Tichys Einblick
Recherchen beim NDR

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Propagandaabteilung der Regierung

NDR-Mitarbeiter sprechen laut Recherchen des Investigativportals Business Insider von einem „politischen Filter“ und einem „Klima der Angst“ in der Redaktion. Und weiter: „Berichterstattung werde teilweise verhindert, kritische Informationen heruntergespielt“, Autoren würden abgezogen.

IMAGO / Hanno Bode

Erstaunlich ist nicht, was aus dem Innenleben der öffentlich-rechtlichen Sender immer mehr ans Licht der Öffentlichkeit drängt, sondern dass die Missstände, die jeder Beobachter kennt oder ahnt, nun auch belegt werden können. Offensichtlich haben sie ein Maß erreicht, dass sie sich nicht mehr unter den Teppich kehren lassen.

Eigentlich herrscht im öffentlich-grünen Rundfunk so etwas wie die Omertá, wer plaudert, wird abgeschoben, entlassen oder auf eine unbedeutende Position versetzt. Das öffentlich-grüne System zeigt sich solange als geschlossen, solange nicht Handlungen Einzelner soweit ans nicht vorgesehene Licht der Öffentlichkeit gelangen, dass sie das System als Ganzes bedrohen, weil sie eben keinen Einzelfall darstellen, sondern eben systemisch sind. Schließlich behalten sich in ihrer Machtarroganz die Öffentlich-Grünen vor, worüber die Öffentlichkeit etwas erfährt und worüber nicht. Sie betrachten sich als so etwas wie Informationswarte, wie das Öffentlichkeitsdirektorium.

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Sie wollen in ihrer Hybris nicht mehr berichten und nicht mehr unterhalten – und die Frage kommt auf, ob sie das überhaupt noch können und nicht inzwischen zu unterhalten, zu bilden und zu informieren verlernt haben in all ihrem aktivistischen Bestreben, Politik zu bestimmen, die Bürger zu belehren und zu erziehen. Sie sind zu etwas wie einer grünen Meinungs-NGO geworden, reichlich vom Beitragszahler mit fast 9 Milliarden Euro jährlich zwangsfinanziert. Bei den überhöhten Gehältern, die gezahlt werden, bei der Höhe des geschenkten und dem Bürger abgepressten Budgets stellt sich wahrscheinlich automatisch irgendwann die Hybris ein, der eigentliche Player der Demokratie und im Rahmen der Baerbock’schen Phantasmagorie von „Weltinnenpolitik“ auch der moralische Master of the Universe zu sein. Denn jedes heute journal, jede Ausgabe der Tagesthemen, jede Talkshow vermittelt das strahlende Bild, dass „am öffentlich-grünen Wesen/die Welt genesen“ wird.

Hatten die Recherchen von Business Insider bis jetzt die äußere Seite des Skandals, die Gier und die Selbstgerechtigkeit von ARD-Hierarchen offengelegt, belegt die neue Recherche des Investigationsportals den eigentlichen Skandal, im Grunde das, was jeder weiß, wenn er Sendungen des öffentlich-grünen Rundfunks anschaut, nämlich die Arbeit der Redaktionen nicht als journalistische Instanzen, sondern als Propagandadienstleister grüner Regierungen, mögen sie auch pro forma von einem CDU-Ministerpräsidenten wie Daniel Günther, der politisch wie Robert Habecks Zwillingsbruder wirkt, geführt werden.

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NDR-Intendant Joachim Knuth trat vor die Belegschaft des NDR, um sich vom RBB zu distanzieren: „Vieles läuft hier nicht wie offensichtlich beim RBB.“ Weiter berichtet Business Insider über Knuths selbstgerechten Auftritt: „Beim NDR würde es keine Boni geben, die Gehälter der Senderspitze seien komplett transparent und seit zwei Jahren nicht gestiegen, erklärt Knuth. Er habe auch nie wie Schlesinger Abendessen bei sich zu Hause dienstlich abgerechnet. Sein Büro habe er bei seinem Einzug lediglich einmal streichen lassen. ‚Mehr nicht.‘ Und sein Dienstwagen, das betont Knuth, der hat auch keine Massage-Sitze.“ Das mag sein, doch bei 346.000 Euro veröffentlichtem Jahresgehalt sollte man nicht mit seinen vermeintlichen Tugenden prahlen, ein Drittel wäre mehr als angemessen. Schon gar nicht, wenn die Zustände in seinem Sender vermutlich weitaus schlimmer als beim RBB sind, denn sie betreffen nicht das Luxusverlangen einiger, sondern das Selbstverständnis des Senders, seine Daseinsberechtigung, die journalistische Freiheit und Ausgewogenheit.

