Tichys Einblick
Markus Lanz

Ist Sahra Wagenknecht Teil des Geheimplans Remigration?

Der Initiator des Potsdamer Geheimtreffens vermittelte Wagenknecht ein Abendessen mit einem Kabarettisten. Ist der Wirbel um das Treffen von Potsdam gerechtfertigt? Und was will Wagenknechts Partei eigentlich? Von Fabian Kramer

Screenprint ZDF

Seit einigen Tagen herrscht Aufregung im wohlmeinenden Medienbetrieb. Journalistische Aktivisten der staatlich geförderten Medienplattform Correctiv verbreiten Ungeheuerliches. Auf deutschem Boden habe sich eine Wannseekonferenz 2.0 ereignet. Ein Treffen mit der Beteiligung einiger AfD-Parteimitglieder habe sich mit der Deportation von Millionen Menschen befasst. Auf diesem „geheimen“ Treffen sei ein Geheimplan unter dem Stichwort „Remigration“ ins Auge gefasst worden. Alles in allem, so könnte man meinen, steht unser Land kurz vor 1933.

In diesem Kontext ist es umso spektakulärer, was Sahra Wagenknecht in der Lanz-Sendung offenbart. Die Gründerin von Bündnis Sahra Wagenknecht hatte jahrelang Kontakt zum Initiator des Potsdamer Treffens, Gernot Mörig, einem pensionierten Zahnarzt. „Herr Mörig hat mir Mails geschrieben“, berichtet Wagenknecht. Da ist die versammelte Runde platt. Dem Correctiv-Aktivisten Marcus Bensmann und Welt-Journalist Robin Alexander steht der Mund staunend offen. Es wird aber noch viel brisanter. „Er hat mir ein Abendessen mit einem Kabarettisten vermittelt“, erzählt die Politikerin.

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An diesem Punkt stellt sich eine interessante Frage. Wenn der als rechtsradikal verschriene Zahnarzt beste Kontakte zu einer bekannten linken Politikerin pflegt und er dieser intime Treffen mit linken Kabarettisten und sich selbst vermittelt, wie kann so jemand gleichzeitig der Drahtzieher einer rechten Verschwörung sein? Auch Robin Alexander ist erstaunt und meint: „Wieso braucht ein linker Kabarettist einen rechten Zahnarzt?“

In diesem Kontext wirkt das Potsdamer Geheimtreffen, von dem Correctiv Bescheid wusste, weil es ein öffentliches Treffen war, viel harmloser. Es stellt sich die Frage, warum in diesem Land ein privates Treffen von politischen Randfiguren solch eine Aufmerksamkeit bekommt? Ein Verdacht liegt nahe. Mit dem Aufbauschen der Wichtigkeit des Treffens soll ein AfD-Verbotsverfahren ins Rollen kommen.

Wannsee 2.0?

Der journalistische Aktivist Marcus Bensmann von der staatlich geförderten Medienplattform Correctiv darf in der Sendung über die angeblich brisanten Rechercheergebnisse zum Potsdamer Treffen referieren. Ziel des Treffens sei die politische Verwirklichung eines mono-ethnischen Staates, behauptet Bensmann. „Es sollte ein Masterplan ‚Remigration‘ besprochen werden“, berichtet er. In Bensmanns Redaktion und in anderen Redaktionen der Haltungspresse dürfte es unumstößlicher Grundkonsens sein: Alle sind willkommen, eine Bereicherung und es gibt Platz für alle. Deshalb dürfen auch abgelehnte Asylbewerber nicht abgeschoben werden.

Bensmann schärft rhetorisch nochmal nach. „Remigration bedeutet Vertreibung“, äußert er schockiert. Auch Lanz geht in die Vollen und raunt in die Runde: „In diesem Zusammenhang ist Deportation gemeint.“ Wie die Herrschaften zu dem Schluss kommen, es sei eine allgemeine Deportation aller Menschen mit Migrationshintergrund gemeint, wird nicht geklärt. Obwohl angeblich alles von Correctiv per Smartwatch aufgenommen wurde, wird keine einzige Sounddatei abgespielt.

Fehlende Beweise, aber große Inszenierung

Es werden in der Sendung viele weitreichende Behauptungen in den Raum gestellt, aber keinerlei überprüfbare, neutrale Fakten geliefert. Correctiv und ihre Aktivisten können eine Geschichte spinnen und keiner im öffentlichen Raum fragt nach Beweisen. Dass es Beweise in solchen Fällen eigentlich geben müsste, zeigt der Fall des ehemaligen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache. Sein Ibiza-Video ging um den Globus. Es wurde rauf und runtergespielt. In Straches Video war schlussendlich kein strafwürdiges Verhalten zu sehen, aber es war so zum Fremdschämen, dass für den Politiker das Karriereende gekommen war.

