Es sind die Quoten vom Freitag. Aber es könnten die Quoten von jedem Tag sein, an dem kein Fußball im ZDF läuft: Das Zweite ist Marktführer bei allen Zuschauern, aber nur der sechst häufigste gesehene Sender bei den Bürgern unter 50 Jahren. Seine Krimis „Der Staatsanwalt“ und „SOKO Leipzig“ sind bundesweit die beiden meist gesehenen Sendungen des Abends, aber nicht mal jeder zehnte Zuschauer ist unter 50 Jahren. Beim Staatsanwalt sind gerade mal 5,6 Prozent der Zuschauer nach dem 15. Juli 1972 geboren worden. Das ZDF ist das Bällebad für alte Leute.
Die Rechnung stammt von Bendix Lippe. Er war im Fernsehrat und muss diesen jetzt verlassen. Geschickt hatte ihn das Bundesministerium für Jugend, Familie, Senioren und Frauen. In den nächsten drei Amtszeiten sitzen auf dem Platz des Ministeriums Vertreter der drei anderen Ressorts. Während die katholische Kirche 21,6 Millionen Mitglieder hat – Tendenz stark fallend – und mit zwei Plätzen im Fernsehrat vertreten ist, spricht dort nur einer für junge Menschen. Und auch das eben nur alle sechs Jahre. Kirchen und Gewerkschaften stünde es frei, selbst junge Vertreter zu schicken. Doch die „Aufwandsentschädigung“ und andere Vergünstigungen nehmen gerne die Großkopferten unter den Funktionären mit.
Wie dieser Rat dann arbeitet, darüber hat Lippe einen Gastbeitrag geschrieben, den DWDL veröffentlicht hat. Ein Portal, das sich auf Medienthemen spezialisiert hat. Der Beitrag lässt gut erkennen, warum das ZDF trotz all seiner finanziellen Möglichkeiten nur eine Plattform für Wintersport-Marathons, schlecht gemachte Krimis und Pilcher-Kitsch ist – ein Bällebad für alte Leute halt. Der Fernsehrat soll Impulse aus der Gesellschaft geben, damit das Programm besser wird. Doch dieser leistet das nicht, und es ist auch nicht gewollt, wie Lippe es bei DWDL beschreibt: „Wer den Lerchenberg kennt, der weiß allerdings auch: Veränderung ist nicht die liebste Beschäftigung des ZDF.“ Vor allem, wenn es um das junge Publikum gehe. Die Fernsehmacher seien daher nicht gerade neugierig auf die Vorschläge, die aus dem Rat kämen.
Stattdesen sei das Gremium, das die Gesellschaft repräsentieren soll, zu einer Art politischer Spielwiese verkommen: 20 von 60 Plätzen seien ohnehin schon für die Politik reserviert. Doch auch die Vertreter von Kirchen, Gewerkschaften oder Verbänden würden sich ohne Not den Parteienlagern unterordnen. Um Spielchen zu spielen: etwa einen Ausschuss-Vorsitz zu erhalten. Noch einen kleinen Zuschuss zum Salär, noch ein wenig Luft ins Ego – statt ernsthafter Programmkritik: „Insgesamt ist im Fernsehrat alles irgendwie politisch“, schreibt Lippe bei DWDL. Mitglieder, die „normal“ blieben, bekämen keine Zuarbeit und könnten sich so zum Beispiel nur schwer durch Haushaltspläne kämpfen.
Es müsse schnell eine „erhebliche, finanzielle Umschichtung“ folgen, fordert Lippe bei DWDL. Sprich: Das Geld müsste in Programme investiert werden, die ein Publikum ansprechen, das im Leben steht – statt es nur passieren zu lassen. Doch ZDF-Intendant Norbert Himmler hat bereits mehrfach angekündigt, an seiner Politik nichts ändern zu wollen, die Existenz des Senders weiter mit der Marktführerschaft bei allen Zuschauern zu rechtfertigen. So bleibt das ZDF das Bällebad für alte Leute.
Ach so: Der Fernsehrat hat Marlehn Thieme als Vorsitzende wiedergewählt. Die 65-Jährige führt das Gremium seit sechs Jahren. Bekannt wurde sie in dieser Funktion durch Initiativen wie … oder durch Zitate wie …, also dadurch, dass sie die Funktion hat. Sie ist Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland, wodurch sie in den Fernsehrat kam und den leitet, um ihn zu leiten.