Wie gut, dass der Herrgott vielen Lesern und Hörern eine Engelsgemütsruhe mit in die Wiege gelegt hat. Nicht nur, dass man kaum eine Radiosendung mehr hören kann, ohne dabei an den Ohren mit dem Gesicht mehrmals in die Klimakatastrophe und ihre grässlichen Auswirkungen gedrückt zu werden. Viele Zeitungen hämmern es mit Fleiß täglich in ihre Buschtrommeln: Es ist „wieder mal“ „zu heiß“, zu nass, zu kalt, zu trocken. Und geradezu begierig werden die Katastrophenmeldungen weiter breitgetreten und zu landwirtschaftlichen Bedrohungsszenarien ausgebaut.
Die diesjährige Kartoffelernte wird ein Desaster, Chips werden demnächst mit Goldflocken aufgewogen. Das trübt einem den erholsamen Fernsehabend vor der Glotze, weil die Knabberei in Gefahr ist, und die Vorfreude auf den darauffolgenden Sonntag, weil man dann um die Äpfel für Omas gedeckten Kuchen fürchten muss: Die hat der Klimateufel am Baum verdorren lassen.
Wohl dem, der dabei nüchtern bleiben kann – alle anderen: ab zu den anonymen Klimapolyptikern
Das ist schon keine Panik mehr, denn die sollte ja eigentlich nach einer Weile vorbei sein. Das ist ein andauernder Psycho-Terror, der einen nur völlig ratlos zurücklassen kann. Neuestes Beispiel, wie das ausgeht, aus einem Beitrag von Heike Faller bei der „Zeit“.
„Auch dieser Sommer soll der heißeste aller Zeiten werden. Viele mit Angst vor der Klimakatastrophe fühlen sich im Regen stehen gelassen.“ (Man beachte den Doppelpack, zuerst von der Hitze ausgetrocknet, danach pitschenass geregnet).
„An einem Donnerstagabend fand ich mich neulich in einem Stuhlkreis in Hannover wieder. Um mich herum sechs Menschen, die gleich ihre Klimaängste miteinander teilen würden …“ Und tatsächlich, hier wird anschließend von einem halben Dutzend gebildeten, zivilisierten Mitteleuropäer-innen ein Untergangs-Szenario zelebriert, wie andernorts und zu anderen Zeiten ein primitives Stammesritual.
Auch im „Klimawandel-Café“ liegen da Zweige, Blätter, Steine und künstliche Tannenzapfen in der Raumesmitte, wie die Überreste eines Lagerfeuers. Man stiert da hinein und ergeht sich in düsteren Ahnungen und Prophezeiungen, ausgelöst auch durch „die Europawahl“ (offenbar eine Anspielung auf deren Ergebnisse).
„Mit der Natur“ werde dann auch „die tolle Kultur untergehen“, wenn „alles den Bach runtergeht“, meint eine Dreißigjährige. Ihre Gefühle seien „auf jeden Fall hier im roten Bereich: Resignation. Frust. Wut. Aber ich will nicht rumlaufen und denken, alle sind blöd.“ Ja, der Stuhlkreis empört sich, „ist fassungslos“ unter anderem auch, weil da tatsächlich jemand Bekanntes aus einer Qigong-Gruppe zugegeben habe, „nach Dubai geflogen zu sein“. Und eine frühere Klima-Aktivistin stellt sich allen Ernstes die Frage: „Wenn du am Ende deines Lebens zurückdenken würdest, hast du wirklich alles getan?“
Der Website der CPA ist zu entnehmen, dass sie “… zu den Themen Klima-Leugnung, (Klima)-Distanzierung, Ökologische Notlagen, sowie zu den psychologischen Auswirkungen des Klimawandels auf Naturkatastrophen, sowie Klima-Ungerechtigkeit“ forsche. Bei der Betrachtung der Themen und der Personen auf der „wer-wir-sind“-Seite – „… eine vielfältige Gemeinschaft von Therapeuten, Denkern, Forschern, Künstlern und anderen …“ – kommt in den 80ern Kino-affin-Gewesenen unwillkürlich die „Volksfront von Judäa“ in den Sinn, die trotz versponnener Ziele stets ein hohes Sendungsbewusstsein zeigte („Life of Brian“).
Die Assoziationen verstärken sich, als die CPA, deren Vorstandsmitglieder zum Großteil weiß sind, davon schreibt, dass sich die CPA-Mitglieder der „Gruppe für Schwarze, Indigene und Farbige“ jeden „zweiten Mittwoch im Monat“ über die Plattform „Zoom“ treffe – und es eine weitere Gruppe „Wir dekolonialisieren uns selbst“ gebe, in der sich „eine kleine Gruppe, die weiß rassisiert worden sei“, treffe und daran arbeite, „Rassisierung und Dekolonisierung in der Organisation zu untersuchen“.
Seit der Schlacht bei Marathon (490 vor Christus) gefürchtet: Hitze
Fast entschuldigend beschreibt die Journalistin ihren Abend im Klima-Café weiter, bei dem es diesmal „in Hannover nass und kühl gewesen sei … fast wie ein Sommertag aus vergangenen Zeiten“. Der Psychologe Heribert Gröhl ist einer der Organisatoren des Klima-Cafés Hannover. „Mit der Hitze, so erzählt er Frau Faller, „stiegen Aggressionen und Suizidalität, nähmen auch Psychosen zu“. Das bringt die Reporterin dazu, einmal zu Hitze-bedingten Akuterkrankungen nachzulesen; kaum überraschend: Mit einem Hitzschlag ist nicht zu spaßen.
Tapfer gesteht sie Heribert Gröhl, dass „ihr das Klima selbst an heißen Tagen keine Angst mache … sie werde nachts eher wegen der unerledigten Steuererklärung wach …“. Monika Krimmer, eine Psychoanalytikerin, bezeichnet denn diese „merkwürdige Unbesorgtheit“ auch gleich als „Spaltung“. Faller gibt zu, dass ihr das „ein bisschen pathologisch geklungen habe“ (sollte es wohl auch).
Gröhl tröstet sie: Es sei wegen einer evolutionären Vorbereitung des Menschen auf plötzliche Bedrohungen „ein Stück weit normal“, keine Angst zu haben, aber eben auch, „angesichts von Klimaerwärmung und Artensterben Gefühle von Hoffnungslosigkeit und von Kontrollverlust zu entwickeln. Es sei gesund, um etwas zu trauern, was verloren gehe. Das gemeinsam mit anderen zu tun, schaffe Verbundenheit, und diese mache resilient.“
Gänsehautmoment, als am Ende des Klima-Café-Stuhlkreises alle irgendwie erleichtert sind
Heike Faller: „Es rührt mich immer, wenn Menschen sehr offen miteinander sind. Auch dieser Sommer soll der heißeste aller Zeiten werden, und es kann sein, dass Reden eines der Mittel dagegen ist.“
Zurück zu den Verlustgefühlen die Chips und den Apfelkuchen betreffend: Die lösen wohl Resilienz aus, aber eher gegen die ständige weinerliche Litanei vom Weltuntergang.