Tichys Einblick
Erwartbare Reaktionen in den Medien

Neu im Kino, sonst alles beim Alten: „Sonne und Beton“

Dem Zuschauer wird die abgelutschte Wiederholung einer Berliner Kultserie serviert: gewalttätige Jugendgangs, Schulprobleme, gescheiterte Integration. Die Reaktionen auf den Film sind geprägt von denselben Illusionen, denen sich die Berliner Politik schon seit den 1990er Jahren hingibt.

Screenprint via YouTube / Constantin Film, Sonne und Beton

Schon Detlev Bucks „Knallhart“ strotzte 2007 vor Szenen und „Narrativen“, aus denen die Folgen der bereits damals zum Scheitern verurteilten Berliner Zuwanderungspolitik trieften. David Wnendt hat nun scheinbar ein „Remake“ verfilmt, das zwar unerheblich später in der Vergangenheit spielt, aber ebenso unbekümmert die hochaktuellen Probleme in Parallel-Vierteln wie Neukölln ausbuchstabiert. Mit Genuss verweilte Autor Felix Lobrecht bei den Abgehängten in den Abgründen ihrer verpfuschten Lebensläufe. Solche Viertel, meint er – vielleicht mit der Vorstellung, diese Zustände damit etwas besser zu machen –, „gebe es in jeder deutschen Stadt“ (im Interview mit dem „Stern“).

Was dem 15-jährigen Michael (David Kross) in „Knallhart“ im neuen Wohnort Kreuzberg zustieß (sich mit einer Gang herumschlagen, brutalen Schlägern Schutzgeld zahlen, Einbruch, um an Geld zu kommen, und schließlich als Drogenkurier im Kiez arbeiten), wiederholt sich nun bei Wnendts „Sonne und Beton“ für Lukas (Levy Rico Arcos) und seine Kumpels Sanchez (Aaron Maldonado Morales), Julius (Vincent Wiemer) und Gino (Rafael Luis Klein-Heßling). Die haben „Ärger mit der Arabergang“, die Schutzgeld haben will. Lauter Teenies aus sogenannten „prekären Verhältnissen, von denen schon jetzt keiner mehr glaubt, dass sie eine Zukunft haben“ (Morgenpost).

Und obwohl Lukas gute Noten und einen Lehrer hat, der glaubt, dass er aufs Gymnasium übertreten könne, kommt er mal nicht in seine Kreuzberger Schule hinein, weil ihn die Gorillas der unvermeidlichen Security-Firma mangels Schülerausweis nicht hereinlassen. Trauriges Tagesgeschäft an Berliner Schulen, in Wnendts Film Anlass zu ironischem Schulterzucken und Schuleschwänzen.

Die Reaktionen auf den Film sind erwartbar, geprägt von denselben Illusionen, denen sich die Berliner Politik schon seit den 1990er Jahren hingibt. Fast scheint es, als ob solche Problemviertelfilme eine sehr spezielle Methode darstellen, die unbequeme Realität zu verarbeiten. Man muss die Misere nur oft genug in all ihrer Hässlichkeit darstellen, damit sie irgendwann zu einem allseits geschätzten Markenzeichen wird.

Genau in diese Kerbe zielt die Rezension des Südwestrundfunks, aus der man eine Spur von schwäbischer Schadenfreude heraushört, wenn „Sonne und Beton“ als „Mitreißende Literaturverfilmung mit viel Pepp … über vier Jungs in einem nervenaufreibenden Abenteuer … in Hochhausschluchten …“ bezeichnet wird. Das sei ein typischer Berlin-Film, „in halsbrecherischem Tempo erzählt“, der zwar Frustration und Perspektivlosigkeit spüren lasse, aber nicht sozialrealistisch besorgt sei, sondern diese poetisch überschreite … und vom speziellen, schwer erklärbaren Charme der Hauptstadt lebe … Eine Geschichte über „Freundschaft und Mut, das Erwachsenwerden und das Leben, nicht wie es sein soll, sondern so wie es ist. Durchaus lustig, aber nicht nur.“ Regisseur David Wnendt zeige soziale Härte, aber er erzähle sie mit Witz, Passion und Poesie, getragen von der Sprache der Straße. „Ein Porträt des bunten Deutschlands und seiner anderen Seiten, die zu unserer Gesellschaft gehören – und wie man in Berlin sagt: Das ist auch gut so.“

Manche mögen ja die Androhung von Gewalt „Gleich gibt’s auf die Fresse“ (Bildunterschrift Berliner Morgenpost) irgendwie cool und witzig finden; für jedes friedfertige Opfer in Berlin ist sie das keineswegs. Für die Schwächeren ist es das höhnische neue Motto eines Lebens in ständiger Angst und Unfreiheit in einem „Sozialen Ghetto“ unter der Last des „schwer erklärbaren Charmes der Hauptstadt“ (cinema.de).

