Tichys Einblick
Maybrit Illner und Klartext

ZDF im Endkampf zur Bundestagswahl

Am Donnerstagabend ist Wahlkampftag im ZDF. In einer Mammutsendung namens „Klartext“ sollen Kanzlerkandidaten Zuschauerfragen beantworten. Dass die Fragesteller alle links sind, ist sicher Zufall. Und Maybrit Illner verteidigt mit Gysi die Migrationskrise gegen jede Kritik.

Screenprint: ZDF/maybrit illner

„Ständig passieren bei uns Morde, auch durch Deutsche“, sagt Gregor Gysi über den Anschlag von München. Damit ist er wenigstens ehrlich: Es ist ihm egal, er feuert seine Mitleidshülsen ab und wird weiter jede Veränderung der Migrationspolitik verhindern. „Betroffenheit reicht nicht, es geht um Konsequenzen“, sagt CSU-Politiker Alexander Dobrindt. Nur Konsequenzen liefern kann er nicht. Wolfgang Kubicki sagt auch irgendwas.

Maybrit Illner hat eine Mission: Wenn in der Woche vor den Wahlen ein Terroranschlag das Land erschüttert, muss die Politik der offenen Grenzen geschützt werden.

„Das, was wir heute aus München diskutieren“, sei „in aller, aller erster Linie ein Sicherheitsproblem und nicht ein Migrationsproblem“, verkündet sie schon am Anfang der Sendung. „Aschaffenburg, Magdeburg, München waren Sicherheits- und Ermittlungsprobleme“ – eine Diskussion über diesen Glaubenssatz wird nicht zugelassen.

Leere Phrasen bei Illner

„Natürlich ist es ein Migrationsproblem, weil es die Migration ist, die uns überfordert“, versucht Dobrindt das Rechtsblinken. Besser macht es Sahra Wagenknecht: Kriminelle und abgelehnte Asylbewerber hätten ihr zufolge das Land sofort zu verlassen.

Bei der Abstimmung über das Merzsche Zustrombegrenzungsgesetz haben drei BSW-Abgeordnete im Bundestag gefehlt, zwei wegen Krankheit, einer auf Wahlkampf-Termin, so die offizielle Mitteilung.

Ist es wichtig, was für Phrasen die Politiker in dieser Runde dreschen? BSW, Linke, FDP und Union sind vertreten. Die Union hat mit Friedrich Merz zumindest versucht, neue Gesetze in den Bundestag einzubringen. Auch wenn es erfolglos war.

Illner kämpft tapfer für das Weiter-so, an der Seite von Gregor Gysi. Letzterer lebt immer noch im Jahr 2015, als man sagte, die Grenzen könnten nicht geschützt werden. Illner ist empört, dass drei ihrer Diskussionsgäste es gewagt haben, einem Gesetz zuzustimmen, dem auch die AfD zugestimmt hat. „Das ist doch lächerlich“, bringt Wagenknecht es auf den Punkt.

Sahra Wagenknecht fährt an diesem Abend die großen rhetorischen Kanonen auf – und kämpft um AfD-Wähler. „Die eben nicht alle Nazis sind“, wie sie sagt. Sie würde um dieselben Wähler kämpfen wie die AfD; um jene Menschen, denen es nicht gut geht.

Diese Sendung ist vor allem eines – belanglos. Außer mit Dobrindt sind nur Kleinparteien vertreten, die um den Wiedereinzug in den Bundestag kämpfen müssen. Die FDP hat schon in den vergangenen drei Jahren unter Beweis gestellt, dass sie für Dienstwägen und Ministerposten alle Versprechen opfert. Der Anti-Covid-19-Maßnahmen-Wahlkampf der Liberalen war schnell vergessen, man ermöglichte einen Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Das Versprechen, die Steuern nicht zu erhöhen, wurde nur auf dem Papier eingehalten: Tatsächlich ist die Abgabenlast über die angepasste Grundsteuer, steigende CO2-Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge in die Höhe geschnellt.

Bei „Klartext“: Vier Kanzlerkandidaten stellen sich Zuschauerfragen

Am Vorabend begrüßte das ZDF vier der großen Kanzlerkandidaten in einer Mammutsendung „ZDF-Klartext“. Zwischen 19.40 Uhr und 22 Uhr stellten sich Olaf Scholz, Robert Habeck, Alice Weidel und Friedrich Merz den Fragen der Zuschauer. Miteinander diskutierten sie nicht. Und den Slot zur „Primetime“ um 20:15 Uhr konnte natürlich Habeck ergattern, der Kanzlerkandidat mit den schwächsten Umfragewerten der vier. ZDF-Zufälle.

„Jede einzelne dieser Taten ist unerträglich“, sagt Bundeskanzler Olaf Scholz zum Anschlag von München. Jede dieser Taten sei ein „Auftrag“, „zu gucken, was noch alles zu tun ist“. Es sind viele Aufträge in den letzten Monaten beim Kanzler eingegangen. Aber er hat sie alle mit leeren Worten abgebügelt und dann prompt vergessen. Der Täter von München soll, so der Kanzler, nach seiner Verurteilung abgeschoben werden.

