„Was läuft schief mit dem Islam, haben Behörden zu lange billigend weggesehen?“, fragt Moderator Michael Fleischhacker bei Talk im Hangar-7. Und wir fragen uns, warum diese Sendung, die sonst meist aus Salzburg, diesmal ausnahmsweise aus Wien, immer noch zu nachtschlafender Zeit bei ServusTV ausgestrahlt wird. Schließlich wird sie im deutschsprachigem Raum angesichts des bundesdeutschen Zwangsgebührenfernsehens und seiner regierungsnahen vier großen Talkshows immer beliebter, aber auch immer notwendiger.
Wer ist zu Gast, um sich an das Thema Islamismus und Islam heranzutrauen? Und vielleicht auch an die Frage, wieviel Islamismus im wahren Islam steckt? Fleischhacker fragt: Ist der Islam überhaupt reformierbar?
Zu Gast bei Hangar-7 ist die Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP), sie ist seit dem 8. Januar Ministerin der österreichischen Regierung Kurz II. Und hier zuständig für Frauen und Integration. Wichtig zu wissen, dass dieses Ministerium eben nicht dem grünen Koalitionspartner zugeschlagen wurde, weil die ÖVP hier offenbar eine selbstverständliche Kompetenz reklamiert.
Ebenfalls dabei ist Ahmad Mansour, muslimischer deutsch-israelischer Psychologe, Autor und Integrationsexperte. Er sagt, die Zeit der schönen Worte sei vorbei, Europa müsse endlich gegen diejenigen Muslime vorgehen, die den Koran über unsere Gesetze stellen.
Mouhanad Khorchide ist österreichischer Islamwissenschaftler und Professor an der Universität Münster. Er hoffe noch auf die Stärkung eines europäischen Islams, „der unsere Werte mit dem muslimischen Glauben vereinen kann“, stellt Fleischhacker den gelernten Soziologen seinem Publikum vor.
Fleischhacker beginnt, wie wohl keine deutsche Talkshow zu so einem brisanten Thema beginnen würde, mit einem Einspieler zum Terror im Namen des Islam mit der Anmoderation: „Ein kurzer Überblick zur Blutspur quer durch Europa.“
Ahmad Mansour erinnert die Runde daran, dass er aus Israel kommt. Er wisse um den täglichen Kampf gegen den Terror. Und er besteht dennoch darauf, dass man sich nicht daran gewöhnen müsste, denn wenn die europäischen Behörden und der Sicherheitsapparat nur konsequent seine Arbeit machen würde, dann könne viel verhindert werden. „Wir können einfach nicht mit dieser Situation leben wollen.“ Den Radikalen müsse man das Leben so schwer wie möglich machen, sagt, nein: mahnt Mansur. Wir hätten zu lange weggeschaut, meint der Islamexperte.
„Aber wer sind denn eigentlich „wir“, die länger versucht hätten den Terror zu verdrängen? Ist das die Politik?“, will Fleischhacker wissen. „Es gibt nicht die Politik und die Medien, aber Teile der Politik wollten mit dem Thema nichts zu tun haben“, erwidert Mansour. Und weiter: „Wir haben eine Atmosphäre in Europa, vor allem in Deutschland, wo Menschen moralischer sein wollen und denken, wenn sie moralischer agieren, dann müssen sie die Muslime beschützen. Aber die Muslime sind Teil dieser Gesellschaft. Sie sind Bürger dieses Landes. Sie sind Teil von Europa. Wenn ich sie ernst nehme, muss ich über die positiven Entwicklungen unter Muslimen reden, aber auch über die negativen.“ Würde man nicht über die negativen Seiten reden, um die Rechtsradikalen nicht zu bedienen, dann führe das dazu, das „wir die Muslime verlieren.“
Die ÖVP-Politikerin und Integrationsministerin ist jetzt gefordert. Und sie besteht ihrerseits darauf, dass sich in den letzten Jahren schon ein Bewusstsein dafür entwickelt hätte. „Aber klar ist auch, es braucht einen ehrlichen Zugang zu dem Thema.“
Susanne Raab unterscheidet zwischen Religion und Ideologie, letztere würde die Religion missbrauchen. Aber ist das noch die Ehrlichkeit, die sie zuvor gerade noch gefordert hatte? Die entscheidende Frage könnte doch viel eher sein: Wieviel Terror-Ideologie steckt im Islam? Und sind die integrierten Muslime, also diese kaum mehr religiösen Nachbarn, nicht am Ende soviel Muslime, wie viele Deutsche und Österreicher Christen sind, nämlich aus der Sicht der Kirchen kaum noch? Raab macht es in etwa wie Alice Schwarzer: Sie unterscheidet noch einen Islam und einen politischen Islam, wo die Grenzen möglicherweise längst verschwimmen. Denn wie ist das eigentlich, wenn zwei Drittel der Türken in Deutschland Erdogan gewählt haben? Sind das dann längst Anhänger eines politischen Islam? Und was ist der überhaupt?
