Tichys Einblick
Strack-Zimmermann in „Best“-Form

„Oma Courage“ macht Lanz zu schaffen

Wieder eine Fußball-Runde bei Markus Lanz. Erkenntnis des Abends: Jupp Heynckes ist auch in die Jahre gekommen. Und er hat offenbar vom neuen Selbstbestimmungsgesetz Gebrauch gemacht. Er nennt sich jetzt Marie-Agnes. Die Gegenwind-Frisur musste er dafür nicht wechseln. Von Michael Plog

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Screenprint: ZDF/Markus Lanz

Fußball bei Lanz. Zum wievielten Mal eigentlich? Hat er überhaupt noch andere Themen außer EM, EM und ähem, EM? Es macht müde. Was eigentlich schwierig ist, weil Lanz ja ohnehin schon so wahnsinnig ermüdend ist. Also gut, Fußball. Aber was macht Marie-Agnes Strack-Zimmermann denn da? Wir lernen: Es geht um Imagepflege. Ihre Werte sind nach der grandios fehlgeschlagenen Wahlkampf-Strategie im Keller. „Oma Courage“ war der eine Aufreger (in Anlehnung an Bertolt Brechts Mutter Courage, die im 30-jährigen Krieg ihre Kinder verkaufte), die Selbstinszenierung als „Eurofighterin“ der andere.

Die versuchte Imagepflege geht an diesem Abend gründlich schief.

Strack-Zimmermann hat ganz viel Kreide gefressen. Sie lächelt viel und intensiv, und sie will mit möglichst pfiffigen Redebeiträgen beweisen, dass sie alles kann – nicht nur pöbeln, sondern eben auch Fußball.

Das gelingt ihr eher schlecht als recht. Zu geballt ist der Sachverstand, der da in der Runde sitzt. Denn mit Fredi Bobic und Lucas Vogelsang sind zwei ausgewiesene Experten am Start. Der eine war 37-mal als Nationalspieler für Deutschland auf dem Platz, der andere hat für seine Fußball-Reportagen und Bücher den Henri-Nannen-Preis bekommen – und ist rechter Verteidiger in der Deutschen Autoren-Nationalmannschaft.

Vor allem Vogelsang brilliert mit kundigen Beiträgen und interessanten Korrelationen, die er zwischen Fußball und Politik aufzeigt, speziell aus den Zeiten des Balkankrieges.

Stra-Zi tut sich erkennbar schwer, in so einer fachkundigen Runde überhaupt einen Treffer zu landen oder auch nur einen Sympathiepunkt zu erzielen. Sie versucht es mit Privatem. Wenn sie Fußball schaue, „dann sitze ich alleine dort“. Lanz sticht sofort gnadenlos zu: „Weil die anderen sich in Sicherheit bringen, oder warum?“ Bäm! Wieder nix. Nein, sagt Stra-Zi, ihr Mann gehe demonstrativ in eine Kneipe mit lauter Fußballmuffeln. „Das macht er mit Absicht.“ Aber nein, nein, nein, wird sie später noch betonen, natürlich wolle auch ihr Mann, dass Deutschland gewinne. Im Netz werden zu diesem Zeitpunkt die ersten Aufrufe gestartet: „Dringend eine Opportunismus-Nachschulung für Stra-Zi bei Markus Söder“.

Kerstin Münstermann von der Rheinischen Post bleibt lange blass in dieser Runde. Doch als es daran geht, der „Liberalen“ oder auch dem Kanzler die Leviten zu lesen, läuft sie zu besserer Form auf. Für Olaf Scholz sei die Europameisterschaft nur ein willkommener Anlass der Ablenkung, damit er „noch ein bisschen weiterwurschteln kann“. Und Strack-Zimmermann habe mit ihrer Art viel Schaden angerichtet, vor allem „als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, was ja eher etwas Verbindendes haben sollte.“ Auch all die sofa-strategische Mutmaßungen zum Ukraine-Krieg kann Münstermann überhaupt nicht nachvollziehen: „Sie sind sich immer so verdammt sicher. Da kriege ich immer so ein Störgefühl.“

Es sieht schlecht aus für Strack-Zimmermann an diesem Abend, und es kommt noch dicker. Schon zur Eröffnung des Abends hatte Lanz einen alten Vergleich hervorgeholt. Die FDP-Silberrückende sei „wie das Sturmgewehr G36: schießt viel, hat aber Präzisionsprobleme bei Überhitzung.“ Jetzt erinnert er sie nochmals an ihre grotesk wirkenden EU-Wahlplakate. Stra-Zi war in dermaßen viele Fettnäpfchen, oder wäre Fettbottiche passender? – gelatscht, dass sogar die eigenen Parteifreunde stöhnten. Wie sie nun versucht, ihre Fehltritte zu verteidigen, ist schon einigermaßen bemerkenswert. Dass etwa „Oma Courage“ mit Mutter Courage verglichen wurde, „fand ich weit hergeholt“. Das sagt sie allen Ernstes! Und erklärt: „Ich bin eine Großmutter, ich bin streitbar.“ Aus Lanz platzt es heraus: „Also bitte!“

Stichwort „Eurofighterin“. Strack-Zimmermann: „Ich fand das super!“ Lanz kann es nicht fassen: „Es spielt mit der Kriegsrhetorik!“ Nein, das sieht sie ganz anders. Dritter Punkt: Dass sie dem Kanzler autistische Züge unterstellte, fand Lanz „dann irgendwann drüber, Sie auch?“ Und? Nein, natürlich nicht, beteuert Stra-Zi. „Ich habe extrem viel Zuspruch bekommen.“ In welcher Bubble lebt diese Dame? Und wie groß ist diese Bubble, wenn ihr Mann in der Kneipe hockt?

Dass sie sich nach dem üblen Vergleich ausgerechnet bei allen Autisten entschuldigte, aber nie bei Olaf Scholz, klopft Lanz auch noch einmal durch. „Nein“, sagt sie, „weil ich schon bei klarem Gedanken bin, wenn ich was sage.“ Immerhin, eines ist ihr bewusst: „Ich glaube dass ich ihm tierisch auf den Keks gehe“. Lanz wirft trocken ein: „Das ‚glauben‘ können Sie weglassen.“

Die Politikerin, die monatlich bisweilen hunderte Privatleute wegen vermeintlicher Beleidigungen juristisch verfolgt, zeigt sich den ganzen Abend über gewohnt biestig. „Oma Courage“ macht Lanz zu schaffen. Irgendwann sagt er resigniert: „Sie machen Ihren Eurofighter. Klingt wie Egoshooter.“

Ja, so klingt es. Und der Zuschauer denkt: Wie schön hätte der Abend mit dem guten Jupp Heynckes werden können. Frisur hin oder her.

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