Wenn der Bürgermeister Brüssels die Polizei dazu einsetzt, um eine Versammlung verfassungswidrig zu verhindern und aufzulösen, dann ist das nicht unmittelbar eine Nachricht für die internationale Presse. Sicherlich es ist es aber wert darüber zu berichten, wenn es sich um eine Versammlung internationaler Politiker, Geistlicher und Intellektueller handelt, die in Brüssel, der Hauptstadt Belgiens und Sitz der Europäischen Union stattfindet. So geschehen am Dienstag. Die NatCon, eine Konferenz von Konservativen aus ganz Europa, musste zwei Mal den Veranstaltungsort wechseln – Bürgermeister und Antifa hatten Druck auf die Betreiber der Lokalitäten ausgeübt. Als ein dritter Anbieter sich dem Druck nicht beugen wollte, sandte Brüssels Bezirksbürgermeister Emir Kir die Polizei aus.
Dass in Brüssel, dem wichtigeren der zwei Standorte des EU-Parlaments, nicht mehr über die Zukunft Europas diskutiert werden soll, ist den Medien der ARD und dem ZDF nicht der Erwähnung wert. Man stelle sich den umgekehrten Fall vor, dass konservative Gruppierungen versuchen würden, das Treffen von Linken zu behindern.
Die Verbotsbegründung hatte es in sich: Einerseits will der Bezirksbürgermeister Kir die Teilnehmer nicht tolerieren: „Unter diesen Persönlichkeiten befinden sich mehrere, die vor allem der rechtskonservativen, religiösen und europäischen extremen Rechten angehören“, so seine Rechtfertigung. Auch problematisch sei, dass viele Teilnehmer „homophobe“, „abtreibungsfeindliche“ und euroskeptische Ansichten vertreten. Angemeldete Teilnehmer: Parlamentarier aus Italien, dem Vereinigten Königreich. Nigel Farage, Gründer der UKIP-Partei (UK). Victor Orbán, Premierminister Ungarns. Eric Zemmour, französischer Präsidentschaftskandidat.
Keine Relevanz in Deutschland?
In Tagesschau (ARD) und heute journal (ZDF) wurde dieser massive Eingriff jedenfalls nicht erwähnt. Auch am Morgen fehlte ein Hinweis auf die Ereignisse. Über Nacht wurde der Verfassungsbeschwerde der NatCon-Organisatoren stattgegeben: Der Versuch, die Konferenz zu verbieten, war verfassungswidrig.
Auch nicht erwähnenswert ist das zweite Verbotsargument Kirs: Er könne die Veranstaltung nicht schützen. Also vor gewaltbereiten Gegendemonstranten.
Die Wiederholung lohnt: Brüssel ist gleich zwei Mal Hauptstadt. Und hier sollen politische Konferenzen sich nicht vor gewaltbereiten Demonstrationen schützen lassen können?
Gleiche Meldung unterschiedliches Branding
Die Meldungen von WELT und SPIEGEL am Abend ähneln sich frappierend. Sie unterscheiden sich auch nicht von Meldungen, die Regionalzeitungen und kleinere Nachrichtenportale verbreiten. Denn es handelt sich um minimal abgeänderte dpa-Agenturmeldungen. Die Agentur bestimmt dabei den Spin der Berichterstattung: Rechtsextrem, extreme Rechte, Neonazis sind die Adjektive, die Verwendung finden.
Unabhängige und neue Medien sind es, die die Situation beobachten, die melden, was weiterhin vor Ort geschieht. Tichys Einblick berichtet noch am späten Dienstagabend aus dem belagerten Tagungsraum. Brussels Signal berichtet live von vor Ort. Die linke Junge Welt meldet noch am Abend was passiert. Die Achse des Guten berichtet in einem Kommentar. Die NZZ beobachtet die Situation. Bei Welt bis auf besagte dpa-Meldung: Fehlanzeige.
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