europa) und EBA (European Banking Authority, in London ansässige Behörde zur Beaufsichtigung der Banken in der EU einschließlich der Eurozone) uns ein Musterbeispiel dafür bieten, wie man es auf keinen Fall machen darf, wenn man es als Kernaufgabe der Aufsicht ansieht, systemische Risiken von der Kreditwirtschaft und damit von Europas Wirtschaft fernzuhalten.
Diese beiden im Tandem dilettierenden bürokratischen Epizentren haben ganz offensichtlich das Konzept der Disruption, oder altdeutsch der schöpferischen Zerstörung nicht begriffen. In einer freien Marktwirtschaft dient diese Disruption, wie es sich seit dem Ausbruch der Digitalisierungswelle auch in den letzten Big Brother Container herumgesprochen hat, der Erneuerung alter Industrien durch neue Geschäftsmodelle als Basis von Fortschritt und Wachstum. Das ist aber nicht die Art von Disruption, die unseren kontinentalen Aufsehern vorschwebt. Ihre Zerstörung ist nicht schöpferisch, dafür umso gründlicher bei der Untergrabung der Erfolgs- und Funktionsvoraussetzungen unseres Finanzwesens.
Sie sehen: Wir haben nicht nur die Geldpolitik, sondern auch die Bankenunion und die Europäische Aufsicht und damit die Kontrolle des Kreditwesens, der Hauptschlagader unserer Volkswirtschaft, mehr oder weniger tutto completto ins Römische Reich ausgelagert.
Albert Einstein, den die meisten Menschen zu Recht für einen sehr klugen Mann halten, sagte einmal: „Die Definition von Wahnsinn ist es, immer wieder das gleiche zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten.“ Das Bemühen von SSM und EBA um ihre Charakterisierung nach diesem Merkmal lässt sich an den Stresstests am schönsten demonstrieren.
Dann kam die Gründung des SSM in der EZB und man war der Auffassung, dass es anlässlich dieser bürokratischen Sturzgeburt eines weiteren Stresstests bedarf, weil man ja – sogar verständlich – angeblich wissen wollte, worauf man sich da als EZB einlässt. Alleine die Durchführung des dritten Stresstests war ein lautstarkes Misstrauensvotum gegen die bisherigen Ergebnisse, die die EBA zu verantworten hatte.
Logisch wäre es daher gewesen, sich erst mal Gedanken darüber zu machen, wie es besser geht. Stattdessen hat man nicht nur wieder auf die schon zwei Mal gescheiterte Methodik zurückgegriffen, man hat auch noch der EBA die „methodische Führung“ überlassen. Dann hat man die ganze Übung durch eine Vervielfachung der erhobenen Daten zu Sachverhalten, die mit dem eigentlichen Stresstest gar nichts zu tun hatten, und durch die Schaffung eines sinnlosen Datenfriedhofs, ja nachgerade einer Datenmüllhalde, überdreht in dem Glauben „Viel hilft viel“.
Getretener Quark wird breit, nicht stark!
Die Alternative, sich Verfahren und Methoden anzuschaffen, die analog den internen Ratings der Banken einen Vergleich des Risikos der Institute untereinander ermöglicht hätten, hat man damals nicht in Betracht gezogen und tut es bis heute nicht. Das Ergebnis: Weder EZB, noch EBA oder SSM verfügen über Verfahren und Instrumente des Kreditrisikomanagements, wie sie jede Bank auf der Welt heute rechtlich vorgeschrieben bekommt. Es wäre daher für die Minions dieser Behörden selbst dann nicht möglich, solche Stresstests korrekt durchzuführen, wenn Einstein persönlich dort assistiert von Isaac Newton arbeiten würde.
Das Ergebnis war entsprechend. Am Ende des 1,5 Mrd. Euro teuren dritten Stresstests verkündeten EZB und EBA, dass zwar 25 Banken nicht so ganz toll abgeschnitten hätten, dass aber die gesamte Kapitallücke dieser 25 nicht mehr als 10 Mrd. Euro betrage und das man sich um die Stopfung dieser Lücke schon gekümmert habe. Die Marktteilnehmer haben gelesen, gelacht, gelocht.
Die vier großen Banken im schönen Griechenland, die ein Kreditvolumen von 210 Mrd. Euro hatten und schlechte Kredite (sogenannte „Non-performing Loans“), bei denen Zins und Tilgung schon lange nicht mehr geleistet wurden in Höhe von über 100 Mrd. Euro, haben den Stresstest bestanden. Das, obwohl der absehbare Verlust von bis zu 100 Mrd. Euro nur durch ein Eigenkapital von 26 Mrd. Euro gedeckt war, wovon 17 Mrd. aus Steuergutschriften beim griechischen Staat bestand.
Seitdem sind zwei Jahre und ein weiterer gestümperter Stresstest vergangen und in der Zwischenzeit sind damals attestierte gesunde Banken in Italien gekippt wie die Fliegen und werden das – nicht nur dort – auch weiterhin tun. Und was tut Herr Enria in dieser Situation? Er gibt Interviews und räumt ein, was nicht mehr zu leugnen ist, weil sogar der Internationale Währungsfonds IWF es schon veröffentlicht hat, nämlich dass bereits heute mindestens 1.000 Mrd. Euro schlechter Kredite im Bankensystem der Eurozone vor sich hin rotten, ohne ordentlich verbucht worden zu sein.
Da es die Nullzinspolitik der EZB ist, die die größten Verwüstungen bei Ertragskraft und Bilanzqualität der Banken anrichtet, kann man daraus eigentlich nur folgern, dass der Sinn der Stresstests nicht die Transparenz war, sondern die Vernebelung des von der Geldpolitik zu verantwortenden Desasters.
Das sagt der Mann wohl, ohne rot zu werden, um im gleichen Halbsatz hinterherzuschieben, dass in dieser Europäischen Bad Bank natürlich jedes Land für die Kredite seiner Banken selbst hafte, also eine Vergemeinschaftung und somit Überwälzung auf Deutschland und Holland auf keinen Fall geplant sei. Da fragt sich, wofür man dann eine Europäische Einrichtung braucht? Damit noch mehr Bürokraten darin herumdilettieren können? Oder weil man nur so Hintertürchen dafür bauen kann, die das Risiko und seine Kosten am Ende doch überwälzen? Einmal dürfen Sie raten!
Fast überflüssig zu erwähnen, dass Herr Schulz die Bankenunion toll findet und ausbauen möchte. Aber nur fast.
Und so gilt auch hier: Bankenunion abwickeln und Bürokraten nach Hause schicken. MEGA. Make Europe Great Again!