Tichys Einblick
Hauptsache es wird gesendet, egal was?

ZDF neo ist die Heimat des politisch unkorrekten Fernsehens

Divers, emanzipiert und kulturell sensibel. So möchten die öffentlich-rechtlichen Sender sein. In diesem Sinne wollen sie die Gebührenzahler erziehen. Doch ausgerechnet ZDF neo ist die Heimat der politischen Unkorrektheit im Fernsehen. Das reicht bis zur Verherrlichung von Kriminalität.

IMAGO / Horst Galuschka

Ein Manager betrügt seine Gattin. Um bei einer Scheidung billig davonzukommen, heuert er zwei Detektive an. Die sollen seiner Frau eine Affäre unterschieben. Doch am Ende kommt es zu einem Happyend: Die Gattin kann den untreuen und betrügerischen Mann wieder für sich gewinnen und halten – ihre Ehe ist gerettet. Diese Parabel aus den Tagen der Unterwürfigkeit der Frau erzählt der Film „Die Supernasen“, der am Tag der Deutschen Einheit auf ZDF neo zu sehen war.

Nun könnte man sagen, dass es die Wiederholung eines Uralt-Films war – doch im Fall von ZDF neo ist die Wiederholung von Überholtem der Normalfall. Die Wochentage füllt der Spartensender mit Wiederholungen in Endlosschleife: „Bares für Rares“, „Psych“ oder „Monk“. Letzteres ist eine 20 Jahre alte Serie über einen ehemaligen Polizisten, der wegen seiner psychischen Krankheiten vom Dienst suspendiert wurde, aber mit Spezialfähigkeiten die Polizei berät, die sich aus den Krankheiten ergeben.

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Welche Krankheiten Monk tatsächlich hat, wird nicht definiert. Denn es geht in der Serie auch nicht darum, die Umwelt für Menschen mit speziellen Fähigkeiten zu sensibilisieren. Sondern darum, sich über ihre Eigenheiten lustig zu machen. So nimmt Monk an einer Prüfung teil. Besteht er sie, darf er in den Polizeidienst zurückkehren. Doch eine Zwangsstörung nötigt ihn dazu, das Kreuz in der ersten Antwort immer und immer wieder auszuradieren, damit es letztlich exakt in der Mitte sitzt. Die Szene zieht sich quälend lange hin.

Am Ende fällt Monk durch, wird nicht Polizist, aber bleibt Berater. Das Ende bedient das Interesse der Serienmacher: Der Status quo wird erhalten, die Hauptfigur bleibt Berater und ein Objekt, aus dessen Schwächen sich Stoff für weitere Witze ziehen lässt. Wie es der Figur dabei geht? Was sich aus der Situation lernen lässt? Egal. Es gibt weitere Folgen mit Detektiv-Zauberei und Scherzen über psychische Erkrankungen. Das ZDF scheint davon begeistert zu sein. Denn auf ZDF neo laufen jeden Mittag zwei Folgen und nachmittags auch, und donnerstags kommen dann noch zwei Folgen im Hauptprogramm. Die Identifikation mit der Uralt-Serie geht mittlerweile so weit, dass die Hauptfigur in Imagespots des Senders zu sehen ist.

An Feiertagen wird ZDF neo noch reaktionärer: In Kanada fühlte sich der Ministerpräsident dazu gezwungen, sich für seine Kindheit zu entschuldigen – in der er sich als Indianer verkleidete. In „Ein Goldfisch an der Leine“ tritt ein Betrüger als Indianer „John S Eagle“ auf – weil sich in dieser Identität seine betrügerischen Machenschaften erfolgreicher praktizieren lassen. So die Logik des Films. Der war auf ZDF neo im Adventsprogramm zu sehen.

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Der Advent ist ohnehin die Hochzeit der Reaktion auf ZDF neo. Dann packt der Sender seinen größten Unterhaltungserfolg wieder aus: die Schwarzwaldklinik. Auch dieses Jahr. Am 21. November beginnt dort um 17.20 Uhr wieder die Geschichte um Professor Klaus Brinkmann und Krankenschwester Christa. Wie diese Geschichte endet, steht fest. Auch dieses Jahr: Christa heiratet Klaus, sie bekommen ein Kind, und Christa macht auf dem zweiten Bildungsweg Karriere als Ärztin.

Doch dann sagt ein Kinderarzt Christa, dass ihr berufliches Streben ihr Kleinkind krank mache. Gesund könne es nur werden, wenn sie sich auf ihre Rolle als Hausfrau besinnt. Erntet er damit Protest? Verweist Christa auf ihr Recht, Karriere zu machen und sich selbst zu verwirklichen? Nicht im Programm von ZDF neo. Dort lässt sich eine Frau noch von einem Mann sagen, dass ihr Ehrgeiz ihr Kind krank mache und zieht die einzig richtige Konsequenz: Sie kündigt und wird Hausfrau.

Eine Botschaft, die auf ZDF neo Standard ist. Zu den immer gleichen Serien, die der Spartensender im Advent abnudelt, gehört auch „Ich heirate eine Familie“. Dort gelingt Angie in der letzten Staffel eine Karriere als Modeberaterin. In diesem Fall macht ihr beruflicher Ehrgeiz nicht ihr Kind krank – sondern ihren Ehemann. Doch der übersteht einen riskanten Eingriff und gibt Angie somit die Gelegenheit, zu bereuen und sich zu bessern. Auch sie kündigt den spannenden und ertragreichen Job und wird wieder Hausfrau.

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Emanzipiert ist ZDF neo also so wenig, wie es kulturell sensibel ist. Doch der Spartensender geht weiter. In „Radio Powerplay“ geben sich die als heterosexuell etablierten Hauptfiguren als Frauen aus und schmuggeln sich so in ein Mädchenpensionat. Dort nutzen sie ihre Machtstellung als vermeintliche neue Lehrerinnen und schleichen sich in die Umkleidekabine der Turnhalle. Dort beuten die Erwachsenen Minderjährige sexuell aus, indem sie ihnen mit einem geifernden Grinsen beim Umziehen zuschauen.

Geht es dem ZDF darum, sich mit dem Spartensender neo eine Plattform für reaktionäres und kriminelles Gedankengut zu erhalten? Wohl kaum. Eine Plattform wie ZDF neo nimmt anderen Sendern aber schlicht Plätze weg, belegt Lizenzen und erschwert so privaten Anbietern den Aufstieg. Mit was das Programm dann gefüllt wird, ist offensichtlich egal: Serien mit uralten Rollenbildern, Filme mit Scherzen über die vermeintlich kriminelle Ader von Indianern oder Filme, in denen Erwachsene Minderjährige sexuell ausbeuten? Egal, Hauptsache es frisst Sendezeit auf. Zur Not auch, indem man Behinderte vorführt. Täglich. Mehrfach.

Im Schatten des Spartensenders konserviert das ZDF ein Weltbild, gegen das sein eigenes Personal so nachhaltig rebelliert – und der Sender lässt es aus strategischen Gründen zu.

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