Das Jahr 2021 beginnt trübe für viele etablierte Medien – auch, aber nicht nur wegen des Corona-Lockdowns. Durch die Reduzierung von Verkaufsstellen verschärften sich Probleme, mit denen etliche Verlage schon vorher zu kämpfen hatten. Im Januar entschied die Chefredaktion des schwächelnden „Stern“, das Politik- und Wirtschaftsressort des Blattes aufzulösen. Den politischen Teil der Illustrierten soll ab 1. März eine zentrale Wirtschafts- und Politikredaktion für das Magazin „Capital“ , den „Stern“ und „Business Punk“ produzieren, die ebenfalls zu Gruner + Jahr gehören. Für die neue Zentraleinheit können sich „Stern“-Redakteure aus dem aufgelösten Ressort zwar bewerben – aber nur wenige der 11 Journalisten dürften dort auch unterkommen. Schließlich geht es darum, Kosten zu sparen und zumindest einen Teil der Einnahmenverluste auszugleichen.
Einstweilen noch im Hintergrund bahnt sich die Fusion von Gruner + Jahr und RTL zu einem Medienkonzern an, die, wenn sie zustande kommt, zwangsläufig auch zu einem Stellenabbau führen würde.
Als drittes Wochenmedium steht die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS) vor einem großen Umbruch, der wahrscheinlich zu einem Stellenabbau führt: Bis 2022 will das Blatt seinen Erscheinungstag auf Samstag vorziehen. In einigen Testregionen lag die „FAS“ schon im vergangenen Jahr am Samstag an den Kiosken. Der Verlag begründet den Schritt damit, dass es Schwierigkeiten gebe, die Zeitung am Sonntag überall an die Abonnenten zu liefern. Außerdem sei die Sonntagszustellung sehr teuer. Kosten lassen sich durch den vorgezogenen Verkaufstermin tatsächlich sparen – allerdings mit weitreichenden Konsequenzen für die Mitarbeiter von „FAZ“ und „FAS“. Denn es dürfte eher selten passieren, dass ein Medienkonsument am Samstag die reguläre „FAZ“-Samstagsausgabe und die Sonntagszeitung zusammen in den Einkaufskorb legt. Nur eins der beiden Blätter kann das Experiment nach dem Urteil von Branchen-Insidern als eigenständiges Medium überleben. Intern taufte der Verlag das Projekt „Hydra“ – nach der vielköpfigen Wasserschlange aus der griechischen Mythologie. Ein Kopf weniger, so die subtile Botschaft, tut es auch.
Auch hier setzte sich die Entwicklung der vorangegangenen Quartale fort. Einen Tiefpunkt erreichte das Magazin schon mit seiner Ausgabe 5/2020, der aktivistischen Titelgeschichte „Wann, wenn nicht jetzt! 77 Ideen für Klima und Umwelt“. Gerade 33.201 Interessenten wollten das Weltrettungs-Heft lesen – damals ein historisches Tief. In den letzten drei Monaten 2020 ging die Kauflust des „Focus“-Publikums weiter zurück. Die Burda-Illustrierte „Bunte“ büßte mit einem Gesamtrückgang von 17 Prozent und einem Minus in der harten Auflage von 6,8 Prozent noch etwas stärker ein.
Im 4. Quartal 2020 gab es ähnlich deprimierende Zahlen für die „FAS“: die Gesamtauflage der Wochenzeitung sank im Vergleich mit dem Schlussquartal 2019 um 10, 5 Prozent, die harte Auflage um 6,8 Prozent. Die „FAS“ hatte sich in vielen Themen politisch vom Mutterblatt noch weiter nach links abgesetzt. Kritik des Regierungskurses, für den sich gerade in Corona-Zeiten viele Ansätze bieten, findet sich bei „Stern“, „Focus“ und „FAS“ nur sehr sparsam.
Ein relativ großer Teil des potentiellen Publikums will für politisch korrekte Unterweisung und große Regierungsfreundlichkeit nicht in dem erhofften Maß bezahlen. Aus der regelmäßigen Zustimmung in Umfragen zu Klima- und Gerechtigkeitsthemen zogen Verlagsmanager und Chefredakteure offenbar über längere Zeit den Schluss, es gebe eine große Käuferschaft für Medien, die sich diesen Themen verstärkt zuwenden. Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung war ein „Stern“-Heft („#Kein Grad weiter“), das die Redaktion von Vorkämpfern der Friday for Future-Bewegung füllen ließ. Die Ausgabe lief am Kiosk allerdings schlecht.
Unter Antirassismus verstanden es zwei „Noizz“-Redakteurinnen übrigens, eine erfolglose Kampagne gegen den heiligen Mauritius im Stadtwappen von Coburg zu starten. Aus diesem Wappen war der aus Afrika stammende Heilige schon einmal entfernt worden – 1934 durch die NSDAP.
Nicht alle Print-Medien leiden gleichmäßig unter Reichweitenverlust und Leserflucht. Das monatlich erscheinende Heft „Tichys Einblick“ gewann auch im 4. Quartal trotz Shutdown und damit eingeschränkter Verkaufsstellenzahl Leser dazu – im zweistelligen Bereich. Das Magazin verbuchte ein Plus von 13 Prozent im Vergleich zum Schlussquartal 2019 bei den Kioskverkäufen und Abonnenten.