„Was tun wir mit den Islamisten, wenn sie aus dem Gefängnis kommen und noch nicht deradikalisiert sind?“ stellt Ministerin Raab als Frage in den Raum. Mansour mahnt eindringlich, dass wir in Europa ein Konzept bräuchten, mit Menschen umzugehen, die in Syrien und anderswo gar an einem Völkermord teilgenommen hätten und nur hierher kämen, weil es hier die besseren Gefängnisbedingungen gäbe. Die müssten vor Ort verurteilt werden und das völlig unabhängig davon, unter welchen Bedingungen dort verurteilt und bestraft würde. Raab spricht dazu von „geistig abnormen Rechtsbrechern“. Das sollte sich einmal eine deutsche Ministerin zu sagen trauen.
Mouhanad Khorchide wird ebenfalls konkret, er sieht in der Muslimbruderschaft eine große Gefahr, der es darum ginge, eine islamische Gesellschaft zu etablieren. Das sei auch kein großes Geheimnis, der Gründer hatte es aufgeschrieben, und seine Nachfolger würden es vielfach wiederholen. Alles stünde schon schwarz auf weiß da: wie zuerst die Jugend ideologisiert werden soll, bis hin zur Ausdehnung der Ideologie über die ganze Welt.
Polischer Islam sei hier überhaupt nicht abstrakt, er hätte gerade noch auf einer Internetseite von Muslimbrüdern nachgelesen: Da sei ganz klar von einer politischen Bewegung die Rede, für jeden nachlesbar. „Der Politische Islam ist eine antidemokratische, eine demokratiefeindliche Herrschaftsideologie“, so Khorchide. Von daher, ergänzt Mansour, wären die Muslimbrüder langfristig auch viel gefährlicher als beispielsweise die Dschihadisten, schon deshalb, weil sie ein Konzept hätten.
Österreich hat eine Dokumentationsstelle Politischer Islam gegründet, während sich deutsche Politiker immer noch darin gefallen, mit Teilen des Politischen Islam gemeinsame Konferenzen abzuhalten und ansonsten abzuwarten was da auf uns zukommen mag. Möglicherweise warten aber viele gemäßigte Muslime auf ein Zeichen der Regierungen, auf ein verlässliches Zeichen der Unterstützung. Auf ein Signal, dass man endlich die Gegner eines Politischen Islam mit allen Mitteln unterstützt im Sinne der westlichen Werte. Hier geht es doch um Glaubwürdigkeit insbesondere der Wehrhaftigkeit dieser Werte, nicht um eine diese Werte kontaminierende nur noch verquer moralisierende verängstigte Kuschelpolitik.
