Tichys Einblick
"Last Christmas"?

Stegner bei Lanz: Die SPD in Agonie

Dass die SPD dort steht, wo sie gerade steht, nämlich weit unten, hat auch mit solchen Genossen wie Ralf Stegner zu tun.

Screenshot ZDF

Die schwarze Null kippt. Das meint kein anderer als Ralf Stegner, der immer noch als einer von acht Vize-Vorsitzenden firmiert und bei Markus Lanz spät abends zu Gast war.

Markus Lanz begann auch gleich damit, Stegner etwas zu grillen, während der rote Genosse gewohnt nordisch schnoddrig mit seiner leicht quietschenden Stimme viel und nichts sagte, aber auch viele Silben vernuschelte, eine Litanei ohne Punkt und Komma. An ein paar Stellen konnte er auch witzig sein (z. B. ans Publikum gerichtet, sehe ich wie ein Opfer aus?). Nein, ein begabter Redner ist er wahrlich nicht. Und selbst wenn er einigermaßen freundlich drein zu blicken versucht, hängen seine Mundwinkel stets weit nach unten – ähnlich der Kanzlerin, als Stimmungsbarometer der Bundesrepublik.

Dass die SPD dort steht, wo sie gerade steht, nämlich weit unten, hat auch mit solchen Genossen wie Ralf Stegner zu tun. Die meisten Bürger empfinden keinerlei Sympathien für solche Vertreter der Sozialdemokratie. Kein Charisma und auch sonst nicht viel zu sagen und das übellaunig . Was und wie es Stegner intern tut, weiß Ottonormalverbraucher nicht.

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Im Fernsehen jedenfalls punktet der ehemalige Innenminister Schleswig Holsteins Stegner kaum. Zu überheblich, besserwisserisch und brachial kommt er meist daher. Er steht zwar für linke Politik, und ist selbst beim linken Flügel der Genossen sowie bei den Jusos unbeliebt. Jeder spürt es seit Jahren, Ralf Stegner kostet Sympathiewerte und Wählerstimmen. Dessen ist er sich aber nicht bewusst. Wichtige Wahlen in Schleswig Holstein als Spitzenkandidat hat er stets verloren. Somit war Stegner auf den Posten als Oppositionsführer quasi festgeschrieben. Für die nächste Landtagswahl und den Landesparteivorsitz wird er auch nicht mehr Kandidat sein, der Provinzkönig hat  selbst entschieden, wer seine Nachfolgerin wird (im März wurde es Serpil Midyatli).

Nun saß er also bei Lanz im Studio, fast eine Spur zu lässig, bemüht, mit der nächsten Niederlage und Abfuhr im Gepäck. Diese SPD besteht aus ewigen Verlierern. Letzter (!) wurde er bei der SPD-Castingshow zum Bundesvorsitz gemeinsam mit Gesine Schwan. Ob es denn nicht an ihm nage, dass zwei No Names wie Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, ihm und sogar Olaf Scholz mit Klara Geywitz den Rang abliefen, wollte Lanz wissen, der sich als Moderator immer selbst gern in Szene setzt, besonders wenn es um Politik geht. Man soll als Zuschauer im Studio wie daheim auf dem Sofa stets vermittelt bekommen, seht her, eigentlich könnte ich auch in die Politik gehen. Dann, mach doch endlich. Vielleicht irgendwann als Regierungssprecher, wenn Steffen Seibert amtsmüde wird, oder mit der Kanzlerin abdankt.

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Nein, es nage überhaupt nicht, hätte er gewonnen, säße er nun als Bundesvorsitzender hier, aber, „hätte ich vier Räder, wäre ich ein Omnibus“, und hätte, hätte, Fahrradkette, fiel ihm auch noch ein, aber, fügte er hinzu, er zitiere Steinbrück äußerst selten. Dass ihm Kevin Kühnert intern ebenfalls den Rang abläuft und ihn längst überholt habe, sah Stegner nicht so. Auch habe er sich mit Kühnert ausgesprochen, lang herrschte Funkstille zwischen beiden.

Wenn sich Stegner um Frieden mit Juso Kevin bemüht hat, dann nur deshalb, um irgendwie an Stimmen für den nächsten Parteitag zu kommen. Stegner kann auch nicht loslassen, er will dabei sein, im SPD-Präsidium, im Machtzentrum der Sozialdemokraten, obwohl eher in Zirkeln entschieden wird, über wen sich der Daumen hebt oder senkt.

Momentan wirkt der linke Flügel gestärkt. Walter-Borjans und Esken wurden von den Jusos massiv unterstützt. Und Kühnert als ihr Mehrheitsbeschaffer wird definitiv Vize-Chef in einem kleineren Kreis werden. Ob Stegner dabei sein wird, ist nicht sicher, aber Ralle zeigte sich davon überzeugt, als wisse er schon mehr.

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Insgesamt aber eierte Stegner auch bei Lanz herum, kein klares Ja oder Nein, stattdessen verschachtelte und unverständliche Sätze, und immer ein „Jein“. Ohne Übertreibung, dieser Mann wirkt in der Öffentlichkeit als weiterer Sargnagel einer SPD in Agonie. Auf Olaf Scholz wollte er nichts kommen lassen, über dessen Zukunft wolle er nicht spekulieren, aber warum solle Scholz denn nicht Finanzminister bleiben? Die Regierung mache doch gute Arbeit. Ja, genau, warum soll Scholz nicht Minister bleiben? In der SPD von heute bleibt man in den Sesseln kleben – ganz wie in der CDU.

Stegner will das Scholz also bleibe, die Schwarze Null aber, die sei nicht zu halten, sie werde sicher kippen. Es müsse wieder mehr investiert werden. In die Schulen und in den Klimaschutz. Nachverhandlungen des Koalitionsvertrags? Wie bitteschön, solle das gehen, der Vertrag wurde doch schon verhandelt und beschlossen. Stegner selbst hält ergo auch nichts von den Vorschlägen Saskia Eskens. Was er so aber nicht verstanden wissen und stehen lassen wollte. Einen Satz vor, und zwei zurück.

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Journalistin Claudia Kade, „Die Welt“, fragte denn auch, warum eigentlich stets die Zusammenarbeit mit der CDU gelobt werde, wenn doch eindeutig Gegensätze da wären. Also gut, räumte Stegner ein, bei einer Sicherheitszone und Soldaten im syrisch-kurdischen Gebiet, wie von AKK vorgeschlagen, würde er die GroKo sicher verlassen wollen. Ansonsten aber, Besteuerung der Reichen, um die Kinderarmut zu bekämpfen. Da sei er mit Scholz auf einer Linie. Lanz: es sei ja genug Steuergeld da.

Stegner sowie der SPD zu Hilfe eilte der nächste Gast, Harald Krassnitzer, der österreichische Schauspieler, aus dem „tatort“ bekannt. Man könne nicht alles was schief laufe, der SPD zuschreiben, insgesamt regiere die GroKo so schlecht nicht. Meinte er schauspielere mit regiere?

Ausgerechnet Stegner sagte dann noch, er habe der eigenen Partei dazu geraten, mehr Solidarität untereinander zu üben und als Team aufzutreten. Worauf Claudia Kade mit einem Schmunzeln setzte, SPD, Solidarität und Team in einem Satz, das habe etwas.

Als letzten im bunten Gesprächskreis präsentierte Lanz Andy Ridgeley, ehemals im Pop-Duett Wham gemeinsam mit George Michael. Dessen Gassenhauer und Evergreen von 1984, im Radio auch dieser Tage rauf und runter genudelt, „Last Christmas“, passte auch zu Stegner und seiner SPD.

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