Tichys Einblick
Literaturpreis für den Wirtschaftsminister

Robert Habeck erhält den Ludwig-Börne-Preis für seine „Nachdenklichkeit“

Die artige Kunst der Servilität blüht in Deutschland auch im Februar: Wirtschaftsminister Robert Habeck bekommt einen nach dem Dichter Ludwig Börne benannten Literaturpreis. Dafür sorgte ein FAZ-Herausgeber – mit erstaunlicher Begründung.

Robert Habeck (Grüne), Bundeswirtschaftsminister und Börne-Preisträger

IMAGO / SEPA.Media

„Börne kann nicht schreiben …“, lässt Heinrich Heine in seinem hübschen Büchlein Rahel Varnhagen von Ense sagen – meine ich mich zu erinnern. Oder lässt er sie sagen: „Robert Habeck kann nicht schreiben“? Oder doch: „Jürgen Kaube kann nicht schreiben“? Offen gestanden weiß ich das jetzt nicht mehr so genau, da ich aus dem Kopf zitiere. Doch was ich sicher weiß: Robert Habeck erhält den Ludwig-Börne-Preis 2023, weil Jürgen Kaube, Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, es als diesjähriger Preisrichter so will.  

Ach, der arme Ludwig Börne. Weit verheerender für Börnes Ruf in der Nachwelt als Heines Spott hat sich die Idee erwiesen, einen Preis auf seinen Namen auszuloben. Nun hängen sie zentnerschwer an seinem Gehrock: Joachim Gauck, Eva Menasse und bald auch schon Robert Habeck. Das hätte dem „Doktor Börne“ nicht einmal Heinrich Heine gegönnt, so viel Autorensolidarität brachte selbst der Mann auf, der Ironie und Spott literarisch verfeinerte. Apropos Solidarität: Es ist doch wieder sehr menschlich vom Herausgeber der FAZ, einem kirchenmausarmen Bundeswirtschaftsminister mit 20.000 Euro Preisgeld unter die Arme zu greifen, sonst müsste der brave Mann am Ende noch aus Steuergeldern sein Leben fristen.

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Möglich, dass Eva Menasses und Joachim Gaucks Oeuvre ähnlich voluminös ausfällt, ich habe nichts von beiden gelesen, denn als ihre preisgewürdigten Werke erschienen, war ich in Dunkeldeutschland unterwegs, ohne Taschenlampe – und wagte es nicht, aus Gründen der Klimaneutralität eine Kerze zu entzünden. Doch Robert Habecks Werke sind so berühmt, dass ich die Leute von ihnen reden hörte. So leuchtete mir auch Jürgen Kaubes subtile Begründung für die Preisvergabe an den Wirtschaftsminister sofort ein. Schließlich habe sich Habeck als „Politiker“ und „politischer Publizist“ der steten Gefahr widersetzt, „dass im politischen Gespräch Argumente nichts mehr zählten“, sondern nur „Narrative“. Besser als Jürgen Kaube kann man den Homme de Lettres Robert Habeck nicht charakterisieren, denn als Erzähler taugt Habeck rein gar nichts nach Kaubes Meinung, schließlich widersetzt sich Robert Habeck den Narrativen, also dem Erzählen. Wann las man je ein Argument, das Kultur, Stil und logische Stringenz auf so erhabene Weise verband wie dieses vom Börne-Preisträger des Jahres 2023: „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen. Ich wusste mit Deutschland noch nie etwas anzufangen und weiß es bis heute nicht“? 

Übrigens ist es doch auch wieder einmal recht schön und zudem tröstlich, erleben zu dürfen, dass selbst so altgediente Feuilletonisten auf dem Feld täglicher Panegyrik noch das Feuer echter Servilität im Herzen entfachen können, wenn Jürgen Kaube die Preisvergabe an den Minister mit dem Satz begründet: „In den Zwängen der Politik erkämpft er sich auf beeindruckende Weise Freiräume durch Nachdenklichkeit.“ Niemand, der sich nicht im dankbaren Volk an den Freiraum erinnert, den sich Robert Habeck bei Maischberger erkämpfte, als er tollkühn eine verblüffende Definition für Insolvenz und Nicht-Insolvenz wagte, die plötzlich frei von allem Wissen im Raum stand. So gesehen dürfte die Preisträgerin für den Börne-Preis für das Jahr 2024 jetzt schon feststehen, nämlich Annalena Baerbock, denn niemand hat sich auf so beeindruckende Weise wie sie „Freiräume durch Nachdenklichkeit“ erobert. 

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Es ist übrigens auch an der Zeitenwende, endlich mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass ein Preis für Literatur oder Publizistik etwas damit zu tun hat, schreiben zu können. „Börne kann nicht schreiben …“, hat bereits Heinrich Heine den Namensgeber des Preises gelobt. Mit diesem reaktionären Vorurteil, dass Literatur und Publizistik etwas mit künstlerischer und intellektueller Meisterschaft zu tun hätten – und eben nicht mit Gesinnung –, hatte schon die Vergabe des Deutschen Buchpreises im letzten Jahr aufgeräumt. Nun hat Jürgen Kaube mit der Verleihung des Ludwig-Börne-Preises diesem hässlich rechten Vorurteil endgültig den Garaus gemacht.

Unter allen Werken Kaubes ist diese Preisvergabe doch vielleicht das größte, das alle anderen überdauern wird. 

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