Tichys Einblick
Aus für UKW-Radio?

Ampel will Radiogeräte zwangsverschrotten

SPD, Grüne und FDP verhandeln über ein Ende der Ultrakurzwelle UKW. Die ARD will so die private Konkurrenz aus dem Markt werfen und den veralteten DAB-plus-Standard zwangsweise durchsetzen.

picture alliance / dpa | Daniel Bockwoldt

Das Radio, wie wir es kennen, könnte bald der Vergangenheit angehören. SPD, Grüne und FDP verhandeln im Koalitionsvertrag über eine Abschaltung der Ultrakurzwelle – besser bekannt als UKW. Die Menschen sollen künftig dann Radio über das Digital Audio Broadcasting plus empfangen. Im Gespräch für die UKW-Abschaltung ist das Jahr 2029. Als Lobbyist im Hintergrund wirken vor allem die Anstalten der ARD.

Die Idee des Digital Audio Broadcasting (DAB) ist über 30 Jahre alt. Sie kam mit der Privatisierung der Medienlandschaft unter Helmut Kohl auf. UKW bot nicht genug Sendeplätze für die neuen Bewerber. Die Anstalten der ARD wollten keine Plätze abgeben. Im Gegenteil. Sie schufen neue Formate, um die Welle zu verstopfen und dem privaten Modell den Erfolg zu erschweren.

DAB ist zwar digital zu empfangen, doch ein Netzanschluss ist dafür nicht notwendig. So soll Radio auch in den vielen Gegenden Deutschlands empfangbar sein, in denen Google, Amazon und Co nur schwer abrufbar sind. Nötig für den Empfang ist nur ein DAB taugliches Gerät. Doch die Hersteller bleiben auf den Geräten sitzen. Deswegen musste DAB ab 2011 ein erstes mal (schrittweise) eingestellt werden – danach versuchte es die Politik mit dem etwas verbesserten DAB plus. Doch auch da blieben die Geräte ein Ladenhüter. Warum auch, wo doch UKW als reichweitenstärkstes Medium alle Anforderungen erfüllt?

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Ein großes Bündel an Maßnahmen hätte der glücklosen Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) zur Verfügung, um für DAB plus zu werben: eine teure Aufklärungskampagne, Kooperation mit allen am Radiomarkt Beteiligten oder Subventionen, um Geräte im Verkaufspreis billiger zu machen. Bär entschied sich für einen anderen Weg: 2019 bereitete sie ein Gesetz vor, die Bundestagsabgeordneten nickten ab, und mittlerweile erhält jeder Fahrer zwangsweise ein Radiogerät, das DAB plus empfängt, wenn er sich einen Neuwagen kauft. Schon in der schwarz-roten Koalition wollte sie die Zwangsabschaltung durchsetzen, scheiterte aber an der CDU. Sie verhedderte sich dabei in Unwahrheiten über geheimnisvolle Lobby-Runden im Kanzleramt. Sie war erkennbar von der DAB-Lobby getrieben, der sie unbedingt gefallen wollte. Damals vergeblich. Jetzt übernehmen die Grünen ihre Rolle als DAB-Lobbyisten und wollen die UKW über die Bundesnetzagentur streichen lassen und so die Kunden zum Neukauf zwingen.

Denn die Abschaltung von UKW ist umstritten: In der Schweiz wurde sie um zwei Jahre verschoben. UKW erreicht über 90 Prozent der Deutschen und die Flut im Ahrtal zeigte, dass Kurzwellen-Radio zumindest technisch noch funktioniert, wenn digitale Strukturen wie DAB schon zusammengebrochen sind. UKW-Radios funktionieren dabei notfalls auch mit Handkurbelgeräten und können so im Falle einer Katastrophe Nachrichten und Notfallinformationen empfangen. Doch darauf wollen die ARD und ihre Lobby verzichten; der Schutz der Bevölkerung zählt weniger als ihre monetären Interessen.

Auch die privaten Betreiber wollen sich nicht von der Ultrakurzwelle verabschieden. Auf der verdienen sie Werbegeld. Ob das über das unbeliebte DAB-System noch funktioniert, ist indes fraglich – vermutlich wäre das das Ende des Radios, wie wir es kennen. Laut dem Digitalbüro Deutschland hat sich bisher erst jeder vierte Haushalt in Deutschland ein Gerät zugelegt, das DAB plus empfangen kann.

