Hat Rainald Becker, ARD, wirklich geglaubt, Frau Merkel sagt ihm, was sie dachte, als sie ihr Wahlergebnis hörte, und ob sie überlegte, wer die 35 sind, deren Stimmen sie nicht erhalten hat? Tina Hassel hört von AM, nein, es könne nicht weitergehen wie bisher, „weil die Probleme völlig anders geworden sind“. Welche Probleme wie anders wurden, fragt Hassel nicht. AM darf auch mit bemüht bedeutungsvoller Miene sagen, die GroKo ginge m-i-t g-r-o-ß-e-r E-r-n-st-haftig-k-e-i-t an die Regierungsarbeit. War das bisher nicht der Fall? Die nächste ungestellte Frage des braven ARD-Duetts.
Frau Hassel zitiert Steinmeier, der gestern von „einer Bewährungsprobe der Demokratie“ sprach und den Problemen, die den Leuten auf den Nägeln brennen, ob das nicht hieße, es wurde in der letzten Amtsperiode an diesen vorbeiregiert. Nein, natürlich nicht sagt AM. Einmal wagt Hassel die Nachfrage, aber wäre das nicht eine Mahnung des Bundespräsidenten? AM: nein.
Rainald Becker fragt, ob AM die AfD am Ende der Periode aus dem Bundestag haben will, ja durch Probleme lösen, ist die erschöpfende Auskunft. Tina Hassel: haben Sie sich über Spahns niemand-ist-arm geärgert? AM: langer Nullvortrag über Sozialpolitik. Becker: Wie ist es mit Seehofers Absicht von mehr Abschiebungen? AM: J-e-i-n. Mutige Nachfrage, wird es mehr Abschiebungen geben? AM: J-e-i-n.
Hassel: wäre Nahles nicht besser im Kabinett? AM: Schwurbel, schwurbel. Becker: Trump? AM: „ziemliche Krise des Multilateralismus“, nun muss Europa, müssen wir reden, schwurbel. Becker: Russland, Eskalation mit Britannien? AM: Wir müssen reden, reden. Der Höhepunkt die Frage Beckers, ob das ihre letzte Amtszeit ist. AM: summ-summ-summ. Tatsächlich fragt Hassel: aber was heißt das jetzt? AM: Ich könnte sagen, Sie kennen mich, ich antworte immer erst, wenn es notwendig ist. Ende der von zwei Journalisten kaum unterbrochenen vagen und zusammenhangslosen, unvollständigen Sätze in AM-leicht-und-seicht-Sprech. Die Sendung heißt Farbe bekennen. Hier blieb alles neblig grau.
Claus Kleber hatte AM schon nachmittags im Heute Journal des ZDF, das lässt sich praktischer Weise nachlesen: Die Blaupause für keine Farbe bekennen bei der ARD.
Was die zwei von der ARD noch zaghaft versuchten, lässt ZDF-Kleber gleich ganz sein. Einmal mehr führen beide vor, ein Staatssender wäre genug und halb so teuer. Es hat sich ein Stil zwischen Angela Dorothea Merkel und den Staatssendern etabliert, wo die Journalisten nur noch Stichwörtchen geben und AM ihre, höflich formuliert, kaum Sätze zu nennenden Nichtaussagen ungestört vortragen darf, bei denen die nach wie vor an sie Glaubenden einschlafen, die Ruhigen ihrer Gegner wegzappen und die Temperamentvollen unter ihnen sich sehr anstrengen müssen, keine Gegenstände in den Bildschirm zu werfen.
Frank-Walter Steinmeier sagte dem neuen Kabinett: „Um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, wird ein schlichter Neuaufguss des Alten nicht genügen“. Genau das hat begonnen, der schlichte Neuaufguss des Alten durch die neu gewählte Kanzlerin, die alte, die bei der ARD zum ersten mal nach sehr langer Zeit wieder zu sagen wagte: Sie kennen mich. Ja, tun wir Frau Merkel, leider.
Vierte Amtszeit Merkel und in Berlin nichts Neues, bloß viel zu viel vom Alten. Armes Deutschland.