Frank Plasberg war mit hartaberfair auch gestern wieder sehenswert. Die Quintessenz machte der Moderator mit seiner Schlussfrage an alle Teilnehmer der Runde eindeutiger sichtbar, als er das vielleicht selbst gehofft hatte.
Das Thema lautete:
Frisierte Polizeiberichte, bevormundete Bürger – darf man bei uns noch alles sagen?
Die Polizei bekommt einen Maulkorb verpasst, die Presse lügt über Flüchtlinge: Stimmt das? Gibt es bei uns Tabus, über die man nicht sprechen darf? Oder sind das Verschwörungs-Theorien, mit denen sich Wutbürger zu Opfern stilisieren?
Plasbergs Schlussfrage: Gibt es ein vor Köln und nach Köln im Umgang mit dem Thema? Zwei in der Runde geben eine klare Antwort: Anja Reschke und Claus Strunz. Reschke sagte Nein, Strunz Ja.
Ein „hallo wach“ für alle müsse Köln sein, meint Strunz, gerade auch für Journalisten. Als Motto erinnert Strunz an den Satz von Rudolf Augstein: Sagen, was ist.
Das Richtige vor Köln, meint Reschke, dürfe sich nach Köln nicht ändern. Am Ende der Runde erteilt sie sich noch einmal das Wort und beharrt darauf, nichts falsch gemacht zu haben.
Claus Strunz kreidet den Meinungsführern in Politik und Medien an, die schweigende Mehrheit der Gesellschaft aus deren Mitte vertrieben und heimatlos gemacht zu haben. Damit prallt er an einer unsichtbaren Wand rund um Reschke und Göring-Eckardt ab.
Bei Frank Plasberg saß Alexander Gauland, früher hessische CDU, nun AfD, bei Heiner Bremer sahen wir gestern im n-tv-Duell gegen Roland Tichy den „König von Kreuzberg“, Hans-Christian Ströbele, früher SPD, dann Mitbegründer der Grünen in Berlin. Politisch verbindet die ähnlich alten Politiker Gauland und Ströbele nichts. Aber in ihrem – bei Ströbele schon rührenden – Bild von ihrer jeweils ganz anderen heilen Welt wollen sie unbedingt festhalten, ja, ich glaube, sie können gar nicht anders.
Heiner Bremer wollte von seinen Duellanten hören, wie es weiter gehen kann in der verfahrenen deutschen und europäischen Migrationswirklichkeit. Ströbele sieht und nennt die Politik-Defizite. Da sind er und Tichy gar nicht auseinander. Aber des Kreuzbergers verklärtes Bild von einer doch ganz gelungenen Integration setzt ihm beim Gespräch über Grenzen und Begrenzungen Grenzen, an denen Bremers nüchterne Fragen und Tichys nüchterne Überlegungen abprallen. Nicht viel anders als die Argumente von Strunz an der politischen Teflonschicht von Reschke.
Quer durch das Land geht ein Riss, der im öffentlichen Raum der Res Publica nicht ausgetragen wird, weil Angela Merkel eine Politik ausgerufen hat, die von der Mehrheit der Grünen und der SPD getragen wird, aber zugleich die CDU zum Schweigen verurteilt hat. Von diesen politisch Heimatlosen, zu denen auch Minderheiten bei den Anhängern von SPD und Grünen gehören, sprach Claus Strunz bei Frank Plasberg. Anja Reschke und Kathrin Göring-Eckardt sind auf diesem Ohr taub oder wollen es sein.
Die Hoffnung, dass nach Köln eine umfassendere Darstellung in den Medien Platz greift, bleibt ein zartes Pflänzchen. Doch dieses Pflänzchen gibt es, wie nicht zuletzt Plasberg und Strunz zeigen, auch Bremer bleibt ein Liberaler. In der Politik allerdings ist das Samenkorn nach Köln noch gar nicht aufgegangen. Geduld, möchte ich allen zurufen, die zu einer möglichst vorurteilsfreien Debatte weiter beitragen, ist eine scharfe Waffe.