Tichys Einblick
Der tägliche Machtmissbrauch

Skandale bei NDR und RBB: Ach, wenn es nur das wäre!

Hinter den konkreten Skandalen bei RBB und NDR stecken noch solche, die den Gebührenzahler mehr empören können: zum Beispiel, dass die Sender seit Jahren ihrer Pflicht aus dem Rundfunkstaatsvertrag nicht nachkommen. Und dass Union und FDP sich die Einseitigkeit der Berichterstattung gefallen lassen.

IMAGO, Collage: TE

Die Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Sender haben in der Regel ein reines Gewissen: Sie sind nicht korrupt, sie sind keine Befehlsempfänger von Politikern, sie arbeiten hart und sie haben die Freiheit, ihre Sendungen nach bestem Wissen und Gewissen zu gestalten. Warum sich dennoch sehr viele öffentlich-rechtliche Angestellte, insbesondere in der Führung, in Grund und Boden schämen müssten: weil sie bei ihrem enorm wichtigen, gesellschaftspolitischen Auftrag meist kläglich versagen. Weil sie ihre enorme Macht nicht selten aufs Übelste missbrauchen. Jeden Tag aufs Neue.

Kleine Skandale, große Skandale

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
WDR-Intendant Tom Buhrow hat offenbar kein schlechtes Gewissen. Ebenso wenig wie seine etwa 100 gleichfalls hoch bezahlten Kollegen in den Chefetagen der öffentlich-rechtlichen Sender oder die vielen tausend Journalisten, die für die Sendungen und Beiträge der über 80 Fernseh- und Radioprogramme verantwortlich sind. 

Zwar erschüttern Skandale beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) und Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) die größten, teuersten und mächtigsten Staatssender der Welt – wobei sich ARD und ZDF heftig gegen den Begriff Staatssender wehren, schließlich seien die Zwangsgebühren der Bürger, mit denen sie finanziert werden, keine Steuern, über den Etat bestimmten weder Parlament noch Regierungen; der Staat habe zudem nur sehr begrenzt und indirekt Einfluss auf Personal oder gar Inhalt der Sender. Das erste Argument ist eher eine Wortklauberei, das zweite hält einer qualitativen Überprüfung nicht stand (um es hier ganz kurz zu machen). 

Politische Steuerung und Bereicherung nicht typisch

Absurde Woke-Verirrungen
Als Winnetou gecancelt wurde
Die Skandale in Berlin und Kiel sind vermutlich nicht die Spitze eines Eisbergs von Korruption und direkter politischer Einflussnahme. Es gibt zumindest bisher keine Hinweise darauf, dass – wie beim RBB unter der selbstherrlichen Intendantin Patricia Schlesinger – sich Führungskräfte auch anderer Sender mit einem undurchsichtigen Bonus-System und üppigsten Spesen bereichert haben oder gar Vetternwirtschaft betrieben hätten. Auch die Zustände in Kiel, wo offenbar die schleswig-holsteinische Landesregierung fast einen direkten Durchgriff auf die politischen Beiträge des NDR-Studios hatte, sind in Köln, Frankfurt oder München eher unwahrscheinlich. 

WDR-Intendant Buhrow, Chef eines riesigen Medienbetriebs mit mehr als 3200 fest angestellten Mitarbeitern und einem Milliardenetat, kann mit Fug und Recht sagen, sein Jahreseinkommen von 420.000 Euro sei – nimmt man die freie Wirtschaft zum Vergleich – absolut gerechtfertigt. Ziemlich sicher wird der Medienboss, der früher unter Kollegen als Journalist und Korrespondent hoch geschätzt war, Korruption im Haus nicht dulden, auch wird er sich kaum vom Kanzleramt oder der Staatskanzlei in Düsseldorf etwas diktieren lassen. Aber er ist wie seine Kollegen in den anderen Sendern voll verantwortlich dafür, dass tagtäglich die Macht des Senders oft genug aufs Übelste missbraucht wird. 

Denn das sind die eigentlichen, in der Tat himmelschreiende Skandale: 

  1. Die Sender werden ihrem im Staatsvertrag festgeschriebenen Auftrag nicht gerecht. Dort heißt es, „die ARD hat bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit der Programme und Angebote zu berücksichtigen … Das Gebot der Vielfalt gilt besonders für informierende und meinungsbildende Sendungen.“ 

Jeden Tag lässt sich so gut wie bei jedem Sender nachweisen, dass die Auswahl der Themen und der Interviewpartner ebenso wie die Kommentare und der Zungenschlag der Moderatoren eine enorme Schlagseite für die Agenda einer grünen und linken Politik haben. Konservative Stimmen dienen bestenfalls als Feigenblätter. Dass das eine Generalisierung ist, versteht sich von selbst. 

