Tichys Einblick
Medien, Journalisten, Politiker, Aktivisten

Wie Medien sofort Israel beschuldigten, statt nachzuprüfen

Tagesschau, Deutschlandfunk, CNN und viele andere verbreiteten sofort, Israel sei verantwortlich für den Angriff auf ein Krankenhaus in Gaza-Stadt. Nur: dafür gibt es bis jetzt keinen Beleg. Es spricht vieles dafür, dass die Explosion eine andere Ursache hatte

Screenprints - Collage: TE

„Bei einem israelischen Gegenangriff auf den Gazastreifen wurden in einem Krankenhaus laut dem Gesundheitsministerium der Hamas Dutzende Menschen getötet oder verletzt“, meldete die Online-Seite der Tagesschau. In gleicher Tonlage wies auch der Deutschlandfunk die Verantwortung für die Explosion auf dem Gelände des Ahli Arab-Krankenhauses in Gaza-Stadt Israel zu.

— ÖRR Antisemitismus Watch (@Antisemiticblog) October 18, 2023

Auch auf Twitter verbreiteten viele Nutzer die Behauptung, Israel habe das Krankenhaus bombardiert, etwa die frühere Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli.

Vorher berichteten schon große englischsprachige Medien mit der gleichen Stoßrichtung. CNN sprach von einem „israelischen Luftschlag“ („Hundreds of people may have been killed in an Israeli strike on a Gaza City hospital, according to the Palestinian health ministry“) die britische BBC meldeten fast wortgleich: „Hundreds feared dead or injured in Israeli air strike on hospital in Gaza, Palestinian officials say“. Auch für die New York Times stand der Schuldige sofort fest: „At least 500 people were killed by an Israeli airstrike at a Gaza hospital, the Palestinian Health Ministry said.“ Alle führten das Hamas-Gesundheitsministerium als Quelle an.

Bei den schnellen Urteilen auf dünner Basis könnte es sich um eins der peinlichsten Beispiele für Medienversagen und Einseitigkeit seit langem handeln. Die israelische Armee wies umgehend zurück, das Krankenhaus bombardiert zu haben – und machte darauf aufmerksam, dass Aufnahmen des Hospital-Parkplatzes, wo Autos ausbrannten und offenbar auch zahlreiche Menschen starben, keinen Bombenkrater zeigen, wie er für einen israelischen Luftangriff typisch wäre. Die Bilder zeigen auch, dass das Krankenhausgebäude selbst offenbar unversehrt blieb. Israels Armee hält es für die wahrscheinlichste Variante, dass auf dem Parklplatz eine der ungelenkten Kassam-Raketen einschlug, wie sie der Islamische Dschihad zu hunderten aus dem Gazastreifen abfeuert. Auch bei Raketenattacken der islamischen Militärorganisation in der Vergangenheit gingen immer wieder Kassam-Geschosse im Gazastreifen selbst nieder.

Später entfernten Tagesschau und Deutschlandfunk ihre Schuldzuweisungen wieder, um sie durch die Meldung zu ersetzen, es gebe von der israelischen Seite und der Hamas „gegenseitige Schuldvorwürfe“. Aber selbst dann behielt die Berichterstattung eine starke Schlagseite: War sich die Tagesschau erst ganz sicher über die Verantwortung Israels, und verzichtete auch jedes „soll“ und „angeblich“, erklärte die zugeschaltete Tagesschau-Reporterin Hanna Resch nun über die israelische Seite: „Sie behaupten, dass es ein Raketenangriff beziehungsweise eine fehlgeleitete Rakete gewesen sein soll“.

Bei phoenix möchte ein Mitarbeiter des Hauses den israelischen Botschafter in Deutschland Ron Prosor belehren:

International sah es ebenso finster aus:

Die New York Times, die sich immer wieder selbst ausführlich als Bollwerk gegen Fake News lobt, änderte innerhalb kurzer Zeit gleich zweimal die Überschrift ihrer Meldung und den Text selbst. Hieß es dort erst „israelischer Luftschlag“, war dann nur noch von „Luftschlag“ und schließlich von „Explosion“ die Rede.

Auf Twitter schrieb ein sarkastischer Witzbold, die New York Times habe ihren Chefredakteur Ismail Haniyeh gefeuert, weil er die Geschichte des bombardierten Krankenhauses in Gaza fasch dargestellt habe.

Als andere Nutzer kommentierten, Haniyeh sei doch gar nicht Chefredakteur der NYT, sondern Chef der Hamas, erwiderte der Medienkritiker:

„Jetzt ist es zu spät, ich habe meiner Quelle vertraut (Haniyeh versicherte mir, er sei Chefredakteur) nun ist der Tweet um die Welt gegangen, und es kann nichts getan werden, um ihn zu korrigieren.“

Fazit, an das sich die meisten Medien leider weiterhin nicht halten werden, wenn man die Entwicklung der letzten Jahre betrachtet:

Anzeige
Die mobile Version verlassen