Robert Habeck sagt, er wolle „pragmatischer“ werden – damit meint er, dass er die „Ideologie“ der Schuldenvermeidung aufgeben möchte. Er will „investieren“. Also Schulden machen, um Investitionen von Unternehmen zu subventionieren, um Bürokratie abzubauen, um sich Wirtschaftswachstum mit einem „Sondervermögen“ zu kaufen.

Eine Dame aus Bremen erklärt: In ihren Laden in Bremen wurde innerhalb von 14 Tagen drei Mal eingebrochen – von derselben Person. Die Polizei hatte diese schon nach dem zweiten Mal verhaftet. „Was wollen Sie tun, damit diese Kriminellen endlich mal konsequent verfolgt und bestraft werden?“.

Robert Habeck erzählt, dass er Polizeifahrten mitgemacht habe. Es gebe 30.000 offene Haftbefehle. „Es ist völlig unstrittig, dass wir eine große Sicherheitsoffensive brauchen“, sagt Habeck. Einen konkreten Plan kann er aber nicht vorstellen.

Übrigens findet Habeck Brandmauern schlecht: Das sei gefährlich, die Zusammenarbeit mit „Parteien aus dem demokratischen Spektrum“ auszuschließen, weil dann am Ende nur eine Zusammenarbeit mit rechtspopulistischen Parteien übrig sei. Heißt konkret: Keine Brandmauer zur Mauermörder-Linken; die Brandmauer zur AfD bleibt bestehen.

Alice Weidel muss sich erst einmal rechtfertigen, dass sie nicht Ausländer per se hasst, sondern nur solche ausweisen will, die illegal oder kriminell sind. Außerdem soll Weidel, konfrontiert mit einer abgelehnten Asylbewerberin, die Altenpflegerin ist, spontan erklären, ob sie im Land bleiben darf. Die Fragen stellt die Asylbewerberin nicht selbst, sie wurde als Diskussionsobjekt von ihrem Arbeitgeber Bodo de Vries mit in die Sendung gebracht.

Er stellt die Fragen. Die Altenpflegerin ist in Deutschland geduldet – und kämpft darum, dank ihres Arbeitsplatzes bleiben zu dürfen. Aber warum ist sie nicht von Anfang an als Arbeitnehmerin nach Deutschland gekommen, will Weidel wissen? Das ist legal und soll sich auch unter einer AfD-Regierung nicht ändern. Das ZDF kämpft mit harten Bandagen, lässt Weidel kaum aussprechen und versucht, sie mit Nachfragen in die Enge zu treiben. Ganz anders als bei Habeck und Scholz, die referieren durften. Später stellt sich heraus: Die Fragensteller sind nicht zufällig in der Sendung. Bodo de Vries ist nicht in die Sendung gekommen, um eine Frage zu stellen, sondern um „Stellung zu beziehen“. Auf der Seite des Evangelischen Johanneswerks, dessen Geschäftsführer er ist, steht:

Nächste Woche beziehen wir Stellung auf der großen Bühne: Unser Geschäftsführer Dr. Bodo de Vries wird in der ZDF-Sendung „Klartext“ AfD-Chefin Alice Weidel mit dem Thema Migration und Pflege konfrontieren – und ihr unmissverständlich sagen, dass wir Menschen aus anderen Herkunftsländern sehr schätzen und auch dringend brauchen. Begleitet wird er von unserer Kollegin Guranda Bolkvadze, die als Pflegehelferin im Johannes-Haus arbeitet.

Ein anderer „Unternehmer“, der einen Kurzvortrag darüber hält, dass jede Eingrenzung illegaler Migration Teufelswerk sei, ist Mitglied des grüngeförderten Bündnisses „Brandenburg zeigt Haltung“.

Ein CDU-Kommunalpolitiker, der einen „Bürgerwindpark“ betreibt, soll Weidel im Thema Energiepolitik stellen. Er rechnet vor: Nicht-subventionierter Atomstrom kann niemals mit seinem hochsubventionierten Windstrom konkurrieren.

Friedrich Merz muss zu Brandmauer und der Deutschen Bahn sprechen. Eine Zusammenarbeit mit der AfD lehnt er weiter ab – das ist bekannt. Die Bahn soll teilprivatisiert werden. So irrelevant in einer Zeit, in der es seit drei Jahren kein ernsthaftes Wachstum mehr gegeben hat. So irrelevant in einer Zeit, in der es fast wöchentlich zu neuen Anschlägen kommt. Friedrich Merz will keine andere Politik machen als Scholz und Habeck bei den Themen Heizen, Verbrennerverbot und Energie. Für ihn soll lediglich „der Staat keine Technologie vorgeben“. Hört sich gut an, bis klar wird, dass auch die CDU die Bürger über immer weiter steigende CO2-Abgaben und den Emissionshandel schröpfen wird.


Korrekturhinweis 14.2.2025, 13:50 Uhr: In einer früheren Version hieß es, dass die Hälfte der BSW-Abgeordneten während der Abstimmung zum Zustrombegrenzungsgesetz im Bundestag nicht anwesend war. Diese Angabe wurde korrigiert, wir bitten um Entschuldigung.


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