Fleischhacker meint, eine der Vorgehensweisen gegen Kritiker wäre es, diese als islamophob zu bezeichnen. Als prominentes Beispiel nimmt er den Ex-Fußballnationalspieler Mezut Özil, der von einer Zunahme der Islamophobie getwittert und damit quasi Teile seiner 25 Millionen Follower aufgehetzt hätte. Das ihrem Idol mutmaßlich auch etliche die Zuneigung entzogen haben, sollte hier aber ebenfalls erwähnt werden. Für Fleischhacker eine Pathologisierung der Kritiker. Mansour meint, den Moderator an der Stelle dann doch einmal erden zu müssen: Er erinnert an eine reale Muslimfeindlichkeit, die es in Europa natürlich auch gäbe und die hier nicht hergehören würde.
Aber dann fragt der Pschyologie Mansour, was Islamphobie eigentlich bedeute: „Ich glaube, wenn man Angst vor dem Islam hat, dann handelt man eigentlich gut. Dann hat man Zusammenhänge gesehen. Man hat die Anschläge gesehen.“ Hier würden Diskurse verhindert, indem man Kritiker pathologisiert.
Endlich darf auch die vor dreißig Jahren zum Isalm konvertierte Autorin und Flüchtlingshelferin Katja Schneidt etwas beisteuern. Sie musste sehr lange warten, hat ihren Mitdiskutanten aber sehr geduldig zugehört. Muss man erwähnen, dass Schneidt, die, so Fleischhacker, mit einem algerischen Partner zeitweise in einem streng muslimischen Haushalt lebte, hier ohne Kopftuch auftritt? Ist das bereits ein Hinweis auf einen von ihre gelebten gemäßigten Islam?
Für Schneidt gibt es die „fanatischen“ und die „normalen Muslime“, die ihren Glauben wenn, dann nur zu Hause ausleben, die nur darüber reden würden, wenn man sie darauf anspricht. Die kämen ihr immer ein bisschen zu kurz. Aber liegt das möglicherweise auch daran, dass diese Gruppe sich viel zu selten zu Wort meldet, wenn die Fanatiker ihre Blutspur durch Europa ziehen? Wollen sie nicht oder fühlen sie sich von den Regierungen noch zu wenig unterstützt, die ja, wie beispielsweise in Deutschland, oft keine scharfe Trennlinie zu Fanatikern ziehen?
Schneidt erzählt von einer dreijährigen Gefangenschaft unter einem türkischstämmigen Mann und sie betont, sie sei erst danach zum Islam konvertiert. Ohne konkreteres Wissen um die innere Verfassung der Frau kommt man leider nicht darum herum, hier zunächst eine Art Stockholm-Syndrom zu vermuten, erst recht, wenn Sie erzählt, sie hätte mit siebzehn Knochenbrüchen auf der Intensivstation gelegen, sei dort unter Waffengewalt wieder herausgeholt worden. Muss man sich sowas anhören?
Ja, man muss sogar genauer zuhören, will man zukünftig solche Schicksale europäischer Frauen und Mädchen vermeiden. Denn wenn Millionen Muslime nach Europa kommen, ohne dass über das Asylrecht hinaus eine geregelte Einwanderung nach Eignung vorgenommen wurde, übernehmen die Regierungen, die das billigen und sogar befördern, damit automatisch auch die Verantwortung für die Mädchen und Frauen aus dem Kreise der Zugewanderten. Wer die Macht hat, etwas zu ändern, sich aber wegduckt, macht sich da zweifellos mitschuldig.
Jetzt ist die Sendung noch nicht zu Ende. Aber schon bis hierher auf besondere Weise interessant und informativ. Es wird debattiert und vernünfitg miteinander gestritten, wie man es aus dem deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht mehr gewohnt ist. Dem Moderator und seinem Team soll dafür unser Beifall gehören. Und als Bonbon: Die Sendung gibt es auch in der Mediathek, so Sie, liebe Leserinnen und Leser also die Zeit haben und schauen wollen, wie es weiterging in der Runde, nutzen sie dieses Angebot als Empfehlung.