Tichys Einblick
Schwammige Begründung

ZDF gibt bekannt: Moderatorin „Kiwi“ soll Israel-Kette nicht mehr tragen

Im ZDF-Fernsehgarten trug die Moderatorin Andrea Kiewel eine Kette mit den Umrissen Israels. Das will ihr der Sender verbieten. Als Begründung gibt das ZDF an, dass „in unseren Moderationen grundsätzlich kein politisch interpretierbarer Schmuck auftauchen“ solle.

Moderatorin Andrea Kiewel ZDF-Fernsehgarten, 12. Mai 2024 in Mainz

picture alliance / DeFodi Images | Marco Steinbrenner

Die öffentlich-rechtlichen Sender sind nicht gerade dafür bekannt, große Ahnung zu haben, wenn es um Israel-Landkarten geht. Regelmäßig schleichen sich in TV-Beiträgen Fehler oder Ungenauigkeiten in der Darstellung ein. In einem besonderen Fall will es das ZDF nun aber ganz genau nehmen und verbietet einer ihrer Spitzenmoderatoren de facto das Tragen einer vermeintlich falschen Kette.

Konkret geht es um Andrea Kiewel, auch bekannt als „Kiwi“, die im Sommer allsonntäglich den eigentlich unpolitischen ZDF-Fernsehgarten moderiert. So auch am vergangenen Wochenende. Zu einem etwas gewagten sommerlichen Auftritt trug „Kiwi“ dieses Mal mehrere Ketten. Eine zeigte in hebräischen Lettern das Wort „Oscher“, was auf Deutsch „Glück“ bedeutet. Eine andere bestand aus den Umrissen Israels.

„Umstritten“ oder „besetzt“?

Das angebliche Problem: Die Landkarte der Kette bildete Israel inklusive der umstrittenen Gebiete ab, die hierzulande in der Regel als „israelisch besetzt“ bezeichnet werden: neben den Golanhöhen vor allem Judäa und Samaria, auch bekannt als „Westjordanland“. Israel hatte diese Territorien 1967 im Sechs-Tage-Krieg erobert.

Seitdem sind mehrere hunderttausend Israelis dorthin gezogen oder dort geboren und aufgewachsen (sogenannte „Siedler“). Aus israelischer Sicht sind die in Israel lediglich als „Gebiete“ bezeichneten Territorien ohne klaren staatlichen Besitzanspruch, weil dort vor der israelischen Eroberung kein Staat der Region eine legitime Souveränität ausgeübt hatte. Bis 1948 hatten die Gebiete, in denen schon das biblische Volk Israel siedelte, zum britischen Mandatsgebiet „Palästina“ gehört, in dem laut Balfour-Erklärung von 1917 eine „jüdische Heimstätte“ entstehen sollte.

Der völkerrechtliche Mainstream dagegen behauptet, die Gebiete seien nicht zwischen den Konfliktparteien umstritten, sondern – laut Internationalem Gerichtshof sogar illegal – besetzt und müssten zwangsläufig in einem palästinensischen Staat aufgehen.

Chebli macht mobil

Dementsprechend zeigten sich bei X „Israel-Kritiker“ empört über „Kiwis“ Schmuckauswahl, darunter der islamistische Publizist Tarek Baé. Auch Sawsan Chebli, frühere Sprecherin des Auswärtigen Amtes mit palästinensischen Wurzeln, bat das ZDF um „Aufklärung“ und empörte sich: „Stellt euch vor, eine Moderatorin trägt eine Kette mit der historischen Karte Palästinas.“

Damit spielte Chebli darauf an, dass hierzulande immer wieder Kritik an „Palästina-Karten“ laut wird, die „Palästina“ ohne Israel zeigen. Chebli insinuierte nun, dass es einen doppelten Standard gebe, nach dem Motto: Wenn eine „Palästina“-Karte ohne Israel gezeigt wird, ist die Aufregung groß; bei einer Israel-Karte ohne „Palästina“ herrscht hingegen Schweigen.

Doch Cheblis Vergleich hinkt von vornherein: So etwas wie eine „historische Karte Palästinas“ kann es schließlich gar nicht geben, weil eine politische Einheit „Palästina“ als staatliche Vertretung der „Palästinenser“ nie existierte. Anders als der Staat Israel, der seine Geschichte in moderner Zeit bis 1948, in alten Zeiten bis zum vereinigten Königreich seit König Saul beziehungsweise den getrennten Königreichen Israel und Juda nach König Salomo zurückverfolgen kann (damals inklusive der heute umstrittenen Gebiete).

„Palästina“ hingegen war ursprünglich ein Kampfbegriff der Römer, um die Verbindung des jüdischen Volkes zu Juda aus dem Gedächtnis zu löschen. Seitdem wurde es als rein geographische Beschreibung des bekannten Gebietes in der Levante genutzt. Ein von den anderen Arabern abgrenzbares palästinensisches Volk entwickelte sich allenfalls in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

ZDF: Kein „politisch interpretierbarer“ Schmuck

Ob Chebli diese Fakten nicht bekannt sind oder sie sich bloß dumm stellt, bleibt ihr Geheimnis. Das ZDF zeigte sich jedenfalls empfänglich für die Kritik der „Palästina-Freunde“: Am Dienstag teilte eine Sprecherin mit, dass Kiewel „den Schmuckanhänger zukünftig nicht mehr in der Sendung tragen wird“, wie zuerst t-online berichtete. Auf TE-Nachfrage, ob das eine Anordnung des Senders gewesen sei, betonte die Sprecherin, man habe mit Kiewel gesprochen und sei sich mit ihr darüber einig.

Natürlich darf bezweifelt werden, dass die Moderatorin freiwillig und mit Freude auf die Kette verzichtet. Kiewel hat selbst einen Lebensgefährten und einen Wohnsitz in Israel, wo sie auch den Hamas-Überfall am 7. Oktober erlebte. Sie ist nach eigener Aussage Jüdin und hat wiederholt in öffentlichen Äußerungen ihre besondere Verbundenheit mit dem jüdischen Staat zum Ausdruck gebracht.

Als Begründung für den Schritt gab das ZDF auf TE-Nachfrage an, dass „in unseren Moderationen grundsätzlich kein politisch interpretierbarer Schmuck auftauchen“ solle. Das wiederum ist extrem schwammig: Was wohl passieren würde, wenn Kiewel demnächst mit einer Kette für die Freilassung der Geiseln auftauchen würde? Eine politische Forderung ist auch das.

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