Tichys Einblick
Grün heißt nun Naturzerstörung

Baden-Württembergs Grüne erklären Mensch und Natur für „vogelfrei“

Der Baden-Württembergische Windenergieerlass verliert im Mai 2019 seine Gültigkeit, ein „Themenportal Windenergie“, betrieben vom Regierungspräsidium Tübingen, soll ihn ersetzen. Schutzmaßnahmen und Abstandreglungen entfallen, die Windkraftlobby kann ungestört die Landschaft zerstören.

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So einfach geht das mit Natur- und Menschenschutz, wenn Grüne mit Hilfe der CDU regieren: Baden-Baden-Württemberg will die bisher im „Windenergieerlass“ festgehaltene Regelungen für den Bau von Windrädern abschaffen und durch ein unverbindliches Internetportal ersetzen – etwa wenn es um Abstände zur Wohnbebauung geht. Damit werden bestehende Beschränkungen, die den Bau von Windgiganten in Ortsnähe, Naturschutzgebieten und in schätzenswerter Landschaft regulieren, aufgehoben.

Auch wenn der bisherige Winderlass artenschutzrechtlich kritikwürdig war, da er beispielsweise Rotmilane nur schützte, wenn mehr als 3 Brutpaare in einem Gebiet vorhanden waren (Dichtemodell), ist der Verzicht auf einen Erlass und der Verweis auf ein unverbindliches Internetportal eine weitere Verschlechterung der Situation für Wildtiere, aber auch für betroffene Bürger. Die Schutzstandards an Ort und Stelle werden abgesenkt. Die überall durch Regelungswut sich auszeichnenden Grünen nehmen den Schutz von Menschen wie auch der Arten Greifvögel und Fledermäuse nicht so wichtig. Mensch und Tier werden einer fragwürdigen Windlobby zum Fraß vorgeworfen. Hier der Bericht eines Betroffenen.

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Schon lange wirbt unser Land mit dem Slogan „Wir können alles außer Hochdeutsch“! Letzteres trifft so heute nicht mehr zu, immer mehr unserer Landsleute sind durchaus der Hochsprache mächtig. Ersteres aber gilt umso mehr! Was immer in diesem Land politisch von der „Grün dominierten“ Landesregierung, auch ideologisch Verbrämtes, gewollt ist, wird durchgeführt. Besonders sichtbar wird es, wenn es um die sogenannte Energiewende und hier speziell um den Ausbau der Windenergie in Baden Württemberg geht. Ja, wir können alles: Da werden Verwaltungsvorschriften so angepasst, wie sie gerade gebraucht werden, Erlasse gezimmert, die der Windkraftlobby viele Hindernisse, die z. B. aus dem Baurecht, dem Natur- und Landschaftsschutz bestehen, aus dem Weg räumen und dort wo man es gerade für opportun hält, erscheint eine Rechtsvorschrift, die für alles und jedes eine Ausnahme zulässt. Ja, wir können alles in Baden-Württemberg!

Für den von der grün-schwarzen Landesregierung erklärten politischen Willen, Baden-Württemberg zum Windenergieland umzugestalten und den Ausbau der Windkraft erfolgreich voranzutreiben, wurde schon im Mai 2012 mit dem sogenannten Windenergieerlass vorgearbeitet. Dieses umfangreiche Papier war so etwas wie die zentrale Grundlage, das die beim Ausbau der Windenergie zu beachtenden Rechtsvorschriften zusammenfasste und erläuterte. Stets wurde betont, dass der von vier Ministerien erarbeitete Erlass der Vereinheitlichung und dem rechtskonformen Verwaltungsvollzug diene.

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Als dann fachliche Kritik vor allem auch von Umweltverbänden dahin gehend vorgetragen wurde, dass der Windenergieerlass überhaupt keinen Rechtsnormencharakter habe und an wichtigen Stellen, zum Beispiel beim Artenschutz oder beim 700m Vorsorgeabstand, seine Auslegung der Beliebigkeit anheimgestellt sei, teilte das Umweltministerium mit, dass es sich beim Windenergieerlass in Bezug auf die nachgeordneten Behörden lediglich um eine interne Verwaltungsvorschrift handele und dass der Erlass für Planungsträger ohnehin nur Hinweis- und Empfehlungscharakter habe.

Tritt nun dieser Erlass wegen der an ihm geübten Kritik am 9. Mai 2019 außer Kraft? Mitnichten! Man kann vermuten, dass die an der Entstehung des Erlasses beteiligten Grün und CDU geführten Ministerien sich nicht auf eine Neuauflage einigen konnten, und so wird eine Verwaltungsvorschrift kurz durch ein deutlich weniger verbindliches, vom Regierungspräsidium Tübingen betriebenes „Themenportal“ Windenergie ersetzt.

