Jürgen Drews (77) hat das Showgeschäft verlassen. Auch von den „Indianern“ müssen sich die Zuschauer verabschieden. Das Wort darf nicht mal mehr in alten Hits wie Klaus Lages „1000 und eine Nacht“ vorkommen.
Achtung. Ohrwurm-Gefahr: „Tausendmal berührt / tausend mal is‘ nichts passiert / tausend und eine Nacht / und es hat Zoom gemacht.“ Eigentlich kann das jeder mitsingen. Die Älteren sowieso – aber auch die Jüngeren, weil „1000 und eine Nacht“ von Klaus Lage immer noch auf jeder Schlagerparty zuhause ist, die etwas von sich hält.
Textsicherheit ist für Sänger, Schauspieler und Moderator Florian Silbereisen Fluch und Segen zugleich. Eigentlich kommt sie ihm entgegen, weil der durchschnittliche ARD-Zuschauer sich nach „La, la…“ schon fragt, wie es danach weitergeht. Doch wenn sie einen Text so tief im Ohr haben wie den von „1000 und eine Nacht“, dann wird das für den öffentlich-rechtlichen Volksbespaßer zum Problem.
Das durfte er während der von ihm moderierten Show „Der große Schlagerabschied“ erleben. Eigentlich war die Jürgen Drews gewidmet, der sich in den Sangesruhestand verabschiedet. Doch es war eigentlich so wie immer: Silbereisen strahlte dumpf und aufgeregt gute Laune herbei und die Gäste waren die, die immer in den ARD-Freudespendershows auftreten. Unterhaltung halt für Leute mit niedrigen Ansprüchen – und mehr Zeit als Talent, daraus etwas zu machen. Für Leute ohne Freunde und Partys am Samstagabend – oder wenigstens Stammkneipen. Verlierer des Soziallebens. Kurzum: ARD-Zuschauer.
Und dann sang auch Silbereisen noch selber. Im Duett mit Beatrice Egli. „1000 und eine Nacht“. Einem Hit, mit dem eigentlich nichts schiefgehen kann. So dachte man. Doch dann kam das Duo zu der Stelle: „Erinnerst Du dich, wir haben Indianer gespielt“. Indianer. Indianer!!! Oder wie es im öffentlich-rechtlichen Paralleluniversum heißt: das I-Wort. I wie Indianer oder igitt. Das beleidigt die amerikanischen Ureinwohner, die in Deutschland wohnen. Das verherrlicht 6000 Jahre Kolonilisations-Geschichte und macht, dass 27 Jahre alte Helikopterelternkinder weinen. Deswegen sangen Egli und Silbereisen: „Erinnerst Du dich, wir haben zusammen gespielt.“
Als im Sommer Ravensburger seine Winnetou-Bücher verbrannte oder auf welche Weise auch immer entsorgt hat, setzte sich die ARD mit auf diesen Zug und verkündete: Wir zeigen die Winnetou-Filme nicht mehr, weil darin böse Klischees über I-Wort-Menschen verbreitet werden. Was für eine edle Geste. Vor allem, weil die ARD ohnehin die Rechte daran nicht besitzt. Und bei der Weltmeisterschaft haben die Deutschen gelernt, dass der edle soziale Krieger umso lieber ein Zeichen setzt, desto weniger es kostet.
Deswegen müssen Fans von Schlagerpartys nun politisch korrekt mitgröhlen „erinnerst Du dich, wir haben zusammen gespielt“. Hauptsache, das I-Wort fällt nicht mehr. Denn das ist genau so schlimm wie das N-Wort, das W-Wort oder das Z-Wort. Und erst wenn wir Sätze sagen wie: „Der/die/das O-Wort hat das X-Wort gejotwortet“ – dann wissen wir, politisch korrekt ist es erst, wenn’s keiner mehr versteht.
Auf Twitter gab es durchaus Fans, die sich beschwert haben, dass Silbereisen das I-Wort gecancelt hat. Doch deutlich mehr regten sich darüber auf, dass die große Show für Jürgen Drews kaum etwas mit Jürgen Drews zu tun hatte – sondern Silbereisen die gleichen Gäste eingeladen hat, die er sonst auch immer einlädt. Also beklagen Menschen, die sich eine erwartbare Show ansehen, dass diese Show erwartbar war. Man möchte ihnen zurufen: Geht’s raus spielen! Am besten Indianer.