Tichys Einblick
Vor TV-Comeback

Stefan Raab – Der deutsche Donald Trump

Auf Zeiten der Stagnation können oftmals Zeiten schnellen Wandels folgen. Nach fast 10 Jahren Pause kehrt nun am Samstag Stefan Raab ins deutsche Fernsehen zurück. Die woke Medienlandschaft cancelt ihn bereits im Voraus. Ist Raab der deutsche Donald Trump?

Screenshot Instagram: therealstefanraab

Wie festgefahren die politische Landschaft Deutschlands ist, erkannte man nicht zuletzt an der kürzlichen Botschaft von Heino. Die Politiker in Deutschland hörten, so Heino, nicht mehr auf die Wähler, es brauche einen „deutschen Donald Trump“. So weit, so richtig. Doch das deutsche Dilemma wurde offenbar, als Heino enthüllte, wen er sich in dieser Rolle vorstellen könnte. Nämlich Friedrich Merz oder Markus Söder.

Tja, zurück auf Anfang also. Doch woher nehmen und nicht stehlen? Jeder aktive Promi, der bislang noch nicht gecancelt wurde, zeigt sich stramm auf Linie des bestehenden Systems und könnte gar nicht erst glaubwürdig „Macht Deutschland wieder groß“ fordern, ohne am nächsten Morgen sein Konterfei im Bademantel auf der Titelseite der BILD wiederzufinden. Ein Harald Schmidt kann sich zwar vieles erlauben, aber aufgrund seiner zur Perfektion getriebenen Ironie blieben wohl immer Zweifel, ob er nun wirklich einem Land den Krieg erklärt hat, oder ob es doch nur ein Spaß sei. Nein, Harald Schmidt würde sich nicht in einer Wahl in Deutschland durchsetzen können.

Es braucht also einen unerwarteten Retter, einen, der womöglich nicht all unseren hochtrabenden Ansprüchen genügt, aber der sich als jene Kraft entpuppt, die die Dinge in Bewegung bringt. Nicht der Fü… Kanzler den wir uns wünschen, sondern der, den wir verdienen. Einer, der die Sprache des Volkes spricht und der unantastbar genug ist, um „denen da oben“ mal eine vor den Latz zu knallen. Und genau so einer steht vor seiner Rückkehr in die Öffentlichkeit: Stefan Raab!

Raab bringt ersten Witz über Dicke seit Jahren

Es begann zögerlich. Google Newsfeeds spülten in den letzten Wochen Nachrichten über Verstimmungen bei der ehemaligen Boxweltmeisterin Regina Halmich ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Verstimmte weibliche Boxer waren in der Vergangenheit zwar nicht Gegenstand öffentlichen Interesses, doch seit den Olympischen Spielen 2024 ist auch dieses Thema bei einer breiten Zielgruppe anschlussfähig.

Fast, ja fast könnte man meinen, die Olympischen Spiele wären ohnehin nur eine Inszenierung gewesen, um den Hype um den größten Kampf eines Mannes gegen eine Frau anzufachen. Denn kaum einen Monat nach Olympia müssen die Allermeisten schon nachdenken, wie Imane Khalif noch hieß, aber die Namen der Duellanten Halmich und Raab lassen selbst sage und schreibe 17 Jahre nach deren zweiten Aufeinandertreffen und fast 10 Jahre nach Raabs Abschied aus dem Fernsehen ganz Deutschland hellhörig werden.

Wie sehr hat sich die Welt seitdem doch verändert? De facto sind 99 Prozent der Witze, mit denen Raab einst das deutsche Volk bespaßte, heutzutage nicht mehr salonfähig. Frauen, Ausländer, Dicke … sie alle bekamen ihr Fett weg und Deutschland lachte schamlos mit. Wie kann und soll ein Stefan Raab in dieser Welt noch funktionieren? Oder hat auch er sich gar verändert?

Wohl kaum. Schließt man aus dem Clip seiner „Schönheits-OP“ durch Bully Herbig („Dr. Lamborghini“), dann steht Raab zumindest Witzen über Dickleibigkeit nach wie vor offen gegenüber. Und wie darf dessen Transformation am Ende des Videos, die eine karikaturistische Ähnlichkeit zu Donald Trump (oder zumindest auf die Parodie aus South Park, in der Mr. Garrison eben solch einer Schönheits-OP unterzogen wird) aufweist, interpretiert werden? Zwar gehört es mittlerweile zum guten Ton, sich als absolutes Übel zu verkleiden – zum Beispiel Jan Böhmermanns zahlreiche Darstellungen von Hitler –, aber sozial akzeptabel ist dies nur, wo jegliche Ambivalenz (und somit jeglicher Humor) zugunsten politischer Eindeutigkeit abgelegt wird.

Aber würde Stefan Raab das tun? Sich eindeutig von einem Witz distanzieren und ihn damit abzuschwächen? Man darf es bezweifeln, denn wie viel wäre noch von der Raab’schen DNA übrig, wenn er das täte?

Vom Maschendrohtzaun zum Cäsarismus: Raab Total

Zumal es ja wunderbar passt. Wie die Faust aufs Auge von Regina Halmich, sozusagen. Denn Raab entspringt eben nicht der typischen Wokeria, sondern ist bekanntlich gelernter Metzger. Sein Medienimperium hat Raab tatsächlich mit Unternehmergeist und seiner Unverfrorenheit aufgebaut. Damit verbindet Raab Volksnähe und Unternehmertum auf eine Art und Weise, die den Malermeister Chrupalla vor Neid erblassen lassen könnte.