Business Insider berichtet nun über den NDR, dass es beim NDR in Kiel einen „politischen Filter“ gäbe, und zitiert aus internen Papieren: „Autoren würden abgezogen und Beiträge in den Abnahmen massiv verändert“, „Führungskräfte würden wie ‚Pressesprecher der Ministerien‘ agieren“, „gleich acht Mitarbeiter aus dem Landesfunkhaus in Kiel hätten sich in diesem Zuge mit ihren Sorgen vertraulich an den Redaktionsausschuss gewandt und die Schilderungen von Z. bestätigt. ‚Sie berichten uns, dass sie den Eindruck hätten, es gäbe einen Filter in der Redaktion. Berichterstattung werde teilweise verhindert und kritische Informationen heruntergespielt. Autoren würden abgezogen und Beiträge in den Abnahmen massiv verändert. Die Stimmung in der Abteilung sei vergiftet, da Konflikte so lange schwelen‘, fasst das Gremium die Gespräche mit den Mitarbeitern zusammen.“

In der Sache handelt es sich darum, dass ein renommierter Journalist des NDR zum Rücktritt eines CDU-Ministers recherchieren sollte. Daniel Günther behauptete, vor dem Rücktritt seines Ministers mehrere Gespräche mit ihm geführt und dabei mehrfach angelogen worden zu sein. Dieser Darstellung widerspricht der zurückgetretene Minister. Der Journalist führte handwerklich korrekt ein Hintergrundgespräch mit dem ehemaligen Minister. Dessen persönliches Statement wollte der Journalist für den Beitrag verwenden, doch hier griff laut Untersuchungsbericht des Redaktionsausschusses die Politikchefin Julia Stein ein. Direkte Vorwürfe gegen den Ministerpräsidenten wurden gestrichen, sodass nur Allgemeines übrig blieb, wie: „Mich berührt weniger das Ausscheiden aus dem Amt als vielmehr der Umgang mit meinem Lebenswerk. Jetzt quasi vom Hof gejagt zu werden tut menschlich sehr weh. Ich habe wenigstens mehr Zeit zum Golfspielen und für Konzertbesuche. Und ich will mir einen Traum erfüllen: Als Senior Student Kunstgeschichte studieren.“

Der Journalist gab laut Business Insider nicht auf, sondern vereinbarte ein Interview mit dem zurückgetretenen Minister. Aber auch diesmal griffen wie Günthers öffentlich-grüne Feuerwehr die Redaktionsleiter, Julia Stein und Norbert Lorentzen, ein und strichen die Führung des Interviews. Den massiven Eingriff begründeten Stein und Lorentzen damit, dass es natürlich keine Belege für einen Verdacht gegen den Ministerpräsidenten gäbe und neue Erkenntnisse durch das Interview nicht zu erwarten seien. Der im September 2021 vom Redaktionsausschuss verfasste Abschlussbericht kam zu der Bewertung: „Das Interview mit Herrn Grote hätte geführt werden müssen. Die von Norbert Lorentzen und Julia Stein angeführten Gründe für eine Absage überzeugen nicht. In der Hauptsache stützen sie sich auf die fehlende Beleglage und fordern weitergehende Recherche ein. Der Redaktionsausschuss sieht in Interviews durchaus eine Form der Recherche.“

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Was erwartet man auch von leitenden Mitarbeitern eines Senders, in dem einige nicht vom Ministerpräsidenten, sondern vom „Daniel“ sprechen. Business Insider fasst seine Recherche mit den Worten zusammen: „Der Redaktionsausschuss vermerkt, dass die Vorwürfe vor allem den Programmbereich Fernsehen und die trimediale Abteilung ‚Politik und Recherche‘ betreffen würden. Den Bereich, in dem auch Z. gearbeitet hat.“ Im Bericht heißt es, dass die Schilderungen der vielen Mitarbeiter sich ähneln würden. „Die Kolleginnen und Kollegen berichten uns von einem ‚Klima der Angst‘ und großem Druck. Es werde gezielt versucht herauszufinden, wer sich an den Redaktionsausschuss gewandt hat.“ Man kann den Chefs, Lorentzen und Stein, sicher das eine oder andere vorwerfen, Journalismus gehört aus meiner Sicht nicht dazu.

Der NDR dürfte, sieht man die „Medienschaffenden“ der öffentlich-grünen Sender, keinen Einzelfall darstellen. Der heutigen Intendantin des BR, Katja Wildermuth, bin ich seinerzeit beim MDR begegnet, eine große inhaltliche Befähigung ist mir damals nicht aufgefallen, doch, wie man auch beim NDR, wie man auch an den Beiträgen und Sendungen von ARD und ZDF sehen kann, geht es darum auch nicht, andere Fähigkeiten scheinen im Vordergrund zu stehen – und nicht nur im journalistischen Bereich. Die Zustände in der Unterhaltung und im fiktionalen Bereich zeigen sich ähnlich trist. TV-Filme kommen inzwischen ohne Dramaturgie aus, wenn sie nur das grüne Weltbild – und das stur holzschnittartig – belegen.

Was jeder, der es wissen will, weiß, und was nun die Skandale belegen, ist, dass die öffentlich-rechtlichen Sender so nicht reformierbar sind.

Sie benötigen, sollen sie sich wirklich reformieren, den Entzug der Gebührenfinanzierung und der Bewährung am Markt beispielsweise mittels eines Abosystems, wie es sich für Streaming-Portale durchgesetzt hat. Wenn die öffentlich-rechtlichen Sender wirklich so gut sind, wie sie von sich behaupten, dürfte das für sie kein Problem darstellen.

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