Die Morgenpost begeht eingangs ihres Artikels den Fehler, „Sonne und Beton“ mit „Christiane F.“ (1980) zu vergleichen, obwohl der Film ganz heutig und jetzig wirke „so viel scheint sich (seitdem, Anm.) nicht geändert zu haben“. Kommt dann aber ganz von selbst darauf, dass die Parallelen zu Detlev Bucks „Knallhart“ (hier bei Cinema.de beschrieben) sehr viel mehr ins Auge fallen. Erstaunt bemerkt die Zeitung, dass dessen Kinostart „auch schon wieder 17 Jahre her sei“. Bei David Wnendt, der das Buch gleichen Titels von Felix Lobrecht verfilmt und das Drehbuch gemeinsam mit ihm verfasst habe, sei dieser Teil von Neukölln nun „‚Knallhart 2.0‘: Taff. Ruppig. Gnadenlos“.

Im Archiv der Morgenpost findet sich ein Artikel aus dem Jahre 2007 (!), in dem deutlich die Umstände angesprochen werden, die schon den Hintergrund für „Knallhart“ bildeten: „Szenekundige Polizisten in Neukölln, Friedrichshain und Kreuzberg – dem Revier der Polizeidirektion 5 – kennen sechs bis zehn größere kriminelle Jugendgruppen. In ihrem Zuständigkeitsbereich werden mehr als zwei Drittel aller Straftaten von Jugendlichen mit Migrationshintergrund verübt. Zumeist schlagen sie in Gruppen zu, ihre Vorbilder dabei die Gangs in den USA. Doch wer sind diese Jugendgruppen, die im Kiez Schrecken und Gewalt verbreiten? Und wo sind sie zu Hause? Zum Beispiel die ‚Neuköllner Ghetto Boys‘ (NGB). Ein gewisser Kahled aus dem Libanon – bei der Staatsanwaltschaft als Intensivtäter bekannt – soll die Gruppe 2005 gegründet haben. … Die Gruppe wurde zum Jahreswechsel 2006 bekannt, weil sie an der Löwenzahn-Grundschule randalierte und Lehrer anpöbelte. Oder die ‚Köllnische Heide Boys‘ (KHB) … Die Gruppe gilt auch unter Sozialarbeitern als ‚überaus gewaltbereit‘.“

„Die schrecken auch nicht davor zurück, sich mit Polizisten anzulegen, auch wenn die mit gezogenen Waffen vor ihnen stehen“, sagte ein Streetworker. Spinne 44 (Junior). Die Gruppe, die von einer bekannten arabischen Großfamilie gegründet worden sein soll, geht auf Strukturen zurück, die bereits Mitte der 90er-Jahre entstanden. Damals gab sie sich den Namen „Spinnenbande“, weil sich die Jugendlichen regelmäßig an einer Kletterspinne im Rollbergviertel getroffen haben. Heute nennt man sich Spinne 44 Juniors. AGB – steht für „Ausländische oder Arabian Gangster Boys“.

Der Sender n-tv scheint 2008 unter der Überschrift „Verlorene Stadtteile in Berlin?“ in die pessimistische Darstellung einzustimmen und zitiert den damaligen Berliner Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Eberhard Schönberg, der mit einer bewussten Provokation ein unbequemes Thema auf die Tagesordnung gebracht habe: „Immer öfter akzeptieren Jugendbanden die Polizei nicht mehr in ihrem ‚Kiez‘. Neben Moabit, ein Ortsteil von Mitte, Teile von Wedding, Kreuzberg, Neukölln sowie Marzahn und Hellersdorf im Osten der Stadt zählt Schönberg zu den Quartieren, in die sich Streifenbeamte nicht mehr hineintrauten, weil dort gewaltbereite Jugendliche ohne Respekt vor der Polizei lauerten.“