Und auch ideologisch hätte Raab das Zeug dazu, Deutschland auf den von Heino gewünschten Kurs zu bringen. Denn Raab war bereits während seiner TV-Total-Zeit ein Grenzgänger, der zwar ein breites Publikum begeisterte, dabei aber auch immer die Grenzen des damals noch Sagbaren beschritt. Wie so jemand sich auf einmal für eine Begrenzung der Meinungsfreiheit aussprechen, oder gar das Wort Hassrede unironisch in den Mund nehmen soll, ist nur schwer vorstellbar.

Dessen ist man sich auch beim ÖRR bewusst und „problematisierte” bereits vor Monaten das anstehende TV-Comeback Raabs. Im Besten „Hey Leute, ich hab früher auch Raab geschaut, aber er ist rassistisch, sexistisch und homophob. Geht gar nicht­-Stil” wurde Raabs Comeback von der ARD bereits a priori gecancelt. Man ahnt wohl, dass kein großer Sinneswandel stattgefunden hat, ansonsten hätte Raab wohl die letzten 10 Jahre dazu genutzt, sich hin und wieder mit einer anbiedernden Aufforderung zu mehr Toleranz, Masken oder Waffenlieferungen wieder ins öffentliche Bewusstsein zu bringen.

Das tat er aber nicht. Und so beginnen die kleinen grauen Zellen in den grauen Hauptstadtstudios zu arbeiten. Angesichts der gegenwärtigen politischen Lage in Ostdeutschland und der Debatte über Grenzkontrollen entsinnt man sich plötzlich, dass Raabs womöglich größter Hit ein Hohelied auf einen Maschendrahtzaun war – nota bene den einer Thüringerin!

Ein kurzer Blick in den Text dieses Lieds offenbart dessen prophetische Qualität. So präsentierte sich Raab bereits damals als ein Mann, der Recht und Ordnung im vom Maschendrahtzaun begrenzten Land durchsetzen würde:

I was also a Sheriff
I was fighting for right
I was protecting law and order
Every day, every night

I was hunting a man
With a big fat Bauch
And I caught him in the back of a
„Knallerbsenstrauch“

Doch welche Schnappatmung muss beim woke-progressiven Medienbetrieb erst einsetzen, wenn man Raabs verstecktes Bekenntnis zum Spengler’schen Cäsarismus im Refrain entdeckt:

„Maschendrohtzaun“ in the morning
„Maschendrohtzaun“ late at night
Maschendrohtzaun in the evening
„Maschendrohtzaun“ makes me feel alright
And if I ever be king
And I get a crown
Then it would surely be made of
„Maschendrohtzaun“

König Raab also ante portas. Mit einer aus Grenzzäunen geschmiedeten Krone. Und warum sollte man annehmen, dass ein solch gewiefter, selbstbewusster und getriebener Medien-Tycoon wie Raab sich mit der Rolle des Königs zufrieden geben sollte, wenn nicht auch das Kaisertum selbst winkt?

Das wiederum wäre auch nur konsequent, denn Raab absolvierte auch das jesuitische Aloisiuskolleg in Bad Godesberg, das unter anderem auch TE-Autor Matthias Matussek besuchte. Es ist dieser oft übersehene klerikale Hintergrund, der das Puzzle der Zukunft Deutschlands komplettiert. Raab könnte als deutscher Trump den Boden bereiten für den wahren Augustus, der sich keiner Wahl mehr zu stellen braucht, sondern kraft seines Selbstverständnisses, die Regierungsgeschäfte im neuen heiligen römischen Reich deutscher Nation leiten wird: Kaiser Harald I.

Wenn Stefan Raab am Samstag erstmals nach 10 Jahren wieder vor Fernsehkameras den Boxring gegen eine Frau betritt, setzt sich somit ein Prozess in Gang, der Deutschland endlich den lang ersehnten Umschwung bringen wird. Man wird ihm vorwerfen, eine Frau geschlagen zu haben, ohne sich selbst zuvor als Frau bezeichnet zu haben. Doch er wird nur sein patentiertes breites Lächeln aufsetzen, kurz innehalten und dann der Kamera tief ins Objektiv schauen, bevor er einfach „Maschendrohtzaun“ sagt und die Menge zum Johlen bringt. Es wird eine unaufhaltsame Lawine der Begeisterung auslösen. „Endlich einer, der sagt, wie’s ist“, werden die Leute skandieren und Kritik aus öffentlich-rechtlichem Hause wird an ihm abprallen, wie die Schläge von Halmich an seinem Wanst.

Knapp ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl beginnt der politische Stern von Stefan Raab zu strahlen. In einem an Sternen armen Himmel wird sein Aufstieg dem eines Kometen gleichen und spätestens wenn dann Anfang des Jahres 2025 die bis dato inoffizielle „Liste Raab“ offiziell als Partei „Raab Total“ gegründet wird, beginnt im Bundestag das große Zähneklappern. Im März 2025 dann der große Polittalk mit Heino: „Ich habe mich getäuscht!“ Nicht Merz oder Söder, sondern Raab sei der deutsche Trump. Der Rest ist Geschichte.

Entweder das, oder Stefan Raab bekommt von Regina Halmich mal wieder eine auf die Nuss und zieht sich wieder mit einer dicken Gage ins Privatleben zurück. Doch kann jemand wie Raab dem Ruf der Nation dauerhaft widerstehen? Deutschland ruft in höchster Not, wird Stefan Raab antworten?

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