Im Zuge des politikergemachten Pandemieregimes bekommt die Briefwahl größere Bedeutung. Zum Schutz der Bevölkerung vor Ansteckung raten viele Politiker zur Briefwahl statt zur Stimmabgabe am Wahltag im Wahllokal. Die Wahlkabine gerät damit in Vergessenheit.
In der DDR wurde mit Argusaugen beobachtet, wer auch nur die Wahlkabine suchte, die ohnehin als Wink mit dem Zaunpfahl mit ihrer Öffnung an die Wand gedrückt war, und in der Bundesrepublik des Kabinettes Merkel IV gilt als Anstecker, zu anderen Zeiten liebevoll als Schädling betrachtet, wer im Wahllokal sein Wahlrecht in Anspruch nimmt. Eine gefährliche Entwicklung.
Nicht erst seit dem Herbst 2015 ist das Grundvertrauen in der Bundesrepublik schwer gestört:
– (Schein-)Moral wird über die Regeln gestellt
– die Institutionen, sprich die Gewaltenteilung, erleben einen nie gekannten Ansehens- und Autoritätsverlust
– die Bundeskanzlerin lässt Wahlen rückgängig machen
– der Bundestag lässt Politik machen
– 2015 hieß es, EU-Außen- und deutsche Binnengrenzen sind nicht zu sichern und unter Corona Bedingungen verfolgt uns heute dagegen der Staat bis aufs Klo und beweist täglich, dass er sichern und durchgreifen kann – wenn er will (sic).
Diese Reihe ist viel länger, ich höre an der Stelle mit Aufzählungen auf und komme zum Wahlrecht, welches nicht mehr systemrelevant zu sein scheint – passend zum Canceln von Ministerpräsidentenwahlen in Landesparlamenten.
Vorab sage ich ausdrücklich nicht, dass Briefwahlen nicht demokratisch sind. Im Einzelfall machen sie Sinn. Als Einzelfall vermögen sie Wahlergebnisse nicht eklatant zu verfälschen.
Mir geht es um den Kern von geheimen Wahlen. Also Wahlen, auf denen unser politisches System basiert. Meine Arbeitsthese lautet „Mit dem prozentualen Anstieg von Briefwählern wandeln sich unsere geheimen Wahlen in halboffene Wahlen. Das Wahlgeheimnis wandert aus dem politischen Leben in die Belletristik ab. Die Republik wird eine andere“. Sie wird demokraturischer.
Übertreibe ich? Zu Hause, im privaten, sprechen die Familienmitglieder auch über Politik und Wahlen. In vielen Fällen kommt es zu faktisch gemeinsamen Positionen und beinahe Wahlabsprachen. Das Leben ist so. Auch unter Freunden.
Gehen Klein-Erna und Klein-Fritzchen dagegen am Wahltag ins Wahllokal und dort mutter- und vaterseelenalleine auf sich gestellt in die Wahlkabine, dann kann frisch und munter und der eigenen Nase nach angekreuzt werden. Keine Beobachtung, keine Kontrolle, einfach nur Demokratie.
Ich bin kein Verfassungsrechtler, habe meinen Erfahrungsschatz mit unfreien DDR-Wahlen und freien Deutschlandwahlen und besitze noch immer meinen politischen Instinkt. Dieser Instinkt lässt mich eindringlich vor der Zunahme des Briefwahlanteiles warnen. Lassen wir es nicht zu, dass freie und geheime Wahlen an Wert verlieren!
Die Wahlkabine ist der zentrale Ort der Demokratie. Nicht der Küchen- oder Stammtisch, das Kaffeekränzchen, die Sympathisantengruppe oder ein Parteilehrjahr.
Ein Schmankerl aus der linken Wikipedia:
„… Anfälligkeit für Wahlbetrug
Die Briefwahl und insbesondere die echte Briefwahl sind allgemein anfälliger für Wahlbetrug als eine Wahl im Wahllokal. Gründe dafür sind:
Die Möglichkeit des Wählers, die Unterlagen für die Briefwahl blanko zu verkaufen oder im Beisein eines Stimmenkäufers auszufüllen.
Im Gegensatz zum Wahllokal wacht bei der Wahl in der eigenen Wohnung niemand über die Einhaltung des Wahlgeheimnisses; eine Beeinflussung durch Andere ist daher nicht ausgeschlossen.
Diebstahl von Briefwahlunterlagen auf dem Postweg (sowohl unausgefüllt auf dem Weg zum Wähler als auch ausgefüllt bei der Rücksendung zur Wahlbehörde).[37]
Die Gefahr, dass ausgefüllte Briefwahlumschläge auf dem Postweg oder bei der Aufbewahrung in der Gemeinde geändert oder zerstört werden oder nicht rechtzeitig dort eintreffen.
Mit gefälschten Unterschriften ist es möglich, Briefwahlunterlagen an andere Adressen zu beantragen.
Aufgedeckte Fälle von bewusster Manipulation bei Briefwahlen gab es unter anderem 1996 und 2002 in Dachau, 2005 in Birmingham und 2008 in Roding in Bayern.“
Gunter Weißgerber gehörte 1989 zu den Leipziger Gründungsmitgliedern der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Er vertrat diese 1990 in der freigewählten Volkskammer und war anschließend bis 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages. 2019 trat er aus der SPD aus.