Tichys Einblick
Sylvia Pantel, CDU-MdB

Die „Bundesstiftung Gleichstellung“ ist teuer, ideologisch und unnötig

Mit der geplanten „Bundesstiftung Gleichstellung“ würde der Bundestag eine Kompetenz aus den Händen geben – an eine linksgrüne Vorfeldorganisation. Der Stiftungsauftrag „Gleichstellung“ entspricht nicht dem Verfassungsauftrag „Gleichberechtigung“. Von Sylvia Pantel, MdB

IMAGO / Futuremedia u Panthermedia

Die Bundesregierung hat die Gründung der „Bundesstiftung Gleichstellung“ im Kabinett beschlossen. Heute wird der Gesetzentwurf erstmals im Deutschen Bundestag beraten. Die Stiftung soll die Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland fördern. Dafür sollen Konzepte für „gelingende Gleichstellung“ erarbeitet, staatliche Behörden und Wirtschaftsunternehmen beraten und „Expertise“ umfassend bereitgestellt werden. Die Kosten des Projekts belaufen sich in 2021 auf 3,2 Millionen Euro. Darüber hinaus sollen 33 Personalstellen geschaffen werden. Für die Jahre 2022 bis 2024 sind weitere 5,2 Millionen Euro pro Jahr geplant, Insgesamt also 18,8 Millionen Euro, die in dreieinhalb Jahren „investiert“ werden. 

Die übliche Begriffsverwirrung – Gleichstellung statt Gleichberechtigung

Doch wofür eigentlich? Klar, Gleichstellung ist bereits genannt und ein gängiger Platzhalter in der politischen Debatte geworden. Das konsequente Ignorieren einer semantischen Feinheit macht hier aber den Unterschied aus. 

In Artikel 3 Grundgesetz heißt es: „(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ 

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Eine „Stiftung Gleichberechtigung“ wäre eventuell zustimmungsfähig. Diese fiktive Stiftung steht jedoch nicht zur Debatte. Stattdessen geht es um Gleichstellung. Die Begriffsverwirrung unterschlägt, dass es sich bei Gleichberechtigung um die Gewährleistung derselben Rechte für jeden handelt (Artikel 3 Grundgesetz: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“). Gleichstellung bedeutet hingegen Ergebnisgleichheit, und das ist explizit nicht der Auftrag, den das Grundgesetz an die Regierung stellt.
Eigentor „Stiftungsrat“ – Gemeinsam mit der Linkspartei können Mehrheiten organisiert werden

Der Stiftungsrat soll folgendermaßen besetzt sein: Zehn Plätze werden proportional an die im Bundestag vertretenen Fraktionen vergeben. Hinzu kommt die jeweilige Familienministerin, welche ein Vetorecht in Personal- und Haushaltsangelegenheiten innehaben soll. Die Mitglieder des Bundestages, die dem Stiftungsrat angehören sollen, müssen zunächst jedoch vom Deutschen Bundestag gewählt werden (§ 6 der Stiftungssatzung).

Das erste Problem ist, dass nach dieser Regelung sowohl AfD als auch der Linkspartei ein Platz im Gremium zustände. Die CDU hat jedoch einen Parteitagsbeschluss, der eine Zusammenarbeit mit beiden Parteien verbietet. (31. Parteitag der CDU Deutschlands, Hamburg 2018, Beschlüsse C76, C101, C164 und C179). Da ist es wenig konsequent, selbst eine Organisation zu schaffen, für die man das Kooperationsverbot aufweichen müsste.