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Bei der Durchsicht dieser neuen digitalen Plattform wird deutlich, dass bestimmte Leitlinien bzw. Hinweise fehlen, dazu zählen die Angaben zur minimalen Windhöffigkeit, genauso wie der Mindestabstand zur Wohnbebauung. Diese „Linksammlung“, die im Übrigen, weil unvollständig, permanenter Veränderung unterworfen sein wird, verhindert geradezu einen einheitlichen und rechtskonformen Verwaltungsvollzug. Anders als bei einem förmlichen Erlass, sagt selbst der Grüne Umweltminister Franz Untersteller, “… können wir die Unterlagen bei Bedarf jederzeit anpassen.“

Man muss annehmen, dass genau das beabsichtigt ist. Den Genehmigungsbehörden wird die Einzelfallentscheidung überlassen. In der einen Behörde wird dann zum Beispiel das Artenschutzgutachten eines Hobbyornithologen anerkannt und gewertet, bei der nächsten Behörde als unqualifiziert abgetan. Die Windkraftindustrie wird diese Situation, in der eine große rechtliche Unsicherheit besteht, für sich zu nutzen wissen.

Was bedeutet der Wegfall des Windenergieerlasses im Mai für derzeit laufende Projekte, speziell für das gerade anstehende Windkraftprojekt in Winterlingen, auf der Schwäbischen Alb, im Bereich des Naturparks „Obere Donau“? Die Entscheidung über den Bau von sieben 238,5 m hohen Windrädern, inmitten eines über 200 Jahre alten Waldes, direkt vor dem Alpenpanorama, steht im Juli 2019 an.

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Die Bürgerinitiativen der beiden Gemeinden Bitz und Winterlingen (BBI-WK) haben schon entsprechende Erfahrungen mit den Behörden gemacht und zu spüren bekommen, wie sich selbst das Stuttgarter Umweltministerium druckerzeugend einmischt, um dieses Bauvorhaben zu befördern. Obwohl eine Vielzahl von Versagungsgründen vorliegt, die unmittelbar betroffenen Nachbargemeinden Bitz und Neufra das Projekt einstimmig ablehnen, hat der Bauantragsteller schon die Genehmigung zum Bau von vier der sieben beantragten Anlagen erhalten. In einem Artenschutzgutachten spricht eine renommierte Wissenschaftlerin davon, dass es sich in dem Vorhabengebiet vielleicht sogar um ein Europäisches Milan-Dichtezentrum handeln könnte. Die BBI-WK hat dort unter anderem zwanzig Milan-Horste kartiert, die schützenswerte Haselmaus und sechs Fledermausarten nachgewiesen. Ein vom Projektierer bestellter Gutachter hat bestätigt, dass die von einem Hobbyornithologen mit GPS Daten belegten Aktivitäten des hoch geschützten Wespenbussards in dem Gebiet stimmig sind.

Damit nicht genug: Die miserabelste Windausbeute über ein Jahr gesehen, findet sich in Baden-Württemberg. Bei den bisherigen Ausschreibungsverfahren sind gegenwärtig gerade zwei Projekte zum Zuge gekommen. Die Windhöffigkeit des Winterlinger Windrädervorhabens liegt nachweisbar im Minimalbereich und ist zudem noch mit Unsicherheitsfaktoren unterlegt. Es ist abzusehen, dass eine wirtschaftliche Nutzung nicht möglich ist.

Der Bauantragsteller hat kein Baugrundgutachten vorgelegt. Das gesamte Gebiet ist karstig und als Grund- und Trinkwasserleiter vom Hydrologischen Landesamt als hoch sensibel eingestuft, es liegt zudem in einem Erdbebengebiet der höchsten Stufe III.

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Bei all dem stellt sich die Frage, wie ein Bauplaner vor dem Hintergrund der geschilderten Bedingungen überhaupt den Mut aufbringt, eine Baugenehmigung zu beantragen? Die Antwort liegt auf der Hand: Die politischen Vorgaben der Grünen, die zurzeit die mitregierende CDU, was den Ausbau der Windkraft angeht, am Nasenring durch die Manege führen, lassen nur mutige Behördenleiter einen wirklichen Abwägungsprozess vornehmen, in dem Natur- und Landschaftsschutz den Stellenwert haben, der für den Erhalt von Flora und Fauna sowie ein friedvolles Miteinander in unserer Gesellschaft absolut notwendig ist.Verschiedene Bürgerinitiativen bewerten übrigens das Winterlinger Vorhaben als repräsentatives Beispiel für die Unsinnigkeit des Windkraftausbaus in ganz Baden-Württemberg.

Die politische Entscheidung, den Windenergieerlass gegen ein unverbindliches Internetportal zu tauschen, „kommt der Öffnung des Tors zur Hölle gleich“. Dreht sich hier einmal ein Windrad, kann das der Einstieg in die Zerstörung einer ganzen Region sein. Die kaputten Windindustrie-Landschaften in anderen Teilen unserer Republik müssten Warnung genug sein.


Hans-Joachim Lottermoser M.A.

ehem. Abteilungsdirektor im Oberschulamt Tübingen. Er ist  aktives Mitglied in der Bürgerinitiative Bitz, die sich gegen die geplanten Windindustrieanlagen auf der Schwäbischen Alb wendet, speziell gegen das Projekt Winterlingen/Bitz.

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