Tichys Einblick
„Der Staat bleibt Herr der Lage“

Wie die Süddeutsche Zeitung über Corona-Proteste in München berichtet

Auch in München protestierten zum Jahresende wie in zahlreichen anderen Städten Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen. Statt neutral darüber zu berichten, bekundet die Süddeutsche Zeitung ihre Haltung.

Demonstration in der Münchner Innenstadt am 29. Dezember 2021

IMAGO / aal.photo

Gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen fanden zum Jahresende in Deutschland zahlreiche Demonstrationen statt. Demonstriert wurde nicht nach den Regeln des Versammlungsgesetzes, sondern im Wortsinn von „öffentlich bekunden“. In München bekundete auch die Süddeutsche Zeitung (SüZ) ihre Haltung.

„Trotz städtischen Verbots versuchten Impfgegner und Pandemie-Leugner Mittwochabend in nicht angemeldeten Demonstrationszügen durch die Stadt zu marschieren.“ Mit diesem Satz beginnt die SüZ (Donnerstag, 30. Dezember 2021) unter der Schlagzeile „1000 Polizisten im Einsatz“ ihren Bericht über eine Corona-Demonstration in der Münchner Innenstadt. Die Teilnehmer werden gleich „Impfgegner“ und „Pandemieleugner“ genannt, später auch „Corona-Leugner“. Den neutralen Begriff „Demonstranten“ vermeidet die SüZ, sie bevorzugt für das Framing wertende Bezeichnungen.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Aber was ist ein „Impfgegner“? Jemand, der sich selbst nicht impfen lässt oder der gegen einen allgemeinen Impfzwang ist? Letzteres war vor einem Jahr politisch noch herrschende Meinung. Unklar bleibt auch, was die „Pandemie-“ bzw. „Corona-Leugner“ konkret verneinen? Dass es eine Pandemie namens Corona gibt, oder bestimmte Aussagen über diese Pandemie? Unter den Demonstranten waren durchaus auch Geimpfte – es gibt viele Gründe, staatliche Corona-Maßnahmen negativ zu bewerten und dagegen zu demonstrieren: „Existenzen wurden vernichtet“, heißt es in einem Leserbrief (Münchner Merkur vom 31. Dezember 2021), „oder Menschen an den Rand ihrer Existenz gebracht“.
„Leugner“ randalieren nicht

Mit dem Begriff „Leugner“ wird die Corona-Diskussion moralisch aufgeladen: Corona-Leugner bestreiten – wie Angeklagte vor Gericht – wider besseres Wissen offenkundige Tatsachen. Übrigens: Wer jemanden einen „Leugner“ nennt, behauptet implizit, dass er selbst die Wahrheit kennt.

In München wurden die Leugner eines Besseren belehrt: „Der Staat bleibt Herr der Lage“, kommentierte die SüZ (31. Dezember 2021) rückblickend den Verlauf der Demonstration. Die Polizei hatte die Münchner Innenstadt so abgeriegelt, dass sich die Demonstranten nicht zu einem großen Zug formieren konnten: „Die Corona-Leugner rannten chaotisch durch die Stadt und waren froh, einmal ein paar hundert Meter Bürgersteig für sich zu haben.“

Verschwiegen wird von der SüZ, dass diese Polizeitaktik nur aufging, weil die „Corona-Leugner“ sich wie friedliche Spaziergänger verhielten. „Anti-Faschisten“ hätten in dieser Situation Schaufenster eingeworfen, Läden geplündert und Autos in Brand gesteckt, und die Polizei wäre gezwungen gewesen, „ihre Taktik, Marschkolonnen erst einmal ziehen zu lassen“, aufzugeben und gegen die Randalierer gezielt vorzugehen.

Die Bilanz der SüZ ist rundweg positiv: „Nach der Corona-Demo zeigen sich Polizei und Politik zufrieden. 1000 Beamte haben 5000 Teilnehmer im Zaum gehalten, vielen drohen hohe Bußgelder.“ Die „Vielen“ – das sind 700 (siebenhundert) Personen, die von der Polizei angezeigt wurden (bei Spaziergängern lassen sich die Personalien viel leichter feststellen als bei Randalierern). Diese Anzeigen sollen laut Auskunft der Bußgeldstelle der Stadt München, „vorgezogen und umgehend abgearbeitet werden“. Hier funktioniert der deutsche Staat doch noch!

Anzeige
Die mobile Version verlassen