In der zweiten Hälfte der 80er Jahre war das ZDF Marktführer in Sachen Unterhaltung: Erfolgsserien wie die Schwarzwaldklinik, Anna oder die Drombuschs sorgten für Topquoten und lieferten den Stoff, über den sich die Deutschen auf dem Marktplatz, der Arbeit oder in der Kneipe unterhielten. In dieser Zeit übernahm Thomas Gottschalk das Samstagabend-Format „Wetten, dass..?“ von Frank Elstner, der es 1981 erfunden hatte, und führte es erst zu der Größe, für die es im Nachgang steht.
„Kein Blick zurück“, soll es sein, wenn das ZDF das Format nun wieder belebt, sagt dessen Unterhaltungschef, Dr. Oliver Heidemann. Stattdessen verspricht er: „Es wird ein Wetten, dass..?, wie wir es uns alle vorstellen.“ Außenwetten soll es geben, internationale Künstler auftreten und eine große Couch werde in Nürnberg wieder das Bühnenbild dominieren. Kurzum: Eine „Familienshow“ soll es sein.
Gelingt das, wäre es für das ZDF ein wichtiger Triumph. Denn in der Familie erreicht das ZDF oft genug nur Oma und Opa, schon bei Mama und Papa wird es schwieriger – die Söhne und Töchter vergnügen sich mittlerweile eher auf YouTube oder auf Streaming-Plattformen. Sie zu erreichen, gehört zur strategischen Zielrichtung der Mainzer Planer.
Erstaunlich, dass dies nun mit Klassikern gelingen soll. Zum einen mit Thomas „Herbstblond“ Gottschalk. Während des Lockdowns wurde er in der Medienpräsenz nur von Karl Lauterbach geschlagen. Von Pro7 bis Bild.de bot sich der Moderator auf allen Kanälen an. So dürfte es jetzt wenig überraschen, dass er wieder die Show übernimmt, die seinen Ruhm einst wesentlich prägte.
Die Metapher vom „Lagerfeuer“, vor dem sich alle versammeln und dass es nicht mehr gebe, ist zwar ausgelutscht – aber halt auch zutreffend. Zumal für das ZDF. Die Zeit, in der ein alle umarmender Thomas Gottschalk in der öffentlichen Wahrnehmung für den Sender stand, ist vorbei. Mittlerweile repräsentiert Jan Böhmermann das ZDF. Der umarmt nicht. Der spritzt Gift.
Das liefert zwar Schlagzeilen. Das findet sogar sein Publikum. Doch das wiederum freut sich in erster Linie darüber, dass Missliebige endlich mal so richtig einen abkriegen. Am besten mit ehrverletzenden Griffen in die Fäkalien-Kiste. Fliegt das Gift nur in die richtige Richtung, sind Lookismus, Sexismus oder Antisemitismus plötzlich kein Problem mehr. Solch eine Zielgruppe bildet keine Fernsehfamilie, die sich vor dem Lagerfeuer vereint. Eher eine, in der die Tochter auszieht, der Sohn enterbt wird und sich die Mutter scheiden lässt, während sich der Vater die Welt schön säuft.
Zeigt das ZDF heute große Shows, sind das Mega-Ereignisse ohne erkennbare Dramaturgie. Bei denen es den Zuschauern nicht auffällt, wenn sie zwischenzeitlich weggenickt sind. Oder Angebote, die nur kleine Zielgruppen anziehen oder Zuschauer, die in den Sendungen davor eingeschlafen sind.
Nun also der Rückgriff auf „Wetten, dass..?“. Auf Außenwette und Wettkönig. Vorerst ist die November-Ausgabe nur als einmaliges Event angelegt. Doch, wenn es erfolgreich ist? Das ZDF würde kaum einen Weg verlassen, der zum jüngeren Teil der Familie führt. Und Gottschalk erhielte die Chance, Lauterbach vom Thron der Dauerpräsenz im Fernsehen zu verstoßen.