Tichys Einblick
Unkontrollierte Selbstbedienung

RBB: Rechnungshof rügt faule Luxus-Aufsicht

Kaum Sitzungen und Desinteresse an millionenschweren Entscheidungen, dafür aber stets edle Tagungsorte und sündhaft teures Catering: Rundfunk- und Verwaltungsrat des Rundfunks Berlin-Brandenburg haben sich jetzt einen spektakulären Rüffel eingehandelt.

picture alliance / Schoening | Schoening

Die Verschwendung von Steuermitteln ist so etwas wie die Königsdisziplin in der Politik – und im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. ARD, ZDF und Deutschlandradio bekommen zwar formal „Gebühren“. Die heißen aber nur so, um die Illusion der im Grundgesetz vorgesehenen „Staatsferne“ der staatsnahen Anstalten aufrechtzuerhalten.

In Wahrheit sind die Zwangsgebühren für den ÖRR natürlich eine Steuer.

Folgerichtig wird das Finanzgebaren dieser Medienhäuser – genau wie die Mittelverwendung jeder Behörde – vom Rechnungshof kontrolliert. Dessen Berichte sind immer lesenswert: Weil sie an zahllosen Beispielen vorführen, wie wahnsinnig viel Geld völlig unnütz in den Ämtern verbrannt wird. Und im ÖRR.

Eben gerade hat der Landesrechnungshof Brandenburg einen neuen Prüfbericht veröffentlicht. Der befasst sich auch mit den Überwachungsgremien des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB). Der Sender gilt seit einiger Zeit ja als besonders dunkel leuchtendes Beispiel für alles, was im ÖRR falsch läuft. Durch die Prunk- und Verschwendungssucht der ehemaligen Intendantin Patricia Schlesinger kam ans Licht, wie schamlos in den Chefetagen der Anstalten das Geld des Gebührenzahlers zum Fenster hinausgeworfen oder gleich in die eigene Tasche gesteckt wird.

Nun beschäftigt der RBB – wie alle Sender des ÖRR – eine Heerschar von eigenen Kontrolleuren in den Rundfunk- und Verwaltungsräten. Die Mitarbeit dort wird übrigens recht ordentlich vergütet, man könnte also eine gewisse Gegenleistung dieser Aufsichtspersonen erwarten. Zum Beispiel dadurch, dass sie das tun, wozu sie da sind: kontrollieren nämlich.

Wie abgrundtief falsch diese Erwartung ist, offenbart nun der Prüfbericht.

„Die Überwachungsgremien des RBB trifft eine besondere Sorgfaltspflicht.“ So spricht der Präsident des Landesrechnungshofs, Harald Kümmel. Die Gremienmitglieder sollen sicherstellen, dass die Zwangsgebühren ordnungsgemäß, wirtschaftlich und sparsam verwendet werden. „Ich bin zuversichtlich, dass vor allem der Verwaltungsrat seine bedeutende Kontrollfunktion erkennen und wahrnehmen wird“, sagt Kümmel weiter.

Den Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, denn der erfahrene und durchaus wortgewandte Beamte benutzt dafür das Futur – also die Zukunftsform. Damit bescheinigt er dem Verwaltungsrat, dass das Gremium bisher noch nicht einmal wusste, was eigentlich sein Job gewesen wäre.

Sie kriegen den Kragen nicht voll:
Öffentlich-Rechtliche marschieren für Erhöhung der Zwangsgebühren nach Karlsruhe
Der Arbeitsnachweis des RBB-Verwaltungsrats ist denn auch schlicht erbärmlich: Im untersuchten Zeitraum – vor Enthüllung der Schlesinger-Skandale – tagte das Gremium nur 85 Stunden. In einer Sitzung wurden in gerade einmal zwei Stunden 15 Tagesordnungspunkte behandelt. Das zeigt, wie oberflächlich sich die höchsten RBB-Aufseher auch mit enorm teuren Vorgängen beschäftigt haben: In den genannten zwei Stunden wurden auch Verträge und Investitionsmaßnahmen im Umfang von 23 Millionen Euro mal eben schnell durchgewunken.

Dafür ließen es sich die Verwaltungs- genauso wie die Rundfunkräte selbst stets gutgehen: Allein von 2017 bis 2022 fielen 108.700,- Euro an Bewirtungskosten an. Und schön wollte man es auch haben. Ebenfalls zwischen 2017 bis 2022 zahlte der Sender mehr als 47.000,- Euro an Raummiete in Hotels und Clubs. „Dies wäre angesichts der im RBB verfügbaren Konferenzräume im Wesentlichen vermeidbar gewesen“, stellt der Rechnungshof nüchtern fest. Und weiter:

„Die Durchführung von Sitzungen sowohl des Rundfunkrates als auch des Verwaltungsrates verstieß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.“

Der ÖRR verprasst also genauso gerne und erfolgreich das Geld anderer Leute wie der Staat. Das mag auch daran liegen, dass es die „Staatsferne“ der ÖRR-Gremien nur auf dem Papier gibt. Das Bundesverfassungsgericht hat festgelegt, dass die ÖRR-Gremien maximal zu einem Drittel mit staatlichen oder staatsnahen Mitgliedern besetzt sein dürfen. Im RBB-Rundfunkrat wurde diese Begrenzung überschritten.

Der Missstand hätte sogar noch leicht behoben werden können, schreibt der Rechnungshof: „Im Sinne der Staatsferne wäre es zudem wünschenswert gewesen, wenn die Landesparlamente auf die Entsendung von Abgeordneten in den Rundfunkrat verzichtet hätten.“

Doch das haben die Landesparlamente natürlich nicht getan.

Denn so funktioniert das System: Parteipolitiker dominieren die Aufsichtsgremien des ÖRR. Dort achten sie sehr genau darauf, dass ihre jeweiligen politischen Interessen sich im Programm der Anstalten wiederfinden. Sozusagen als Gegenleistung achten sie dafür nicht mehr so genau darauf, wofür die Anstalten die Zwangsgebühren des geschröpften Publikums ausgeben.

Oder anders: Eine Finanzaufsicht des ÖRR findet nicht nur nicht systematisch statt – sie findet systematisch nicht statt.

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