Guter Journalismus und sanfte Manipulation 

Recherchen beim NDR
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Propagandaabteilung der Regierung
Natürlich gibt es immer noch viel sauberen Journalismus in den öffentlich-rechtlichen Sendern. Auch wenn die Nachrichtensendungen thematisch und inhaltlich oft genug zu einseitig sind, so wird ein Vorwurf wie der gegen eine angebliche „Lügenpresse“ dem öffentlich-rechtlichen Programm in keiner Weise gerecht. Es gibt in der Regel weder eine wirkliche „Hofberichterstattung“ noch werden Fakten und Realitäten brutal verfälscht; es wird allerdings viel zu häufig auf Teufel komm raus „geframt“, das heißt mit subtilen Mitteln der Themen- und Bilderauswahl, der Sprache und des Gesamtarrangements sanft manipuliert. 

Immer wieder finden sich sogar beeindruckend kritische Beiträge, selbst über die Klimapolitik oder über die Gefahr des Rechtsextremismus, Lieblingsthemen der Grünen und Linken ebenso wie die der Redakteure der öffentlich-rechtlichen Sender. Aber es gibt auch manche Grenzen, die besonders leicht in der Auslandsberichterstattung erkennbar sind: einen differenzierten, fairen Beitrag über Donald Trump, Boris Johnson oder gar Marine Le Pen und Victor Orbán wird man in den Sendungen kaum finden. 

Das Versagen der Unionsparteien und der FDP

Es ist ein Skandal im Skandal, dass sich die Konservativen in den Unionsparteien und die wirklich Liberalen in der FDP seit Jahren die Einseitigkeit von ARD und ZDF gefallen lassen. Kubicki hat zwar in einem Buch und in Interviews manch Kritisches zum Thema gesagt, aber echte Offensiven, die etwas verändern sollen, sehen anders aus. 

Manche Politiker der Unionsparteien und der FDP werden im Grunde mit Interviews und der Teilnahme an Talkshows abgespeist. Es scheint in den Parteien angesichts des Programms eine fast unendliche Leidensbereitschaft zu geben. Oder ist die Macht der öffentlich-rechtlichen Sender tatsächlich so enorm, dass eine ernsthafte, berechtigt zornige Kritik das Risiko des politischen Selbstmordes beinhaltet? 

Vehement werden in den öffentlich-rechtlichen Programmen Facebook, Twitter und andere soziale Medien beschuldigt, sich politisch missbrauchen zu lassen, beispielsweise bei den Präsidentschaftswahlen in den USA. Vergleicht man aber die Wirkung von subtilen, zielgruppen-orientierten Polit-Kampagnen in den sozialen Medien mit der ungeheuren Macht der öffentlich-rechtlichen Sender bezüglich der politischen Einflussnahme, dann verblüfft die Chuzpe, mit der regelmäßig in ARD-Sendungen Facebook & Co attackiert werden. 

Auch die Medienwissenschaftler scheinen furchtsam

Ein weiterer Skandal ist es auch, dass sich die Medienwissenschaftler des Landes viel zu wenig mit der Macht der öffentlich-rechtlichen Sender befasst haben. Es ist zutiefst misslich, dass die Wirkungen der grün-linken Dauerberieselung in den politischen, kulturellen und wissenschaftlichen Sendungen eine kaum erforschte Wirkung auf die Hörer und Zuschauer hat.

Es ist zu vermuten, dass auch die Schräglagen im Unterhaltungsprogramm nicht ohne Einfluss auf die Sichtweisen der Öffentlichkeit bleiben. Denn auch die meisten Krimis und modernen TV-Spielfilme sind ziemlich divers, woke und sehr kapitalismuskritisch.

Die Treue zu den Grünen: Echte Liebe

Was geschieht mit dem RBB?
Diese sieben Reformen brauchen ARD und ZDF jetzt
Verantwortlich für die Missstände in den Medien sind natürlich in erster Linie Intendanten und Programmchefs. Aber es ist keineswegs so, dass sie Anweisungen geben, die links-grüne Einseitigkeit im Programm umzusetzen. Viele Journalisten tun dies aus voller Überzeugung, sie verstehen sich als „Haltungsjournalisten“, die sich gegen alte und neue Nazis, gegen Rassisten, gegen die Feinde der Demokratie, gegen Antisemiten und Hassbotschafter aller Couleur stellen wollen. 

Dass sich diese Redakteure und Reporter immer weiter von den professionellen Standards des Journalismus entfernen, ist ihnen meistens nicht klar. Manche, ganz Mutige geben im persönlichen Gespräch offen zu, dass sie sich irgendwie auch als „Aktivisten“ der Demokratie fühlen. Die Chefs der Sender könnten, wären sie denn willens, über die Personalpolitik versuchen, Kurskorrekturen vorzunehmen. Dabei im Weg steht die Macht diverser Beauftragter vor allem der Frauen sowie inzwischen auch aller möglichen „diversen“ Gruppen und Minderheiten – wobei fraglich ist, ob die Sender-Spitzen überhaupt andere Vorstellungen haben. 

  1. Die Sender versagen bei der Kontrolle der Politik. Keine Aufgabe der Medien ist wichtiger als die Kontrolle der Macht. Nicht zu Unrecht wird der Journalismus oft als vierte Gewalt angesehen. Gleich mehrfach aber verletzen die öffentlich-rechtlichen Sender dabei gravierend ihre Pflichten. 

