Tichys Einblick
Omid Nouripour im ARD-Interview

Grüner Größenwahn: Die Ampel ist nur eine „Übergangsregierung“

Grünen-Chef Omid Nouripour hat die Ampel in einem Interview mit der ARD eine "Übergangsregierung" genannt. Das ist entweder ein Bekenntnis zu Schwarz-Grün - oder der handelsübliche grüne Größenwahn. Und gefährlich.

picture alliance/dpa | Paul Zinken

Bundesweit nur noch auf Platz vier. Im Osten kurz vor dem Rauswurf aus den Landtagen. In Umfragen nennen die Befragten immer mehr die Grünen als die Partei, die sie ausdrücklich nicht wählen würden und die sie für die Probleme des Lands verantwortlich machen. Andere Parteien würden da in Sack und Asche laufen. Doch umso mehr die Bürger ihnen ihren Widerwillen ausdrücken, desto mehr läuft der grüne Größenwahn zur Hochform auf.

Zuerst verkündet „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck, dass er als Kanzlerkandidat noch einen 0:4-Rückstand drehen wolle. Jetzt spricht der Vorsitzende der Grünen, Omid Nouripour, im Interview mit der ARD davon, dass die Ampel nur eine „Übergangsregierung“ sei. Spannend. Was soll denn dann die Regierung sein, die für die Ewigkeit gedacht ist?

Dazu erstmal zu dem, was für viele Grünen nur Hass und Hetze ist. Eine engstirnige Begrenzung ihrer hochfliegenden Pläne zur Rettung der Welt. Oder wie es andere nennen: Mathematik. Die Ampel kam bei der Europawahl zusammen nur auf 31 Prozent. Legt sie nicht deutlich zu, bleibt sie in der Tat nur eine „Übergangsregierung“. Nur: Minus mal Minus ergibt in der Mathematik vielleicht Plus. Aber die Ampel minus die FDP macht noch mal weniger als 31 Prozent aus. Einfacher ausgedrückt. Rot-Grün nix Mehrheit, Rot-Grün nix Regierung.

Schwarz-Grün böte sich an. Union und Grüne haben bei der Europawahl zusammen 42 Prozent geholt. Wirft der Wähler FDP und Linke aus dem Bundestag raus, könnten dort 42 Prozent tatsächlich zu einer Mehrheit reichen. Aber wenn, dann nur zu einer knappen. Eine Regierung, die für die Ewigkeit gemacht ist, darauf aufbauen zu wollen, ist grüner Größenwahn. Bestenfalls. Zumal, jede Wette, die CDU eine Serie von Niederlagen bei Landtagswahlen erleben wird, wenn sie in Berlin gemeinsame Sache mit der Degrowth-Partei macht.

Bliebe noch eine andere Idee. Eine, die davon ausgeht, dass jede Regierung per Definition nur eine „Übergangsregierung“ ist. In der Demokratie.16 Jahre lang hat Helmut Kohl mit der FDP regiert. Das war die längste, am Stück haltende Koalition in der bundesdeutschen Geschichte. 16 Jahre. Angesichts von nunmehr 75 Jahren bundesdeutscher Geschichte nur eine Übergangsphase. Das ergibt auch durchaus Sinn. Denn in der Demokratie sind alle Regierungen nur „Übergangsregierungen“. Schlechte oder abgehalfterte Führungen auswechseln zu können, macht die Demokratie erst so großartig, wie sie ist.

Im schlimmsten Fall schwebt Nouripour eine Lösung vor, die außerhalb der Demokratie liegt. Klingt abwegig? Mag sein. Aber die Idee von Kontaktverboten, Aufhebung des Demonstrationsrechts, Maskenpflicht oder Ausgangssperren klang auch mal abwegig. Im Februar 2020. Gerade mal gut vier Jahre her. Schon jetzt maßen sich die Vertreter der letzten Generation an, das Recht auszuhebeln unter Berufung auf „die Wissenschaft“. Anfangs unter grünem Applaus. Ebenso bildet die Ampel schon jetzt „Bürgerräte“, um an gewählten Parlamenten vorbei regieren zu können. Was „die Wissenschaft“ ist und wer in den „Bürgerräten“ sitzt, entscheiden die Grünen. Wenn also Nouripour von „Übergangsregierungen“ fabuliert, ist es ok, ihn für grünen Größenwahn auszulachen – trotzdem sollte man ihn dabei gleichzeitig ernstnehmen und im Auge behalten.

Anzeige
Die mobile Version verlassen