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Der zweite Missstand ist eine politische Prognose: Die AfD wird möglicherweise, wie es mit ihren Kandidaten zur Wahl des ihr zustehenden Posten des Bundestagsvizepräsidenten geschehen ist, ihre Kandidaten für den Stiftungsrat nicht durchbekommen. Soweit so gut. Die Erfahrungen der letzten zwei Jahre zeigen leider, dass die Brandmauer nach links bei weitem nicht so standfest ist, wie es unser Parteitagsbeschluss verlangt. Derzeit stünden der Unionsfraktion vier Plätze zu, der SPD zwei, allen anderen Fraktionen ein Platz. Dazu kommt Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Man stelle sich den nicht unwahrscheinlichen Fall vor: Der AfD-Kandidat wird nicht gewählt. Die Partei stilisiert sich nach außen hin als Opfer. Der Kandidat der Linken wird aber vom Deutschen Bundestag gewählt. Die Außenwirkung des Vorgangs wäre für die Union katastrophal. Im Stiftungsrat sitzen nun: viermal Union, zweimal SPD, einmal FDP, einmal Grüne, einmal Linke und die SPD-Familienministerin mit Vetorecht. Mit anderen Worten zwischen linken und bürgerlichen Kräften herrscht das Verhältnis 5 zu 5. Da die SPD-Familienministerin ein Vetorecht hat, ist das Verhältnis de facto 5 zu 6. So hätte Rot-Rot-Grün, trotz Minderheit im Parlament, eine Mehrheit im Stiftungsrat der Gleichstellungsstiftung.
Das teure Projekt vom „Gender-Check“

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten soll die Bundesstiftung Gleichstellung bis 2024 mit 18,8 Millionen Euro Steuergeld finanziert werden. Die ursprüngliche Forderung der SPD lag bei 11,2 Millionen Euro jährlich, also 44,8 Millionen bis 2024. Zum Glück konnte die Union das Schlimmste abwenden, aber sollte Bündnis 90/Die Grünen an der nächsten Bundesregierung beteiligt sein, werden die Grünen darauf drängen, dass es nicht bei 18 Millionen Euro bis 2024 bleibt. Das im März veröffentlichte Wahlprogramm der Grünen fordert unmissverständlich: „Mit einem Gender-Check wollen wir prüfen, ob eine Maßnahme oder ein Gesetz die Gleichberechtigung der Geschlechter voranbringt und dort wo es ihr entgegensteht dementsprechend eingreifen. Die neu geschaffene Bundesstiftung Gleichstellung werden wir zu einer effektiven Institution ausbauen.“ Der „Gender-Check“ und die Gleichstellungsstiftung sollen also Hand in Hand für eine flächendeckende Gender-Gesetzgebung sorgen. Das wird weiter zu Rechtsunsicherheit führen. Beispielhaft konnten wir das schon beim Gesetzesentwurf zum Insolvenzrecht vom Oktober 2020 erleben, den die SPD-Justizministerin in „weiblicher Sprache“ vorlegte und der aufgrund von Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes wieder in die deutsche Sprache „zurückgeschrieben“ werden musste. Schon jetzt ist klar: Auch mit 40 oder 50 Millionen Euro für Gender-Aktivitäten einer Stiftung werden Gender-Gesetze nicht besser vereinbar mit unserer Rechtsordnung. 

Zusammenfassung: Die Stiftung wird teuer und linksgrün

Fassen wir also zusammen: Der Deutsche Bundestag soll eine Kompetenz aus den Händen geben – an eine ideologische Vorfeldorganisation. Im Leitungsgremium des Stiftungsrates wird höchstwahrscheinlich eine linksgrüne Mehrheit organisiert, um damit den linksgrünen Stiftungsauftrag der „Gleichstellung“ – im Gegensatz zum Verfassungsauftrag der Gleichberechtigung – entsprechend linksgrün zu erfüllen. 

Mit der Stiftung Gleichstellung schaffen sich Bundesregierung und Bundestag eine Organisation, die Kompetenzen der Regierung und des Parlaments aus der Hand nimmt und nebenbei noch eine linksgrüne Vorfeldorganisation sein wird. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird das bis 2024 finanziert mit 18,8 Millionen Euro Steuergeld.  Das wird nicht der Durchsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau helfen. Das Thema gehört ins Parlament und nicht in eine überteuerte Stiftung. 


Sylvia Pantel (CDU) ist direkt gewählte Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Düsseldorf-Süd.

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