Die Nähe zu Regierungen und Parteien ist viel zu groß, auch wenn es meist keine Kieler Verhältnisse gibt. Bei der Klima- und Energie-Politik, der Corona-Epidemie oder beim Ukraine-Krieg war in den letzten Jahren die Nähe der meisten Moderatoren und Reporter zu den Positionen der Ampel-Koalition augenfällig. Da gibt es trotz Regierungswechsels 2020 auch keine große Änderung. Auch die Politik Angela Merkels war sehr von grünen Grundüberzeugungen und linken Anschauungen beeinflusst. 

Kritik in ARD und ZDF: gerne von links

Es ist nicht so, dass Politiker und Parteien in den öffentlich-rechtlichen Sendern nicht kritisiert werden. Das geschieht meistens bei den großen Skandalen, bei denen Fehlleistungen und Vergehen ziemlich offen liegen, an denen man als Journalist einfach nicht vorbei kann – beispielsweise die Cum-Ex-Affäre von Kanzler Olaf Scholz. 

Auch in den öffentlich-rechtlichen Programmen werden Pläne und Maßnahmen der Regierung oder der Koalitionsparteien kritisiert; immer wieder kommen zwar auch Unionspolitiker zu Wort, ganz selten auch mal FDP-Abgeordnete; in der Regel werden aber die Regierungspläne oder die Absichten von Grünen und SPD von links oder einer besonders radikalen grünen Position in Frage gestellt. Da erscheint zuweilen auch die Politik der rot-grün-gelben Regierung als irgendwie konservativ. Das wird dann als „pragmatisch“ gerühmt oder gerügt – und die Kritik von links, gleichgültig ob von der Partei der Linken oder von anderen Gruppen, betont. Es ist einfach oft genug ein mieses Spiel. 

Die Kontrolle der Staatsdiener fehlt

Besonders schmerzlich ist die Konzentration der Sender auf eine sehr begrenzte Zahl von Themen, deren Wichtigkeit niemand bestreiten kann. Allerdings ist eine Aufgabe von Medien in der Demokratie, den Mächtigen auf die Finger zu schauen. Gerade im Regionalen und Lokalen, aber auch auf Bundesebene müssten Institutionen und Ministerien, Ämter und „Beauftragte“, alle Einrichtungen in staatlicher Verantwortung, angefangen von Gefängnissen und Behindertenheimen bis hin zu angeblich unabhängigen, aber mit Staatsknete finanzierten Instituten und Organisationen unter die Lupe genommen werden. 

Dienen all diese, mit Steuergeldern finanzierten Häuser wirklich den Interessen der Bürger, wäre nur eine der zentralen Fragen. Öffentlich-rechtliche Medien kümmern sich um diesen sehr wichtigen Bereich des Journalismus nur, wenn Berichte des Bundesrechnungshofes, von Verbraucherzentralen und privaten Interessengruppen vorliegen. 

  1. Der Missbrauch der Macht scheint grenzenlos. Abgesehen von der links-grünen Grundausrichtung aller öffentlich-rechtlichen Sender beanspruchen diese eine völlig unangemessene Erziehungsfunktion der Bevölkerung. Auch hier – erschreckend wenig erforscht – bombardieren die Redakteure und Moderatoren die Hörer und Zuschauer ohne irgendeine rechtliche oder politische Legitimation mit dem Gender-Deutsch. Hilflos müssen es die Bürger dieses Landes über sich ergehen lassen, dass sie diese groteske Verunstaltung der deutschen Sprache, die angeblich im Interesse der Emanzipation notwendig sei, ständig hören. Und die Kinder dazu. 

Das Gendern in den Sendungen ist nur ein Beispiel für den Machtmissbrauch. Auch eine Analyse der Inhalte von Kinder- und Jugendsendungen und -Programmen, der Auswahl von Büchern und Filmen, die besprochen werden, würde mit Sicherheit zeigen, dass hier eine unausgesprochene politische und kulturelle Agenda verfolgt wird. 

Die öffentlich-rechtlichen Sender stehen parteiisch in dem Kulturkampf, der seit Jahrzehnten in den westlichen Demokratien geführt wird. Eindeutig unterstützen sie die Linken und Woken, greifen besonders gerne grüne und emanzipatorische Themen auf,  weil, wie die Linken und Grünen sehr wohl wissen, damit noch am ehesten die Freiheit des Wortes und der Wirtschaft attackiert werden kann. 

Ziel der Angriffe sind fast alle Grundlagen unserer Gesellschaft: die Bedeutung der Familie, der abendländischen Kultur, des Nationalstaates, des freien Marktwirtschaft, der Freiheit überhaupt. Literatur, Wissenschaft, Kunst – überall tobt der Kampf um die Deutungshoheit. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben sich eindeutig auf eine Seite geschlagen. 

Die Skandale in Kiel und Berlin sind eher untypisch – aber vielleicht sind sie doch Anstoß für eine politische Debatte über das verkrustete, kranke und dringend reformbedürftige System der öffentlich-rechtlichen Sender. Wenn man sehr, sehr optimistisch ist. 

Anzeige
Die mobile Version verlassen