Dass diese Bezirke deshalb aber „verloren seien“, so n-tv, „bezeichnet der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD) als ‚abenteuerlichen Quatsch‘ . ‚Völlig überzogen‘, meint die Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Und Polizeipräsident Dieter Glietsch hält die These für ‚absolut unverständlich‘. Seine Leute trauten sich noch überall hin. Zudem bemüht sich die Polizei seit dem vergangenen Jahr, wieder mehr Beamte von der Wache auf die Straße zu bringen. Das ändert aber nichts an der wachsenden Gewaltbereitschaft Jugendlicher, die die Beamten seit längeren spüren.“ Man tröstet sich: „In Pariser Vororten ist es schlimmer.“

Auch der Soziologe Hartmut Häußermann von der Berliner Humboldt-Universität meint, „dass noch kein Quartier verloren sei. Zustände wie in manchen US-Großstädten oder Pariser Vororten seien noch weit weg.“ Häußermann sagt aber auch, dass es Viertel gibt, mit denen es weiter abwärts gehe.

TV-Spielfilm schreibt über „Sonne und Beton“, als ob es sich hier um eine längst überholte Milieustudie aus einem lange befriedeten Kriminalitäts-Dschungel handle: „Pubertät zwischen Drogen und Gewalt im Plattenbau: Eine mit Kriminalfilm- und Coming-Of-Age-Anleihen gespickte Verfilmung … mit einem sympathischen Mix aus zum Schmunzeln anregender Situationskomik und ernsthafter Betrachtung … ehrlich, ungemein realitätsnah, trotz aller Ernsthaftigkeit mit situativer Komik und schwarzem Humor.“ Der Film tauche mit provokanten, harten Beats der Aggro-Berlin-Rapper tief ein in den „sozialen Brennpunkt“ Gropiusstadt/Neukölln. Ein Leben im Plattenbau, das geprägt ist von chronischem Geldmangel, Drogen- und Alkoholkonsum, Bandenkriegen, sozialer Unsicherheit und Kleinkriminalität … zu einem „Problembezirk-Porträt“ gehören gleichsam die ernsten Hintergründe, Missstände und (innerfamiliären) Abgründe – die „Sonne und Beton“ nicht verschweigt. Im Gegenteil. Überforderte Lehrer in heillos überfüllten Klassen, gewalttätige und ihre Kinder vernachlässigende Eltern, alleinerziehende Elternteile, Perspektivlosigkeit und Ernüchterung wo immer man hinsieht. „‚Sonne und Beton‘ benennt all dies und ist dabei schonungslos ehrlich.“

Und erst am Ende dämmert dem Rezensenten „das Interessante: Der Film spielt im Jahr 2003, er könnte mit seinen Inhalten, die ohne Zweifel fast ausnahmslos gesamt-gesellschaftliche Relevanz besitzen, aber ebenso im Jahr 2023 angesiedelt sein.“ Solange nicht zügellos gemordet wird, ist alles okay?

Dem Filmdienst kommen angesichts der Berlinale-Rezensionen zu „Sonne und Beton“ mit positiv gemeinten Beurteilungen wie „rau“, „authentisch“ und „schonungslos“… Zweifel, und er fragt „ob man ein sozial benachteiligtes Milieu mit gestylten Bildern, schnellen Schnitten und einem mit Dutzenden ‚Gangsta‘-Songs gespickten Soundtrack fiktional darstellen kann, ohne dass dabei etwas falsch klingt?“ Denn die Realität sei „… weniger traumhaft …“.

Dennoch sei die Neuköllner Gropiusstadt „nicht die Bronx oder ein anderes US-amerikanisches Ghetto. Hier geht es mitunter brutal zu, aber es wird nicht zügellos gemordet, das macht der Film klar. Ein sozialer Aufstieg aus dem Viertel ist dennoch schwierig, und Gewalt und Trunksucht vererben sich in manchen Haushalten von Generation zu Generation.“

Für den Filmdienst sind die dargestellten Respektspersonen in „Sonne und Beton“ „… nur Karikaturen: Lehrer rutschen in die rechte Ecke ab oder ticken komplett aus, Polizisten sind blasse Uniformträger. Auch Sport oder Musik bieten keinen Ausweg. In ‚Kriegerin‘ war es David Wnendt weitaus besser gelungen, Prozesse mit Ursachen und Wirkungen aufzuzeigen …“

Für das Redaktionsnetzwerk Deutschland liegen die Gründe für das Scheitern der Jugendlichen klar auf der Hand: „… auf ihrer Agenda stehen Abhängen, Drogenverticken, Kleinkriminalität und ein bisschen Spaß haben. Wer dort lebt, ist Gangster oder Opfer … ein Teufelskreis von Ungerechtigkeit und brachialer Gewalt. Verständnislose Väter und überforderte Lehrer haben den Draht zu den Jugendlichen verloren“.

