Mit einer neuen Serie will das ZDF vermutlich Stigmata und Schweigen durchbrechen. Erstmals wird im deutschen Fernsehen eine Produktion ausgestrahlt, deren Hauptcharakter „nicht-binär“ ist – sich selbst also weder als Mann noch als Frau wahrnimmt. „Becoming Charlie“ begleitet eine Bewohnerin eines Offenbacher Plattenbaus, der ihre „Identität“ klar wird. Die TV-Kritiker bewerten die Sendung positiv – doch am Markt kann sie nicht punkten.
Die um 22:45 Uhr ausgestrahlte Serie „München Mord“ hatte mit rund 310.000 Zuschauern am späten Abend mehr Publikum als die neue Serie zur Primetime. Selbst bei jungen Menschen floppt „Becoming Charlie“ und erreicht bei den 18- bis 24-Jährigen nur schlappe 0,4 Prozent Marktanteil. ZDFneo kann mit dem Nischenthema nicht punkten.
Und das, obwohl man die Serie vorher engagiert beworben hatte – auch und insbesondere bei jungen Menschen. Erstmals arbeitete ZDFneo dafür auch mit Influencern zusammen. Diese ließen sich vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk dafür bezahlen, mit Kurzvideos auf Plattformen wie Instagram und TikTok für die Sendung zu werben – und das durchaus üppig.
Auf Welt-Anfrage wollen die Influencer nicht preisgeben, was ihr Preis ist. Nach Expertenschätzung liegen Honorare für Influencer pro Beitrag bei rund 2500 Euro pro 500.000 Fans, die dem Account folgen. Im Falle der Social-Media-Persönlichkeit Diana zur Löwen wären das dann satte 10.000 Euro: Sie bewarb die Sendung gleich zweimal. Die zehntausende Euros haben allerdings offenbar wenig Effekt gehabt.
Der Influencer Fabian Grischkat erklärt in einem Video erstmal, was „nicht-binär“ überhaupt sein soll – selbst in der angeblich „woken“ Generation muss man den „woken“ Kram also erst erklären. Diesen Zweck hat die Serie scheinbar auch vorrangig: „Awareness“ schaffen, wie es auf neudeutsch heißt. Menschen das Konzept von „nicht-binärer Geschlechtsidentität“ nahebringen.
Doch die Menschen wollen nicht so recht, gucken an einem Samstagabend lieber Krimis – oder, um ehrlich zu sein, alles, was nicht „Becoming Charlie“ ist. Der Fernsehzuschauer will lieber Entertainment als Erziehung.