„Es ist völlig unnötig, dass die beiden Technologien UKW und DAB plus immer wieder in Konfrontation zueinander gestellt werden“, sagt Michael Radomski. Er ist Geschäftsführer der Uplink Network GmbH, die nach eigenen Angaben einen großen Teil der UKW-Struktur in Deutschland bereitstellt. Statt der Politik sollte der Hörer entscheiden. Was UKW betrifft, seien 110 Millionen aktive Empfänger am Markt. Es sei bezeichnend, dass über das UKW-Aus nicht öffentlich, sondern in den Hinterzimmern der Ampel-Koalition verhandelt werde: „Wenn man genau in diese Hinterzimmer reinschaut, ist es immer wieder spannend, welche Einzelinteressen hier mit fadenscheinigen Argumenten gegen das Interesse der Bevölkerung durchgesetzt werden sollen.“

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Die britische Studie „Digital Radio and Audio Review“ bestätigt die Skepsis: Gerade für ältere Menschen und Landbewohner spiele UKW noch eine große Rolle. Auch sei es ein Hindernis, dass noch viele Hörer Geräte besäßen, die zwar DAB empfangen – nicht aber DAB plus. Jeder neue Standard ist ein Riesen-Geschäft – für die Hersteller. UKW-Radios dagegen leben praktisch unbegrenzt – eine frische Batterie reicht. In Auftrag gegeben hat die Studie die britische Regierung. Ausgewertet hat sie diese gemeinsam mit BBC und privaten Sendern. Das Ergebnis: Der Ausstieg aus UKW kommt frühestens 2030.

Ein Interesse, die UKW abzuschalten, haben die Hersteller der Geräte. Denn mit einem Schlag würden Unmengen Elektroschrott entstehen, der durch neue Geräte ersetzt werden müsste, wer weiterhin Radio hören will. Vor allem die Anstalten der ARD haben ein Interesse an der Abschaltung. Sie haben leichtfertig auf DAB gesetzt und müssen jetzt Millionen-Beträge aufbringen, um beide Verbreitungswege zu bedienen. Das Ende von UKW spart der ARD viel Geld – und kostet die Verbraucher zusätzlich zur Rundfunkzwangsgebühr weitere Milliarden. Dabei ist das Radio in der ARD-Familie längst ein spezielles Kind.

Einerseits hat die ARD immer noch ein Interesse daran, den Markt zu verstopfen. So betreibt in Rheinland-Pfalz ein Sender wie SWR3 einen absurd hohen PR-Aufwand, um der privaten Konkurrenz von RPR1 das Leben schwer zu machen, die ohne Zangsgebühren auskommt. Andererseits wird das Programm eher lieblos gestaltet. Die populären Wellen sind als Formatradio angelegt. Das heißt: Jeder mögliche Impuls abzuschalten, wird vermieden. Entsprechend seicht ist die Musikauswahl, entsprechend oberflächlich die politische Berichterstattung; Radio wurde zu Dudelwelle. Die Einsparung eines Millionenbetrags käme da gerade recht. Besonders wenn es die private Konkurrenz schwächt.

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Schon jetzt gehen öffentlich-rechtliche Sender bei der Abschaltung voran. Erst letzten Monat hat das Deutschlandradio verkündet, in Baden-Württemberg drei UKW-Frequenzen aufzugeben, eine weitere Frequenz gibt Deutschlandfunk Kultur auf. Der reichweitenschwache Sender verabschiedet sich so selbst von seinen Hörern und will sie offensichtlich zwangsweise in das neue Radio zwingen. Ins DAB-plus-System drängen die Öffentlich-Rechtlichen indes auftragsgemäß. Das Vertrauen in eine weitere politische Zwangsmaßnahme zur Förderung des digitalen Empfangs scheint groß zu sein. Denn ohne Zwang ist DAB nicht durchzusetzen; es hat keine Feature, das es auszeichnet. Und in der Tat: Das Ende der UKW, das Ende des alten Radios steht auf der Tagesordnung der Verhandlungen um eine Ampelkoalition, um politisch das zu besorgen, was die Hörer nicht wollen.

Allerdings sind die Erfahrungen aus der Schweiz ein Warnsignal. Deswegen ist ein möglicher, abrupter UKW-Ausstieg wohl vom Tisch. Stattdessen soll bis 2029 weiter auf der Ultrakurzwelle gesendet werden können. Bis dahin, so die Argumente der Koalitionäre in spe, könne jeder Radiohörer umrüsten. Das UKW-Aus wird daher 2029 wohl kommen. Die für die Höhe der Gebühren zuständige Kommission KEF geht zumindest davon aus, dass bis dahin kein Geld mehr für UKW bereit gestellt werden müsste. Es ist eine Art Vorfestlegung: DAB oder „Höre nicht mehr Radio“ – das ist die Botschaft. Allerdings bildet sich Widerstand – zunächst in der Schweiz.

Der Schweizer Radiounternehmer Roger Schawinski hat angekündigt, in der Schweiz gegen eine UKW-Abschaltung klagen zu wollen. DAB plus sei eine Übergangslösung – und schon vor der eigentlichen Marktdurchdringung veraltet. Wenn schon, liege die Zukunft des Radios in der neuen Übertragungswelt 5G. Damit das in Deutschland aber möglich wird, dafür bräuchte es andere Digitalbeauftragte in Deutschland als Doro Bär oder ähnlich schlicht gestrickte mögliche grünrote Nachfolger, die nur im Auftrag der ARD und zulasten der Bevölkerung kämpfen. Unbedingt eine veraltete Zwischenlösung durchsetzen zu wollen, klingt eher nach deutscher Digitalpolitik: außer Kosten nichts gewonnen.

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