Das RND wiederholt altbekannt klingende Phrasen: „Lobrecht pfiff auf politische Korrektheit und verheimlichte nicht die türkischen und arabischen Wurzeln der Drogendealer, das nimmt auch Wnendt auf, reproduziert aber keine Klischees oder Vorurteile, sondern zeigt die Figuren in ihren Widersprüchen. Die Authentizität des Romans spiegelt sich auch im Film, der den Spagat zwischen Problem­lastigkeit und Alltagskomik schafft und unterhält, ohne das Thema zu verwässern, weil er sich an der Lebens­wirklichkeit vieler 15-Jähriger orientiert.

Schon 1990 veröffentlichte der Spiegel ein sehr authentisches Video über türkische Jugendbanden unter dem Titel „Kreuzberg gegen Wedding“. Und Plutnonia Plarre hat für die „taz“ seinerzeit ein Interview mit einem der Neuköllner Jugendbandenbosse geführt, das bereits die Abwärtsspirale vorzeichnet, in der alle Berliner Bemühungen, migrantische Jugendbanden in den „Griff“ zu bekommen, versackt sind. „Rocky“ konnte damals wenigstens noch mit Berliner Akzent fehlerfrei Deutsch sprechen und borgte sich seine Ganoven-Regeln aus US-Filmen.

taz: Wie hat es mit den Banden in Kreuzberg angefangen?

Rocky: Vor ein paar Jahren gab’s ja schon die große türkische Bande „Simsekler“. Vor einem Jahr oder so haben sich dann mehrere Gruppen gebildet, das kam durchs Sprühen und durch den Film „Colours“. Der geht über Banden in L.A., Sprühen und Schlägereien. Der is’ echt gut, hab ick schon zigmal gesehen.

taz: Stimmt es, daß in den „36 Boys“ überwiegend ausländische Jugendliche sind?

Rocky: Wir sind zu 90 Prozent Türken, die Deutschen kannst du an einer Hand abzählen.

taz: Glaubst du, daß es weniger Banden geben würde, wenn der Senat mehr Freizeitheime einrichten würde und es mehr Ansprechpartner für die Jugendlichen gäbe?

Rocky: Als Hilfe nicht für uns gesehen, sondern als Hilfe für den Senat, damit sie ihre Schuldvorstellungen loswerden. Aber mehr Freizeitangebote würden vielleicht verhindern, daß es nicht mehr soviel Schlägereien gibt, weil wir uns wo aufhalten können. Einfach ein Jugendheim, wo egal ist, ob man Sprüher ist, wo man taggen kann, wo die nicht auf peinliche Sauberkeit Wert legen und nicht geguckt wird, der ist von der und der Bande, und man nicht von Bullen überwacht wird. Im Moment haben die meisten von uns in den Freizeitheimen Hausverbot.

Ein neues Qualitätssiegel für den deutschen Milieufilm: „Echt, authentisch, problematisch, brutal“

Die BZ schreibt 16 Jahre nach dem entlarvenden Interview von Frau Plarre, dass Bucks Film „Knallhart“ „von der alltäglichen Brutalität auf Neuköllns Straßen erzähle – die Realität sei aber noch härter“.

Und nochmal 16 Jahre weiter macht „Sonne und Beton“ genau wie die Berliner respektive Bundespolitik exakt am selben Punkt weiter, wie „filmstarts.de“ rezensiert, wo „… ein ganz eigener Slang gesprochen wird, der sich aus dem Deutschen und Türkischen respektive Arabischen zusammensetzt. Dieser Sprech, der oftmals bis zum Rand mit Vulgärismen gefüllt ist, kann für viele Außenstehende irritierend bis anstrengend wirken, weil er oft unstrukturiert ist und selten einer inneren Satzbaulogik folgt. Genau dieser Straßenslang aber ist das Herz von ‚Sonne und Beton‘.“

