Tichys Einblick
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Wie ein TV-Sender sich selbst zur Pressestelle von Robert Habeck macht

Berufspolitiker müssen darauf achten, was sie sagen. Vor allem bei Regierungsmitgliedern hat das nicht nur politische Gründe, sondern auch völkerrechtliche. Der grüne Vizekanzler verplappert sich allerdings gerne mal. Wie gut, dass er sich auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen verlassen kann.

picture alliance/dpa | Christophe Gateau

Israel kommt unter die Räder. Bekanntlich gehen der einzigen Demokratie zwischen Marokko und Indien die Unterstützer aus. Und jetzt benutzt Deutschlands Vizekanzler das gebeutelte Land auch noch in seinem Kampf um die grüne Kanzlerkandidatur gegen Außenministerin Annalena Baerbock.

Bisher hatte die Bundesregierung nämlich penibel vermieden, Israel vorzuwerfen, gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Auf dem „Demokratiefest“ im Berliner Kanzleramt am 23. Mai anlässlich des 75. Geburtstages unseres Grundgesetzes hat Habeck nun aber genau das getan:

Das ist nicht nur politisch und diplomatisch, sondern auch völkerrechtlich bedeutsam. Habeck ist immerhin Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland. Hat er nun also die neue Haltung von Deutschlands Regierung vorgestellt? Ändert die Ampel ihre Israel-Politik?

Nicht, dass man sich das bei den Grünen nicht vorstellen könnte. Annalena Baerbock hat es ja auch von der Kanzlerkandidatin einer zutiefst friedensbewegten Partei zur wichtigsten Verfechterin einer westlichen Verwicklung in den russisch-ukrainischen Krieg geschafft. Grün ist die Volte.

In den anderen Winkeln der Regierungskoalition vernimmt man zu diesem Thema allerdings auch auf Nachfragen ein geradezu ohrenbetäubendes Schweigen. Die Vermutung liegt also nahe, dass Habeck sich mit seinem Satz im Kampf um die grüne Kanzlerkandidatur bei seiner notorisch Israel-feindlichen Klientel einen innerparteilichen Vorteil gegenüber Baerbock verschaffen wollte. Deutschlands oberste Diplomatin vertritt – jedenfalls bisher noch – weiter die offizielle Regierungslinie.

Der kleine Fußtritt des Herrn Vizekanzlers gegen die Frau Außenministerin war aber zu öffentlich, um außerhalb der grünen Blase unbemerkt zu bleiben. Verständlicherweise stürzten sich also von der Opposition bis zur „Jüdischen Allgemeine“ nahezu alle auf Robert Habeck.

Oder anders: Sein kleines Foul gegen Baerbock ging ordentlich nach hinten los.

In solchen Momenten ist es gut, wenn man in den zwangsgebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Medien ein paar treue Freunde hat – in diesem Fall bei „Phoenix“. Der Sender übertrug das „Demokratiefest“ in voller Länge, also auch Habecks Auftritt mit der Israel-Passage.

Phoenix versteht sich nach eigenen Angaben als „Ereignis- und Dokumentationskanal“. Im konkreten Fall wandelte sich das Selbstbild allerdings flugs zum Ereignisunterdrückungs- und Nicht-Dokumentationskanal. Denn den kleinen, bösen Israel-Satz, der Habeck solche Schwierigkeiten macht, kürzte man beim Sender kurzerhand weg.

Im Phoenix-Mitschnitt der Veranstaltung sieht Habecks Auftritt jetzt so aus (entscheidende Stelle ab 02:10:40):

Zeitliche Gründe kann die Phoenix-Selbstverstümmelung nicht haben: Der weiterhin im Internet abrufbare Mitschnitt des „Demokratiefests“ ist immer noch knapp viereinhalb Stunden lang. Habecks herausgeschnittener Israel-Satz ist etwa zehn Sekunden lang. Von denen wäre das Netz wohl kaum überlastet worden.

Wahrscheinlicher ist, dass da irgendwer dem Medien-Liebling Habeck einen Gefallen tun wollte. Vielleicht bleibt der Mann auch nach den nächsten Wahlen ja doch im Kabinett, und dann springt in irgendeinem Ministerium mit etwas Glück ein gutbezahlter Job heraus.

Im Prinzip wäre es sinnvoll, Phoenix und die Pressestelle in Habecks Ministerium zusammenzulegen. Die machen ja ohnehin schon dasselbe.

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