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Der Fokus in der Potsdam Causa liegt ganz klar auf der AfD. Obwohl Unternehmer, Privatpersonen und CDU-Mitglieder ebenfalls in Potsdam waren, kreist die Debatte um die AfD-Vertreter. „Es waren hochrangige AfD-Vertreter anwesend“, schildert der Correctiv-Mann. Wie relativ diese Behauptung ist, zeigt die Tatsache, dass der hochrangigste AfD-Vertreter der Referent von Alice Weidel war. Referenten gibt es in der Berufspolitik wie Sand am Meer. Jeder Bundestagsabgeordnete kann über eine Pauschale verfügen, mit der sich vier bis sechs Mitarbeiter gut bezahlen lassen. Ihr Einfluss ist zwar gegeben, aber sie sind keine hochrangigen Entscheidungsträger.

Trotzdem bleibt Bensmann dabei: „Herr Hartwig ist eine hochrangige Figur.“ Diese Figur wurde im Zuge der Geschichte von Potsdam von Alice Weidel entlassen. Denn Correctiv verschweigt in der Öffentlichkeit gerne, dass es in der AfD einen Unvereinbarkeitsbeschluss zur in Potsdam anwesenden Identitären Bewegung gibt. Auch der bei Lanz sitzende Robin Alexander äußert Kritik an der Recherche von Correctiv. „Die Recherche ist inszeniert worden“, kritisiert er. Aus seiner Sicht würde man extremen, aber unbedeutenden Charakteren einen politischen Machteinfluss einräumen, den diese nicht ausfüllen könnten, meint Alexander. Seine richtige Einschätzung lautet daher: „Es ist der rechte Rand und es bleibt der rechte Rand.“

Wofür steht die neue Wagenknecht-Partei?

Sahra Wagenknecht möchte mit ihrer Partei nichts anderes, als die deutsche Parteienlandschaft zu verändern. Die letzte Partei, die es geschafft hat, dies zu tun, war die AfD. Wagenknecht hat aber noch einiges vor sich, wenn sie in die Umfrage-Sphären der AfD vordringen möchte. Da ein Großteil der Sendung sich um das Potsdamer Treffen und Wagenknechts Bekanntschaft zum Initiator dreht, kommen kaum inhaltliche Punkte zur Sprache. Das kommt Wagenknecht eigentlich ganz gelegen.

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Ein Punkt, den Wagenknecht erörtern durfte, ist die Migrationskrise. „Die Kommunen sind am Limit“, sagt sie. Wagenknecht hat in puncto Migration als eine von wenigen linken Politikern verstanden, wo die Mehrheit der Menschen bei diesem Thema steht. Weiterer Zuzug illegaler Migranten in die Sozialsysteme ist unerwünscht. Hier versucht sie der AfD das Wasser abzugraben. Ein weiteres Feld, auf dem Wagenknecht der AfD inhaltlich das Wasser abgraben möchte, ist die Russland-Politik. Aus ihrer Sicht sei die militärische Unterstützung für die Ukraine falsch und die Sanktionen gegenüber Russland seien ebenfalls schlecht, meint die linke Politikerin. Was die Themenwahl vermuten lässt, strebt Wagenknecht eine linke Alternative zur AfD an. Sie selbst weist dieses zwar immer wieder brüskiert von sich, aber es bestehen frappierende Ähnlichkeiten zur AfD.

Robin Alexander konfrontiert Wagenknecht in der Sendung mit ihrem Europa-Wahlprogramm. Dieses sei anti-amerikanisch, gegen die Nato und pro-russisch, analysiert er. Die EU sei für Wagenknecht ein militärischer Vasall der Amerikaner in einem Stellvertreterkrieg mit Russland, ergänzt der Journalist. „Die EU sucht die militärische Lösung und führt Kriege“, zitiert Alexander aus dem Wahlprogramm. Ob Wagenknecht möchte oder nicht, so könnte es auch bei der AfD im Programm stehen. Die Zukunft wird zeigen, ob sich die AfD-Wählerschaft zu Wagenknecht locken lässt oder ob die Führung einer eigenen Partei nicht eine Nummer zu groß für Sahra Wagenknecht ist.

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