Problematische Verhältnisse, abgehängt und perspektivlos, aber voller Potenzial: Berliner Brennpunkte

„Wohl kaum ein anderer Film aus Deutschland hat es in den letzten Jahren geschafft, dass ein flapsig hingerotztes ‚Wallah, ich fick deine Mutter, ja!‘ authentisch gewirkt hat … hier merkt man, dass die Beteiligten Verständnis für das Milieu und gleichzeitig eben auch Sympathien dafür aufbringen.“

„Dieser durchaus anstrengende ‚Sprech‘ bleibt in der Verfilmung des Stoffs natürlich 1:1 erhalten und auch sonst dürften sich Liebhaber des Romans darin wiederfinden: ‚Sonne und Beton‘ ist deutsches Genrekino mit Herz und hat als Kreuzung aus beinharter Milieustudie, heiterem Heist-Movie und fiebrigem Brennpunkt-Thriller das Potenzial zum Kultfilm.“

„Felix Lobrechts bemerkenswerter Roman fing nicht nur die von Armut, Gewalt und Tristesse geprägte Lebensrealität, sondern auch den Jugendslang im Neuköllner Problemkiez wunderbar authentisch ein.“

Und weiter: Es gibt „Alkoholiker-Väter (herrlich abgefuckt: David Scheller) die im Suff die Gattin vertrimmen oder einen nach einer Schlägerei gehandicapten Drogendealer Djamel (Wael Alkhatib) mit Gipsarm, der sich vor seiner besorgten Mutter und seinem strebsamen Bruder rechtfertigen muss.. den alleinerziehenden Vater (Sein Motto: ‚Der Klügere gibt nach‘), schwierige Beziehungen zum kriminellen Vorbild und Bruder Marco (Rapper Luvre47) oder den wichtigen Austausch mit dem verbitterten Vertrauenslehrer Sonnabend (Leon Ullrich), der das Talent in dem Teenager erkennt.“

„Der Misthaufen ist hier die Gropiusstadt, in der die Frustration und die Perspektivlosigkeit der gesellschaftlich Abgehängten jederzeit greifbar werden. Der Film filetiert dieses Milieu förmlich – in der versifften Wohnung von Julius’ Bruder Adi (Gerdy Zint), bei der Begegnung mit Obdachlosen oder dem Streifzug an der Seite des vermeintlich allseits respektierten Bruders Marco (‚Ich hab hier hinter jeden Baum gekackt!‘). Serienperlen wie ‚4 Blocks‘ oder ihr ebenfalls sehenswerter Ableger ‚Para‘ haben das große Potenzial der Berliner Brennpunkte zuletzt für sich entdeckt, Bettina Blümner fing es bereits 2007 in ihrem großartigen Dokumentarfilm ‚Prinzessinnenbad‘ ein. Auch ‚Sonne und Beton‘ fühlt sich trotz der ausrechenbaren Dramaturgie wegen der brutal realistischen Bilder und dem authentischen Slang stellenweise fast dokumentarisch an.“

Der Rundfunk Berlin Brandenburg nimmt es, obwohl selbst ja direkt involviert, wie ein Mann: „Ein Film, der wehtut – aber auf eine gute Art.“ Wo Rezensentin Chiara Kempers allerdings dieses „Gute“ für die Region Berlin inmitten der Gewalt entdeckt haben will, wird aus ihrem Text nicht wirklich deutlich:

„Wir zocken mit Karten, die der Teufel uns gab“, heißt es im Soundtrack von Rapper Luvre47, ebenfalls aufgewachsen in Gropiusstadt. Und in ‚Sonne und Beton‘ sieht es tatsächlich so aus, als hätte keiner der Kids eine Wahl. Die Gewalt ist allgegenwärtig. Wir erleben sie in diesem Film in unterschiedlichsten Formen: Männer, die ihre Frauen verprügeln, Gewalt gegen Lehrer und Mitschüler, Gewalt unter Geschwistern, verbale Gewalt. Sie ist omnipräsent und zieht Lukas und seine Freunde in ihren Sog, sodass sie am Ende sogar einen Einbruch begehen. ‚Du musst dich da einfach raushalten‘, sagt Lukas Vater immer wieder. Die Frage, die sich beim Zuschauen stellt, ist nur: Wie soll das eigentlich gehen? Vielleicht doch eher ‚der Klügere tritt nach‘, wie Lukas älterer Bruder immer sagt.“

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