Das erste Problem der Sendung: Es sind zu viele. Björn Höcke (AfD), Bodo Ramelow (Linke), Mario Voigt (CDU), Thomas Kemmerich (FDP), Katja Wolf (BSW), Bernhard Stengele (Grüne), Georg Maier (SPD).
Die Grünen und die FDP müssen nicht fürchten, noch einmal in den Landtag einzuziehen, die SPD liegt bei sechs Prozent und muss beten, nicht rauszufliegen. Diese Gesprächsteilnehmer hätte man streichen können und die Runde wäre übersichtlicher gewesen – nur wären dann halt keine Grünen im Studio gewesen.
Die relevanten Parteien in Thüringen sind zurzeit die CDU mit 21 Prozent der Stimmen in den neuesten Wahlumfragen, die Linke mit 16 Prozent, die AfD mit 30 Prozent und das Bündnis Sahra Wagenknecht mit 19 Prozent.
Schon in den ersten Minuten verkommt die Diskussion in Streit zwischen Voigt und Höcke, die nebeneinander platziert wurden. Daneben steht Ramelow und schweigt. Höcke wollte ein Eröffnungsstatement abgeben, statt die Frage der Moderatoren zu beantworten. „Das große Problem, das wurde hier doch auch offenkundig, ist, dass man die Fachkräftezuwanderung und die Asylzuwanderung zusammenmengt“, beschreibt Höcke das Problem der Sendung. Es soll über Migration diskutiert werden, aber alle Kritik an illegaler Migration und fehlenden Abschiebungen werden mit dem Rückgriff auf Fachkräftezuwanderung weggewischt.
Höcke will eine demographische Wende, die Thüringer sollen wieder mehr Kinder bekommen, damit der Fachkräftemangel gelindert wird. Katja Wolf vom BSW beschreibt das Problem gut: Viele Frauen haben Thüringen schon verlassen, das Land hat einen Männerüberschuss. Mal abgesehen davon, dass die Bürger offensichtlich keine Kinder mehr wollen: Sonst hätten sie sie schon. Daneben schlägt Wolf mit einer Spitze gegen Höcke, ob er denn Kinder haben wolle, wenn er eine demographische Wende wolle. Höcke ist vierfacher Vater.
Wenn Höcke redet, fällt ihm allzu oft Voigt ins Wort. Der Zuhörer versteht – nichts. Die Moderatoren des MDR rufen in Grundschulmanier dazu auf, dass man doch zu Ende reden lassen sollte. Vielleicht sollten sie auch Höcke und Voigt weg voneinander stellen. Für Höcke gibt es für jedes Problem im Land eine Erklärung, die „Mutter aller Krisen“, wie er es nennt: illegale Migration. Für viele Probleme ist das auch die Erklärung, aber über die illegale Migration zu schimpfen, ist keine Lösung, und es gibt viele Probleme – Energiekosten, Bürokratie usw. –, die weder von illegaler Migration verursacht noch durch die Bekämpfung derselben gelöst werden. Wenn Voigt ihn mehr ausreden lassen würde, würde das offensichtlicher werden.
Am Ende kommt der Hammer: Das BSW errichtet keine Brandmauer. Wolf hat „keine übergroße Angst davor, dass die AfD wahnsinnig viele gute Gesetzesvorschläge“ macht. Aber wenn es sie gibt, will sie „ohne Scheuklappen“ darüber entscheiden, ob man da mitstimmt. Das BSW wagt damit das, was die anderen Parteien niemals aussprechen würden. Sie würde vielleicht mit der AfD zusammenarbeiten – und wenn die CDU auch mit dem BSW zusammenarbeitet, ist das BSW dann die Brücke zwischen Voigt und Höcke?
Nein, denn Voigt lehnt auch das BSW ab. Und beendet die Diskussion mit einem direkten Angriff auf Höcke: „Sie haben sich disqualifiziert, das Land zu führen.“ Ramelow ist leise selbstkritisch: Er habe in der Minderheitsregierung mit Grünen und SPD Gutes geleistet, aber „er kann dem Land keine weitere Periode mit Minderheitsregierung empfehlen“.
Ob eine Regierungsbildung möglich ist, ist aber keineswegs sicher. AfD und BSW halten in den Umfragen zusammen 49 Prozent der Stimmen. In Sitze umgerechnet werden die beiden vermutlich sogar eine Mehrheit haben. Wenn die CDU mit beiden nicht koalieren will: Mit wem will sie dann eine Mehrheit finden? Oder aber BSW und AfD pfeifen auf die Union – und machen einfach selber eine Regierung.